Endokrine Disruptoren sind Stoffe, die die Entwicklung oder die Funktion des Hormonsystems stören oder verändern. Dabei kann es sich sowohl um synthetische Chemikalien als auch um natürliche Pflanzenprodukte wie die Flavonoide handeln. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, wie 6 unterschiedliche Stoffe (die Flavonoide Apigenin, Genistein, Myricetin und Xanthohumol, das synthetische Flavonoid F21388 und der in Kosmetika enthaltene UV-Filter Benzophenon 2) auf die humane TPO, eines der Schlüsselenzyme in der Schilddrüsenhormonsynthese, wirken. Dazu wurde ein neuer in vitro Assay etabliert, der auf Extrakten aus stabil mit humaner TPO transfizierten FTC-238 Zellen beruht. Diese Extrakte zeigten im Vergleich mit Extrakten, die aus humanen Strumaproben gewonnen wurden, vergleichbare Eigenschaften bezüglich Proteinkonzentration, spezifischer Aktivität und Hemmbarkeit durch Benzophenon 2 und lieferten dabei Werte mit einer geringeren Streubreite. Aus diesem Grund erscheint dieser neue Assay gut als Screening-Verfahren geeignet, um Inhibitordaten zu gewinnen, die Relevanz für die menschliche TPO und damit für die menschliche Gesundheit haben. Dieses in vitro Screening wäre der erste Schritt, bevor ausgewählte potentiell schädliche Stoffe mit aufwendigeren Verfahren (zum Beispiel Tierversuche, Verzehrstudien oder epidemiologischen Studien) untersucht werden. Mit den beschriebenen Extrakten wurden die oben genannten Stoffe zunächst im Guaiacol-Oxidationsassay untersucht, wobei Apigenin und Xanthohumol keinen ausgeprägten Effekt zeigten. Als potente Hemmstoffe der TPO erwiesen sich Genistein, F21388 und Benzophenon 2 mit IC50-Werten von 50,6 µM, 37,5 µM beziehungsweise 513 nM. Auch Myricetin hemmte die TPO in höheren Konzentrationen, interagierte aber im Konzentrationsbereich von 5 bis 30 µM in einer Art mit der TPO, dass keine verwertbaren Kurven entstanden. Die Ursache hierfür bleibt unklar. Anschließend wurden die 4 Stoffe, die die TPO im Guaiacol-Oxidationsassay hemmten, im TPO- Inaktivierungsassay untersucht. Dazu wurden Genistein, F21388, Benzophenon 2 und Myricetin in Anwesenheit von H2O2 mit der TPO inkubiert und nach bestimmten Zeiten die TPO-Aktivität im Guaiacol-Oxidationsassay bestimmt. Dabei zeigte Myricetin nur eine geringe Wirkung, während die anderen Stoffe die TPO konzentrationsabhängig inaktivierten. Benzophenon 2 erwies sich auch hier als deutlich potenter als Genistein und F21388. Die Inaktivierung der TPO durch die endokrinen Disruptoren konnte durch die Zugabe vom 200 µM Kaliumiodid zum Inkubationsansatz nahezu vollständig verhindert werden. Unter physiologischen Bedingungen könnte der schützende Effekt von Iodid besonders in Iodmangelgebieten eine Rolle spielen, wo sich dadurch die mögliche Störung der Schilddrüsenhormonsynthese durch die endokrinen Disruptoren noch verstärken könnte. Trotz einzelner Studien mit Nagetieren, in denen sich Hinweise ergaben, dass die hier beschriebenen in vitro Effekte auch in vivo eine Rolle spielen, und einiger Befunde beim Menschen, steht der klare Nachweis der pathogenen Wirkung der untersuchten endokrinen Disruptoren auf die Schilddrüsenhormonachse des Menschen noch aus.
Endocrine disruptors are synthetic chemicals or natural plant products (like flavonoids) which interfere with or alter the development or function of the endocrine system. This work investigated how 6 different substances (the flavonoids apigenin, genistein, myricetin and xanthohumol, the synthetic flavonoid F21388 and the UV filter benzophenone 2) influence human TPO, the enzyme that plays a key role in thyroid hormone biosynthesis. A novel in vitro assay based on human recombinant TPO stably transfected into the human follicular thyroid carcinoma cell line FTC-238 was developed. Extracts from this cells had comparable properties such as yield, specific TPO activity and sensitivity to inhibition by benzophenone 2 in comparison to extracts of human goiter and showed a smaller variation. This permits reproducible determination of effects on TPO in a system with relevance for human health. This in vitro screening could be the first step before examination of selected potentially harmful substances in complex test systems like animal experiments or epidemiologic trials. In guaiacol oxidation assay apigenin and xanthohumol had a less marked effect on human recombinant TPO. Genistein, F21388 and benzophenone 2 reduced TPO activity with IC50 values of 50,6 µmol/liter, 37,5 µmol/liter and 513 nmol/liter, respectively. Myricetin in high concentrations decreased TPO activity, too. But inhibition of TPO by myricetin in concentrations from 5 to 30 µmol/liter interfered with spectrophotometric monitoring of guaiacol oxidation. The reason is still unknown. Afterwards the 4 substances which had an inhibitory effect on TPO were examined in a TPO inactivation assay. TPO was incubated with genistein, F21388, benzophenone 2 or myricetin in presence of H2O2 and at various times TPO activity was determined in guaiacol oxidation assay. Myricetin had only slight effects on TPO while the other substances showed a dose-dependent inactivation of the enzyme. Benzophenone 2 was much more potent than genistein or F21388. Inactivation of TPO was prevented nearly complete by 200 µmol/liter potassium iodide. For humans the protective effect of iodide could be important in regions with iodine deficiency, where the disturbance of thyroid hormone synthesis by endocrine disruptors could be enhanced. Some trials with rodents and some results in humans suggest that the in vitro effects described here are important in vivo, too. But clear evidence for pathogenic effect of the endocrine disruptors examinded here in human thyroid hormone axis is still missing.