Die Patellaluxation ist eine der häufigsten erblich bedingten Funktionsstörungen und am Kniegelenk wohl die häufigste beim Hund. Eine mikroskopische Untersuchung der Kniegelenkkapsel blieb bei den bisherigen zahlreichen Studien zu dieser Erkrankung aus Acht gelassen. Ziel dieser Dissertation ist es, histomorphologische Veränderungen der Kniegelenkkapsel von Hunden mit und ohne Patellaluxation zu charakterisieren. Hunde mit einer Femurfraktur, mit einer Ruptur des Ligamentum cruciatum craniale oder mit einer Luxation und zusätzlichem Kreuzbandriss sowie ein altes, multimorbides Tier und eines mit einem inoperablen Ileus und daher eingeschläfertes Tier dienten als Kontrollen. Mit dieser Schrift wurde erstmals die Gelenkkapsel des Kniegelenks von Hunden mit dieser Erkrankung hinsichtlich des Gehalts und der Dichte an Kollagen mit Unterscheidung der Typen I, III, IV, V und VI untersucht. Zudem wurden Dicken der Gelenkkapsel und definierter Schichtabschnitte, die Anzahl der Deckzellen des Stratum synoviale, das Ausmaß der Zottenbildung und der Fibringehalt bestimmt. Die Kniegelenkkapsel aller untersuchten Hunde besteht aus drei Schichten und zwar dem inneren, die Gelenkhöhle auskleidenden Stratum synoviale, auf das nach außen das Stratum subsynoviale folgt, und das Stratum fibrosum, welches den äußeren Abschluss der Gelenkkapsel bildet. Alle drei Schichten lassen sich in proximo-distaler Richtung in einen proximalen, mittleren und distalen Abschnitt unterteilen. Dadurch lassen sich wie folgt insgesamt neun verschiedene Schichtabschnitte der Gelenkkapsel unterscheiden: proximales Stratum synoviale, proximales Stratum subsynoviale, proximales Stratum fibrosum, mittleres Stratum synoviale, mittleres Stratum subsynoviale, mittleres Stratum fibrosum, distales Stratum synoviale, distales Stratum subsynoviale und distales Stratum fibrosum. Bis auf das Stratum subsynoviale des mittleren Kapselabschnittes weisen alle Schichtabschnitte einen kontinuierlichen Verlauf in proximo- distaler Richtung auf. Hunden mit Patellaluxation fehlte in 81,36 % und denen mit Kreuzbandriss 63,64 % das mittlere Stratum subsynoviale. Bei den Kontrollen hatten 50 % der Tiere ein Stratum subsynoviale im mittleren Bereich, während es 50 % fehlte. Bestand die Lahmheit schon länger, fehlte dieser Schichtabschnitt signifikant häufiger. Die Kniegelenkkapsel des Hundes ist im proximalen, mittleren und distalen Abschnitt unterschiedlich dick. Bezogen auf die gesamte Population der untersuchten Tiere korrelieren die Dicken der drei Abschnitte miteinander signifikant und zwar war der proximale Abschnitt in 93,60 % dicker als der mittlere. Die Kniegelenkkapsel von Toy- Hunden ist insgesamt signifikant dünner als die der anderen Rassegruppen. Hunde mit Patellaluxation haben ein signifikant dünneres Stratum synoviale im mittleren Abschnitt als die anderen Gruppen (Femurfraktur und andere, Kreuzbandruptur und Luxation mit Kreuzbandruptur). Lag bei einem Patienten die Luxation bilateral vor, waren der proximale und mittlere Abschnitt des Stratum fibrosum und der distale des Stratum synoviale signifikant dünner als bei Patienten mit einer unilateralen Luxation. Die Deckzellen des Stratum synoviale bilden den inneren Abschluss zur Gelenkhöhle. In der VOLKMANN- STRAUß-Färbung stellten sie sich pleomorph und heterochromatisch dar, waren rund bis oval und dunkelviolett gefärbt. Die Anzahl ihrer Zelllagen war sehr variabel, daher ordneten sich die Deckzellen sowohl bei Kniegelenk-gesunden (Femurfraktur und Kontrollen) als auch bei Kniegelenk-kranken (Patellaluxation, Kreuzbandruptur, Luxation mit Ruptur des Ligamentum cruciatum craniale) Tieren in einer bis zwei oder mehreren Zelllagen dicht nebeneinander an. Je länger die Lahmheitsdauer bei den Kniegelenk-kranken Tieren, desto mehr Deckzelllagen waren zu finden. Demnach betraf dies alle Hunde mit Patellaluxation / Kreuzbandruptur, während sich bei den Kontrollen (z. B. mit einer Femurfraktur) die geringste Anzahl der Deckzelllagen bestätigte. Zotten - Plicae synoviales - stellen sich als fingerförmige Ausläufer an der Gelenkinnenoberfläche dar und werden aus einer oder mehreren Deckzelllagen und subsynovialem Bindegewebe gebildet. In der Rassegruppe „kleine Hunde“ und der Gruppe „Patellaluxation“ konnten die größten Schwankungen in der Zottenausbildung festgestellt werden, es waren keine (Oberflächenvergrößerungsfaktor (OVF) 0) bis große (2,5 < OVF ≥ 5) und viele Zotten zu finden. Im Gegensatz dazu hatten die Kontrolltiere ausschließlich große bzw. viele Zotten. Kollagenfasern machen zwischen 40 % und 65 % an der Gesamtfläche der Kniegelenkkapsel des Hundes aus. Die drei Schichten (Stratum fibrosum, Stratum subsynoviale, Stratum synoviale) weisen signifikant differente Flächenanteile (in %) des Gesamtkollagens auf, während die drei Abschnitte (proximal, mittig, distal) innerhalb derselben Schicht signifikant korrelierte Kollagengehalte auszeichnet. Im Stratum subsynoviale finden sich die größten Flächenanteile (61,11 % - 64, 41 %) des Gesamtkollagens, während sie im Stratum synoviale am kleinsten ausfielen. Die immunhistochemischen Nachweismethoden stellten heraus, dass die Kollagen Typen I und III am meisten in der Kniegelenkkapsel des Hundes vertreten waren und in 88,7 % (n = 69) der Gesamtpopulation einen Score von 3 aufwiesen. Sie waren omnipräsent, das heißt sie kamen in allen drei Schichten und in allen drei Abschnitten als dicht gepackte Faserbündel vor. Das Vorkommen von Kollagen Typ I und III war bei Hunden mit einer chronischen Funktionsstörung, also einer Luxation, einem Kreuzbandriss oder einer Kombination aus beiden gleichermaßen ausgeprägt, während hingegen bei Hunden mit einer akuten Lahmheit wie bei Femurfraktur und bei den anderen Kontrollen deutlich mehr Kollagen Typ III als Kollagen Typ I vorkam. Kollagen IV kam ausschließlich in Gefäßwänden vor und zwar unabhängig von Erkrankung, Rasse, Geschlecht, Alter und Lahmheitsdauer. Dahingegen war Kollagen V ausschließlich im Stratum synoviale präsent, ein geringer Gehalt auch im proximalen Abschnitt des Stratum subsynoviale von Hunden mit einer Kreuzbandruptur mit einer Luxatio patellae. Kollagen VI ähnelte im Verteilungsmuster jenem der Typen I und III, war jedoch quantitativ seltener. Während bei Hunden mit einer Femurfraktur der Kollagen Typ VI im geringsten Ausmaß vorkam, wurde der Typ bei denen mit Patellaluxation und Kreuzbandruptur am meisten nachgewiesen. Je länger eine Lahmheit bestand, desto mehr Kollagen aller Typen wurde insgesamt in der Kapsel der Hunde detektiert. Zwei Besonderheiten kamen bei zwei Hunden in Form von netzartigen Faserknorpelarealen neben rudimentär vorhandenem, physiologischem Kniegelenkkapsel-Gewebe vor. Diese Knorpelzonen kamen ausschließlich im mittleren Abschnitt der Kniegelenkkaspel und zwar im Stratum synoviale und im Stratum fibrosum, vor. Ein Stratum subsynoviale fehlte beiden Patienten im mittleren Abschnitt. Beide Hunde litten an einer Patellaluxation, einer mit einer Ruptur des Ligamentum cruciatum craniale. Die histomorphologischen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen spezifische Veränderungen bei der kongenitalen Patellaluxation auf.
Patellar luxation represents the most frequent hereditary disorder in dogs. However, microscopic studies of the knee joint capsule have not been carried out yet. Thus, objective of this study was to establish histomorphological alterations of the knee joint capsule in dogs with or without patellar luxation. Dogs suffering from femur fracture or rupture or luxation of the cranial cruciate ligament were used as control specimens. A multimorbid dog and a dog that was euthanized due to an inoperable ileus were used as control as well. In this study, the knee joint capsule of dogs suffering from patellar luxation was examined with regard to concentrations of collagen types I, III, IV, V, and VI. Moreover, thickness of the knee joint capsule in general and its layers, the quantity of lining cells of the synovial membrane, the degree of synovial plicae formation, and fibrin concentrations were established. The knee joint capsule in dogs consists of three layers: an external stratum fibrosum, the stratum subsynoviale, and an internal stratum synoviale, which can be divided into proximal, medial, and distal sections. Except for the stratum subsynoviale of the medial capsular region, all layers display a continuous proximo-distal distribution. The stratum subsynoviale was lacking in 81.36 % or 63.64 % of the dogs suffering from patellar luxation or rupture, respectively. 50% of the control group displayed a stratum subsynoviale in the medial capsular region, whereas the other 50% did not. If the lameness had been present for a longer period of time (several month) there was a significant deficiency of this layer. Proximal, medial, and distal parts of the knee joint capsule in dogs displayed different thicknesses, which correlated significantly. The proximal part was thicker than the medial part in 93.60% of the dogs. The knee joint capsule of toy-dogs is significantly thinner than that of other breeds. In dogs suffering from patellar luxation, the stratum synoviale of the medial capsular region was significantly thinner than that of the other groups (femur fracture and others, cruciate ligament rupture, luxation a with cruciate ligament rupture). Proximal and medial part of the stratum fibrosum and the distal part of the stratum synoviale were significantly thinner in dogs suffering from bilateral luxation than those displaying unilateral luxation. Lining cells of the synovial membrane represent the internal border of the joint cavity. These cells appeared round to ovoid, pleomorphic and heterochromatic, and of dark purple color in VOLKMANN-STRAUß staining. The number of cell layers displayed a high degree of variation. Thus, the lining cells formed one or two layers of closely packed cells both in healthy (femur fracture and others) as well as in sick dogs (patellar luxation, cruciate ligament rupture, luxation a with cruciate ligament rupture). The longer the lameness had persisted, the more layers of lining cells were present. Accordingly, all dogs suffering from patellar luxation/ cruciate ligament rupture were affected, whereas the controls groups, e.g. those suffering from femur fracture, displayed the fewest layers of lining cells. Plicae synoviales are finger-shaped protrusion of the inner surface of the joint. They consist of one or more layers of lining cells and subsynovial fibrous tissue. In small dogs and those suffering from patellar luxation, the largest variation regarding plicae formation was observed: plicae ranged from being absent to being enlarged and increased in number. In contrast, the control group displayed only large plicae or an increased number of them. 40 to 65 % of the total area of the knee joint capsule in dogs consists of collagen fibers. The three layers (stratum fibrosum, stratum subsynoviale, stratum synoviale) differ significantly regarding the distribution of the total area of collagen (in %), whereas the collagen content of the three parts (proximal, medial, distal) correlates significantly within the individual layer. The largest area (61.11 % - 64.41 %) of the total collagen content was located in the stratum subsynoviale. In contrast, the stratum synoviale displayed the fewest collagen fibers. Immunohistochemistry showed that collagen I and III were the main types of collagen in the knee joint capsule of the dogs. Densely arranged fibers of these were present in all three layers and all three parts of the joint capsule. There was an even relationship of collagen I and III in dogs suffering from chronic lameness, i.e. luxation, cruciate ligament rupture, or a combination of both. However, collagen type III content was higher the control group or in dogs with acute lameness, such as femur fracture. Collagen type IV was present only in blood vessel walls irrespective of any disease, breed, gender, age, or duration of lameness. Collagen type V was present only in the stratum synoviale and in the proximal part of the stratum subsynoviale of dogs suffering from a luxation of the patella and cruciate ligament rupture. The distribution fo collagen type VI corresponds to that of collagen types I and III, but was less frequent. Whereas collagen type VI was lowest in dogs suffering from femur fractures, it was highest in dogs displaying luxation of the patella and cruciate ligament rupture. The longer the lameness had persisted the higher was the content of any collagen type in the knee joint capsule. Two unusual features could be observed in two dogs: reticular fibrocartilage combined with a rudimentary physiological knee joint capsule tissue. These cartilaginous areas were present in the medial part of the knee joint capsule only, in the stratum synoviale and the stratum fibrosum. There was no stratum subsynoviale in either patient in the medial part. Both dogs suffered from luxation of the patella, with a cruciate ligament rupture in one dog. Histomorphological results of this study show specific alterations due to hereditary patella luxation and suggest certain physiological characteristics of the knee joint capsule in the dog.