Die unzureichende Biokompatibilität vieler Medizinprodukte stellt ein großes Risiko für die Patienten dar. Vor dem klinischen Einsatz muss das Material in- vitro, in-vivo und in klinischen Studien unter anderem einer Biokompatibilitätstestung unterzogen werden. Unterschiedliche Versuchsaufbauten, verschiedene Spezies oder Erkrankungen können dabei einen großen Einfluss auf die Biokompatibilitätsreaktionen von Materialen haben. Inwieweit das Zusammenspiel verschiedener Biokompatibilitätsreaktionen, welche durch die verschiedenen Module des extrakorporalen Kreislaufs (Filter, Katheter, Schläuche, Pumpe, Luft- und Clotfallen) ausgelöst werden, und auch der Kontakt des Blutes mit anderen Körperkompartimenten einen Einfluss auf die Biokompatibilität haben, ist in der Literatur bisher kaum vertreten (Lucchi et al., 2006). Bedenkt man, dass neben den beschriebenen Variationen auch noch Interaktionen mit der Begleittherapie auftreten können, wird deutlich, wie schwierig sich der Versuch gestaltet, verlässliche Prognosen aus in-vitro- Studien für die Biokompatibilitätsreaktion im Patienten zu stellen. In der vorliegenden Arbeit wird anhand eines Vergleichs von in-vitro- und in-vivo- Ergebnissen einer Hämofiltration untersucht, ob es trotz eines aufeinander abgestimmten Versuchaufbaus (in-vitro und in-vivo) zu unterschiedlichen Messergebnissen bezüglich der Biokompatibilität, also zu unerwarteten Einflussgrößen durch die verschiedenen Modelle kommt und ob sich die Biokompatibilitätsprognose aus den in-vitro-Versuchen in-vivo bestätigt. Dafür wurde ein dynamisches rezirkulierendes in-vitro-Hämofiltrationsmodell verwendet, welches für zwei Stunden mit Hilfe einer Pumpe mit 2 Litern Schweineblut durchspült wurde. Das vom Schlachthof gewonnene Schweineblut wurde dabei mit einer Infusionslösung substituiert. Bei fünf verschiedenen Infusionslösungen wurden jeweils sechs Versuchsläufe durchgeführt. Im kontinuierlichen venovenösen in-vivo-Hämofiltrationskreislauf an vollnarkotisierten Schweinen wurden die gleichen Infusionen und Materialien verwendet, wie auch die entsprechenden Flussraten gewählt, soweit dies durchführbar war. Auch hier wurden pro Infusionstyp jeweils sechs Experimente an verschiedenen Schweinen durchgeführt. Ziel der Studie war es, für beide Modelle, in-vitro und in-vivo, ein Ranking für den Einfluss der verschiedenen Infusionslösungen auf die Druckverhältnissen im Hämofilter, die Gerinnungsparameter und das Blutbild zu erstellen. Diese Rankings wurden anschließend verglichen. Obwohl eine bestmögliche Konvergenz beider Modelle vorliegt, zeigen die Ergebnisse deutlich, dass die Aussagekraft von in-vitro- Studien zur Biokompatibilität stark beschränkt ist: es ergeben sich kaum Übereinstimmungen zwischen den in-vitro- und in-vivo-Ergebnissen hinsichtlich des infusionsspezifischen Einflusses. Bei den Druckverhältnissen am Filter zeigen das in-vitro- und das in-vivo-Diagramm jeweils verschiedene Messergebnisse der einzelnen Infusionsgruppen. Die HES 130-Gruppe scheint sowohl in-vitro wie auch in-vivo einen positiven Einfluss auf den TMP-Wert zu haben. In dieser Gruppe bleiben die Messergebnisse unter 17 kPa. Bei den Gerinnungsparametern ergeben sich zum Teil überraschende Ergebnisse. Obwohl die meisten Faktoren für die Gerinnungsaktivierung gut standardisiert werden können, lässt sich hinsichtlich der Gerinnungsparameter der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Modellen nicht eliminieren: in-vitro handelt es sich um ein selbsterschöpfendes System, in dem es mit ablaufender Gerinnung zu einem Verbrauch an Gerinnungsfaktoren kommt, während in-vivo Regenerations- und Mobilisationsvorgänge aller Blutbestandteile möglich sind. Die Aussagekraft eines in-vitro-Modells hinsichtlich der Gerinnungsaktivierung ist damit auf spezifische Eigenheiten der Infusionslösungen begrenzt (fibrinogensparender Effekt von HES 130, Erythrozyten schonender Effekt von GEL). So ergeben sich wenige Parallelen zwischen den in-vitro- und in-vivo- Diagrammen zur Gerinnungsaktivierung. Überraschenderweise zeigen die Messergebnisse zu den AT III-Konzentrationen eindeutig infusionsspezifische Eigenschaften: obwohl im in-vivo-System eine Heparinzufuhr Einfluss auf die AT III-Werte nimmt, können hier die Ergebnisse von in-vitro auf in-vivo übertragen werden: die Hydroxyethylstärken haben in beiden Modellen den günstigsten Einfluss auf die AT III-Konzentrationen. HES 130 zeigt in-vitro am Versuchsende über 110 %, in-vivo über 95 % des Ausgangswertes. Konstante AT III-Werte, wie sie vor allem in der H130-Gruppe gemessen werden, sind aus klinischer Sicht wünschenswert. Bezüglich des Blutbildes bestärken sich beispielsweise in der HES 130-Gruppe die in-vitro-Ergebnisse in-vivo: neben ansteigenden Zellzahlen (Hämatokrit steigt in-vitro auf ca. 145 %, in-vivo auf ca. 120 % des Ausgangswertes, Thrombozyten liegen in-vitro bei ca. 95 %, in- vivo bei ca. 120 % des Ausgangswertes und bei den Leukozyten werden in-vitro- Werte von ca. 100 %, in-vivo von ca. 150 % des Ausgangswertes gemessen) kommt es zu einem eher geringen Hämolysegeschehen. In der NaCl-Gruppe hingegen widersprechen sich die in-vitro- und die in-vivo-Messergebnisse: kommt es in- vitro noch zu signifikant hohen Messergebnissen der Zellzahlen, ergeben sich in-vivo in dieser Infusionsgruppe sehr niedrige Werte: in-vitro steigt der Hämatokrit beispielsweise im Laufe des Versuchs auf 200 % des Ausgangswertes, in-vivo fällt er auf ca. 75 % des Ausgangswertes ab. Somit können hier weder Aussagen über spezifische Auswirkungen der Kolloide auf die Blutzellen noch über Interaktionen einer Hämofiltration auf die Blutzellen von den in-vitro- Ergebnissen auf in-vivo-Versuche übertragen werden. Der Vergleich der Messergebnisse beider Modelle zeigt, dass nur vereinzelt vergleichbare Werte zur Druckentwicklung am Filter, Gerinnungsaktivierung oder Veränderungen des Blutbildes gemessen werden. So ergibt sich beispielsweise nur für einen Gerinnungsfaktor (AT III) eine hundertprozentige Bestätigung des infusionsspezifischen Einflusses. Der Hauptanteil der gemessenen Parameter ist methodenbedingt beeinflusst. Dennoch kann dargestellt werden, dass es eine Übereinstimmung der aus den in-vitro-Daten erstellten Prognose hinsichtlich des Einflusses der Infusionslösungen auf die Gesamtbiokompatibilität der CVVH gibt. Für die Erstellung der Biokompatibilitätsprognose aus den in-vitro-Daten erweist es sich jedoch als wesentlich, bereits innerhalb des in-vitro-Systems weniger den einzelnen Parameter als Endergebnis zu betrachten, als vielmehr die Konsequenz der Parameterverläufe für die Filterfunktion (Clotting, Fouling, Clogging) als Biokompatibilitätsfaktor für die Prognose mit einzubeziehen. Insgesamt zeigt sich anhand der Ergebnisse dieser Arbeit, dass die unter in-vitro-Bedingungen fehlende Interaktion von Blutbestandteilen und anderen Körperzellen und Kompartimenten einen großen Einfluss auf die Messergebnisse hat. Bevor verlässliche Aussagen aus in-vitro-Daten für die in- vivo-Situation oder sogar für die Kliniksituation getroffen werden können, scheint es wesentlich, dass zunächst die Reaktion des gesamten Organismus anhand von Organfunktionen oder histomorphologischen Untersuchungen überprüft wird. Hierzu bedarf es einer Reihe von konsequenten in-vitro- versus in-vivo- Studien.
As some medicals possess only an insufficient biocompatibility, they might be a risk for the patient, thus it is necessary to test the used materials in- vitro, in-vivo, and in clinical studies regarding their biocompatibility, before applying them in a clinical environment. In those tests, several factors can have a significant influence on the reactions of the materials in terms of their biocompatibility, such as different experimental setups, different species, and diseases. The interaction of different biocompatibility reactions initiated by several modules of the extracorporeal circuit (such as filters, catheters, tubes, pumps, air and clot traps) as well as the influence of the contact between blood and body compartments on the biocompatibility is only rarely described in literature. Keeping in mind, that beneath those problems interactions with corollary therapies it becomes clear, how difficult it is to get reliable prognoses for the patient’s biocompatibility out of in- vitro studies. In this work we examined, whether the comparison between results of in-vitro and in-vivo hemofiltrations are different regarding biocompatibility, what then must be the influence of unexpected values of the models, and whether the prognoses regarding biocompatibility taken from the in-vitro experiment can be confirmed in the in-vivo case. For this purpose we used a dynamic recirculating in-vitro hemofiltration model, which was flushed with 2 liters of swine blood for two hours. The swine blood taken from the slaughterhouse was substituted by an infusion solution. For each of five different infusion solutions six experiments were run. In the continuous venovenous in-vivo hemofiltration circuit applied to narcotized swines the same infusion solutions, materials and - as far as possible - flow rates were used. Even in this case six experiments were run on each swine. The aim of this study was to estimate the influences of the different infusion solutions on the pressure at the hemofilter, the coagulation factor and the hemogram for both models, in-vitro and in-vivo, and compare them afterwards. Although both models are as similar as possible, the results show that it is hard to conclude from in-vitro studies regarding biocompatibility: There are mostly no conformities between the results out of both experiments regarding their infusion specific influence. Looking at the pressure at the hemofilter, one can find different results in both cases – in-vitro and in-vivo – for each infusion solution. The HES 130 group has in both cases a positive influence on the TMP value, as in this group the measurement stayed beyond 17 kPa. There are some surprising results concerning the coagulation parameters. Although most factors for the clotting activation could be standardized very well, it is not possible to eliminate the most important difference between both models: The in-vitro model is a self consuming system, which loses its clotting factors with the coagulation process, whereas the in-vivo model is able to regenerate and mobilize those blood parts. Thus the conclusion from the results of an in vitro model is limited to the specific properties of the infusion solution. (Fibrinogen saving effect of HES 130, erythrocyte preserving effect of GEL). Therefore just a few consistencies between the diagrams of both experiments concerning their clotting activation could be found. Surprisingly, the results of the AT-III concentration showed infusion specific properties: Although the heparin concentration in the in-vivo model is problematic to control, the results can be transferred from in-vitro to the in-vivo model: Hydroxyethylstarch has a positive influence on the AT-III concentration in both models, as the HES 130 value at the end of the experiment amounted to 110 % of the original value in the in-vitro experiment, whereas 95 % could be found in the case of the in-vivo model. Such constant values are favored in the clinical medicine. E. g. the results of both model are similar in the case of the hemogram regarding the HES 130 group: Beneath the increasing amount of cells (the hematocrit value increased to 145 % in- vitro and 120 % in-vivo, thrombocytes went to 95 % in-vitro and 120 % in-vivo and leucocytes to 100 % in-vitro and 150 % in-vivo) no more significantly hemolysis happened. Looking at the NaCl group, the results are in contrast: Whereas the amount of cells increased significantly in case of the in-vitro model, the in-vivo model gave very poor values: The hematocrit value increased up to 200 % in-vitro, but went down to 75 % in-vivo. Thus it one cannot conclude from in-vitro to in-vivo experiments regarding the specific influence of the colloids on blood cells and interactions such as a hemofiltration with them. Comparing the results of both models, only rarely similar values such as pressure at the filter, clotting activation and changes of the hemogram can be found. So only in case of AT-III the infusion specific influence could be confirmed. The main part of the values is influenced by the different, used methods. Nevertheless, the prognosis of influence of the infusion solutions on the biocompatibility seems to be true in case of CVVH. It seems to be very important, not to use a certain value of a parameter in the in-vitro experiment to create s prognosis, but to also keep the developing of the filtration parameters (clotting, fouling and clogging) in mind. The results of this work show clearly, that the missing interactions of the blood and other body compartments have great influence of the resulting values. Before concluding from in-vitro to in-vivo cases in clinical situations, it is necessary to proof the reaction of the whole organism with the help of organ functions or histomorphological examinations. A row of in-vitro versus in-vivo studies would be necessary to achieve such results.