Seit dem erstmaligen Auftreten der Infektion mit dem neuartigen Orthobunyavirus, dem Schmallenberg-Virus, im Spätsommer 2011 wurde eine rasche Ausbreitung der Infektion in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern beobachtet. Viele Aspekte der Epidemiologie der SBV-Infektion waren anfangs unerforscht. Wie bei anderen zunächst unbekannten Infektionserkrankungen ist die Bestimmung und Bewertung von Risikofaktoren für die Verbreitung dieser Erkrankung erforderlich, um effiziente Maßnahmen für die Reduzierung des Infektionsrisikos von SBV entwickeln zu können. Im Rahmen dieser deutschlandweiten Fall-Kontroll-Studie zur SBV-Infektion wurden von November 2011 bis Februar 2013 in 7 Bundesländern retrospektiv Daten erfasst, um Risikound auch Schutzfaktoren für das Vorkommen von SBV-Infektionen bei Rindern und Schafen auf Betriebsebene zu bestimmen. Bei Betriebsbesuchen wurden mittels eines standardisierten Fragebogens Angaben zum Betriebsmanagement, zur tierärztlichen Betreuung und Überwachung, zu Bestandsbesuchen von Personen mit engem Tierkontakt, zum Krankheitsgeschehen sowie zur potentiellen Einschleppungsursache und Weiterverbreitung gesammelt. Darüber hinaus wurden Proben für die Ermittlung der Seroprävalenz entnommen. Die nach Abgleich der serologischen Ergebnisse falsch eingestuften Kontrollen machten eine Anpassung der Falldefinition für eine bessere Trennschärfe zwischen Fall- und Kontrollbetrieben notwendig. Der schnelle Einzug und die Verbreitung dieser neuen Viruserkrankung innerhalb Deutschlands spiegelten sich auch in der Schwierigkeit des Auffindens SBV-freier Betriebe und schließlich in der Verteilung der Fälle und Kontrollen in Untersuchungsgebiet wider. Folglich wurden in den Betrieben im Zentrum der Epidemie hohe Intraherdenprävalenzen festgestellt, während in peripheren Gebieten weniger SBV-exponierte Betriebe gefunden werden konnten. Im Rahmen der Risikofaktoren- Analyse wurden 73 auswertbare Variablen aus 7 Kontrollund 33 Fallbetrieben bei den Rindern und 63 auswertbare Variablen aus 16 Kontroll- und 29 Fallbetrieben bei den Schafen auf ihre Signifikanz hin zunächst bivariat und dann multivariat getestet. Die statistische, bivariate Analyse mittels des exakten Tests nach Fisher ergab für 7 Variablen bei den Rinderbetrieben und 5 Variablen bei den Schafbetrieben signifikante Unterschiede zwischen den Kontroll- und Fallbetrieben. Aus der multivariaten Auswertung gingen schließlich je Tierart drei finale Modelle hervor, deren Variablen sowohl in der bivariaten Analyse als auch im logistischen Regressionsmodell einen Erklärungsbeitrag zur Zielvariablen leisteten. Bei den Rinderbetrieben ergaben sich für die Variablen „zeitweise Stallhaltung“, „eigener Bulle“ und „Zukauf von Tieren“ positive Assoziationen zur SBV-Infektion. Für die Variablen „Wanderschafherden im Gebiet“ und „ganzjährige Stallhaltung“ konnte anhand der statistischen Signifikanz ein protektiver Effekt festgestellt werden. In der multivariaten Modell-Analyse erklären „Zukauf von Tieren“, „Wanderschafherden im Gebiet“ und „ganzjährige Stallhaltung“ kombiniert am besten das Vorkommen der SBV-Infektion. Bei den Schafbetrieben zeigten innerhalb der bivariaten Auswertung „Haltung von Geflügel“, „Haltung von Haarschafen“ und „Ganzjährige Bedeckung“ statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Fall- und Kontrollbetrieben auf. In der multivariaten Analyse leistete das Zusammenspiel aus „Fruchtbarkeitsstörungen der Muttertiere“, „Regelmäßige Tierarztbetreuung“ und „Haltung von Geflügel“ den höchsten Erklärungsbeitrag zur Zielvariablen. Im Rahmen der vorliegenden Fall-Kontroll-Studie konnten keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer SBV-Infektion und der Betriebsnähe zu feuchten Gebieten oder zur Behandlung mit Repellentien und Insektiziden zwischen Fall und Kontrollbetrieben festgestellt werden.
Since the first occurrence of infection with this new orthobunyavirus in late summer 2011, the Schmallenberg virus (SBV) infection has spread rapidly in Germany and in many other European countries. A multitude of epidemiologic aspects of the SBV infection had initially been unexplored. As for many other firstly unexplored infectious diseases, an identification and estimation of risk factors for the spread of this very disease is required in order to develop efficient measures to decrease the risk of infection. In the context of this case-control study of SBV infection in Germany, data has been analyzed retrospectively from November 2011 to February 2013 from 7 federal states in order to identify potential risk and protective factors of SBV infection on cattle and sheep farms. During farm visits, standardized surveys with questionnaires were used to generate data on farm management, veterinary visits and monitoring, herd visits by people with close animal contacts, occurring diseases and potential causes of invasion or retransmission. Furthermore, samples were taken to determine the seroprevalence. After the match of the serologic results had led to falsely categorised control cases, the case definitions had to be adjusted to achieve a better distinction between cases and controls. The fast spread and retransmission of this new disease in Germany was also reflected in the difficulty of finding SBV-free farms at the time of the visits and in the distribution of cases and controls within the investigation area. Accordingly, farms close to the epidemiologic centre showed high intraherd prevalence, whereas farms in peripheral regions were less exposed to SBV. In the bivariate and multivariate analyses of risk factors of this study, 73 variables were tested from 7 control and 33 case farms in the cattle sector, while 63 variables were checked from 16 control and 29 case farms in the sheep sector. Bivariate analyses based on the Fisher exact test resulted in 7 variables for cattle and 5 variables for sheep showing statistically significant differences between case and control farms. From the multivariate analyses, 3 models were derived for each of the two species. Its underlying variables played an important role to explain the target variable by bivariate analysis and using logistic regression models. For cattle farms, the variables “temporary indoor housing”, “own bull” and “purchase of new animals” revealed positive associations with SBV infection. The variables “migrating sheep herds” and “all-year indoor housing” showed a protective effect on a statistically significant level. The best multivariate model explaining the occurrence of SBV infection consisted of the variables “purchase of new animals”, “migrating sheep herds” and “all-year indoor housing”. For sheep farms, the variables „keeping poultry“, “keeping hair sheep” and “all-year coverage” revealed statistically significant differences between case and control farms in the bivariate analysis. In the multivariate analysis, the combination of “fertility disturbances of ewes”, “regular veterinary care” and “keeping of poultry” explained the target variable in the best way. This case-control study did not indicate a correlation between SBV infection and the proximity of the farms to wetlands or to the use of repellents and insecticides.