Anatomische und elektrophysiologische Studien an Affen haben eine detaillierte Vorstellung kortikaler Areale mit vestibulären Afferenzen ergeben. Dabei ist festzuhalten, dass es im Unterschied zu anderen sensorischen Systemen keinen primär vestibulären Kortex gibt, sondern die Verarbeitung vestibulärer Signale in eine Reihe mulitsensorischer Areale erfolgt. Beim Menschen ist die Kenntnis über die kortikale Verarbeitung vestibulärer Signale unvollständig. In der vorgelegten Arbeit nutzten wir den BOLD-Kontrast der funktionellen Kernspintomographie nach seitengetrennter kalorische Stimulation als Surrogat- Marker kortikaler vestibulärer Signalverarbeitung im Menschen. Im Hinblick auf die empirisch belegte Asymmetrie kortikaler Repräsentation räumlicher Aufmerksamkeit galt unser Interesse dabei auch einer möglichen Hemisphärendominanz vestibulärer Signalverarbeitung. Die an fünf gesunden Rechtshändern erhobenen Daten wurden sowohl einer Gruppenanalyse als einer individuellen Analyse unterzogen. Zur Gruppenanalyse wurden die individuellen Datensätze in eine standardisierte dreidimensionale Matrix, den sogenannten „Talairach-Raum“, transformiert und die Ergebnisse auf der rekonstruierten Oberfläche eines standardisierten Gehirns des „Montréal Neurological Institute“ visualisiert. Bei der Individualanalyse wurden die Daten auf einer individuellen Kortex-Rekonstruktion der jeweiligen Probanden dargestellt. Die statistische Auswertung erfolgte innerhalb beider Analysen anhand des „Allgemeinen Linearen Modells“. Es gelang uns, eine Reihe umschriebener kortikaler Areale mit signifikantem BOLD-Signal-Anstieg bei vestibulärer Stimulation zu identifizieren. Auf beiden Hemisphären zeigten sich lokalisationssymmetrisch BOLD-Signal-Anstiege im Bereich der Insel, des Temporallappens, des Parietallappens, des Sulcus centralis und -praecentralis, des Okzipitallappens, des Frontallappens und des Cingulums. Subkortikal wurden Aktivierungen im Bereich der Nuclei pulvinares des medial-posterioren Thalamus, des Nucleus caudatus, des Globus pallidus lateralis sowie des Putamens aufgezeigt. Unter Bezugnahme auf andere tierexperimentelle und human bildgebende Arbeiten versuchten wir eine Zuordnung der von uns identifizierten, an vestibulärer Signalverarbeitung beteiligten Areale in Anlehnung an die etablierte Nomenklatur: So konnte das in der hinteren Inselregion gelegene aktivierte Areal als humanes Homolog des parieto- insulären vestibulären Kortex (hPIVC) identifiziert werden. Des Weiteren belegen Aktivierungen im posterioren Bereich des Gyrus bzw. Sulcus temporalis superior und im Bereich des Sulcus temporalis inferior die Bedeutung des Temporallappens bei der Verarbeitung vestibuläre Signale. Es wurden potentielle Homologe der bei Affen beschriebenen vestibulär assoziierten Regionen Area 2v, 7, LIP und VIP im Bereich des Übergang vom Sulcus postcentralis zum Sulcus intraparietalis bzw. des kaudalen Pols des Sulcus intraparietalis identifiziert. Die im Bereich der Gyri occipitales laterales gefundenen BOLD-Signal-Anstiege stellen vermutlich den humanen MT/MST-Komplex dar, für den bisher am Menschen keine Sensitivität gegenüber vestibulären Reizen nachgewiesen wurde. Die Aktivierungen im Bereich des Sulcus centralis und praecentralis entsprechen möglicherweise der Area 3a. Im Bereich des Operculum frontoparietale wurde ein BOLD-Signal-Anstieg nachgewiesen, der die humane „premotor region 6“ repräsentiert, ein im kaudalen Anteil des Sulcus frontalis superior gelegenes Aktivierungsareal ist dem frontalen Augenfeld zuzuordnen. Die Aktivierung der humanen Homologe der Areale 3a, 2v und PIVC durch vestibuläre Stimulation lässt die Integration der vestibulären Signale innerhalb eines „inneren vestibulären Kreises“, wie er bei Primaten beschrieben ist, auch beim Menschen vermuten. Unabhängig von der Stimulationsseite zeigte sich in vorliegender Arbeit ein deutliches Überwiegen der rechtshemisphärischen Signalantworten auf vestibuläre Stimulation. Dies steht im Einklang mit der aktuell vorherrschenden Auffassung eines rechtshemisphärisch dominant organisierten kortikalen Netzwerkes der räumlichen Orientierung.
Anatomic and electrophysiological studies in monkeys have yielded a detailed map of cortex areas receiving vestibular afferents. In contrast, comparatively little is known about the cortical representation of the human vestibular system. In this study we applied caloric stimulation and fMRI to further characterize human cortical vestibular areas and to test for hemispheric dominance of vestibular information processing. For caloric vestibular stimulation we used cold nitrogen in order to avoid susceptibility artifacts induced by water calorics. Right and left side vestibular stimulation was repetitively performed inducing a nystagmus for at least 90 s after the end of the stimulation in all subjects. Only the first 60 s of this nystagmus period were included for statistical analysis and compared with the baseline condition. Activation maps revealed a cortical network, which in all subjects comprised the temporo-parietal junction extending into the posterior insula, furthermore the anterior insula, pre- and postcentral gyrus, areas in the parietal lobe, the ventrolateral portion of the occipital lobe, and the inferior frontal gyrus extending into the inferior part of the precentral sulcus. These structures represent the major cortical areas involved in vestibular cortical signal processing as identified by animal experiments. Furthermore, this study demonstrated a strong right hemispheric dominance of vestibular cortex areas regardless of the stimulated side, consistent with the current view of a rightward asymmetrical cortical network for spatial orientation. We conclude that caloric stimulation is a suitable method for the investigation of the vestibular system with fMRI.