Einleitung Multiresistente Gram-negative Erreger (MRGN) haben sich in den letzten Jahren dramatisch verbreitet, darunter insbesondere Bakterien, die eine Betalaktamase mit erweitertem Spektrum (ESBL) bilden. Bisher war wenig über die in Krankenhäusern eingesetzten Präventionsmaßnahmen bei Patienten mit ESBL und über weitere Maßnahmen im Kampf gegen die Verbreitung multiresistenter Erreger bekannt, z.B. das Management der Antibiotikaverordnung im Sinne von Antibiotic Stewardship (ABS). Ziel dieser Arbeit war eine Bestandsaufnahme der Empfehlungen deutscher Intensivstationen (ITS) zum Umgang mit ESBL-Bildnern. Außerdem wurde festgestellt, inwieweit ABS-Strategien zur Verbesserung des Antibiotikamanagements zur Anwendung kommen. In einem zweiten Teil wurde untersucht, ob die bestehenden Maßnahmen und Empfehlungen den Neuerwerb von ESBL-Bildnern auf den Stationen beeinflussten. Methodik Die ITS wurden befragt, ob schriftliche Richtlinien zum Umgang mit ESBL-Bildnern vorlagen und ob ABS-Strategien zur Sicherstellung einer rationalen Antibiotikatherapie eingesetzt wurden. Zur Umfrage eingeladen wurden ITS, die das Krankenhausinfektions-Surveillance (KISS)-System zur Überwachung nosokomialer Infektionen nutzten. Um die Effektivität der einzelnen Präventionsmaßnahmen abzuschätzen wurden die Empfehlungen mit der Erregerstatistik aus KISS assoziiert. Ergebnisse Der Rücklauf der Fragebögen lag erwartungsgemäß bei 61% (355 von 579 angeschriebenen ITS). Fast alle ITS (N=331, 93%) gaben an, schriftliche Empfehlungen für den Umgang mit ESBL- Bildnern zu haben. Einzelzimmerpflege für ESBL-Patienten verlangten 18% der ITS (n=60), und 24% (79) forderten ein generelles Screening auf ESBL bei Aufnahme. Viele ITS hatten bereits ABS-Strategien implementiert, die Teilnahme an Surveillance-Systemen für Antibiotikaverbrauch und bakterielle Resistenzen (<25%) sowie die Beschäftigung von Infektiologen für die Verordnung antimikrobieller Substanzen (14%) waren aber noch selten. Relevante Auswirkungen einzelner Präventionsmaßnahmen, insbesondere von Screening- oder Isolierungsmaßnahmen, konnten in dieser Arbeit nicht festgestellt werden. Unabhängige Risikofaktoren für neu auf der ITS festgestellte ESBL waren ein hoher Kolonisationsdruck [Incidence rate ratio (IRR) 2,74, p<0,001], die Größe des Krankenhauses von mehr als 600 Betten (IRR 1,55, p<0,05) sowie die regionale Verteilung im Osten und Westen Deutschlands im Vergleich zum Norden, Süden und Südwesten (alle p<0,01). Krankenhäuser mit eingegliedertem Mikrobiologischen Labor nahmen doppelt so häufig an Surveillance-Systemen für Antibiotika-Verbrauch (34%) und Resistenzentwicklung (32%) teil, wie Krankenhäuser mit externen Laboren (15 und 14%, p<0,001). Schlussfolgerung Im Jahr 2011 gaben viele ITS Empfehlungen für den Umgang mit ESBL-Bildnern an, die den 2012 veröffentlichten KRINKO-Empfehlungen1 entsprachen oder sogar darüber hinausgingen. Erste Ansätze zur ABS sind bereits auf vielen Stationen verbreitet. Allerdings besteht gerade bei wirksamen Methoden wie der Teilnahme an Surveillance-Systemen zum Antibiotikaverbrauch und zur Resistenzentwicklung sowie der Beschäftigung von Experten für ABS noch erhebliches Verbesserungspotential. Zukünftigen Untersuchungen zur Wirksamkeit und zur Anwendung einzelner Präventions- und ABS-Maßnahmen können diese Ergebnisse als Bezugsgröße dienen.
Introduction Multidrug-resistant organisms have spread dramatically over the past years, and particularly Extended spectrum beta-lactamase (ESBL) -producing Gram-negative bacteria have become a major concern worldwide. Little information is available on infection control policies for ESBL- carriers and antibiotic prescription management in German hospitals. The objective of this cross-sectional study was to determine the prevalence and components of infection control policies for ESBL-carriers and antibiotic stewardship measures in German intensive care units (ICUs). In addition, we analyzed the impact of infection control and antibiotic stewardship measures on ESBL-acquisition rates. Methods A questionnaire survey was sent to all ICUs participating in the German nosocomial infection surveillance system (KISS, n = 579) in October 2011. Data on infection control policies and antibiotic management structures were collected and analyzed by structural hospital and ICU factors. Results The questionnaire was completed by 355 German ICUs (response rate 61%). Most ICUs reported to have written infection control policies for ESBL-carriers (93%). Single rooms for ESBL-carriers were required by 18% of the ICUs, and 24% had a surveillance screening policy on admission. Only a small proportion of ICUs participated in surveillance systems for antibiotic consumption and bacterial resistance (<25%) and the employment of physicians specialized in the prescription of antimicrobial medication was still rare (14 %). In this project, we could not detect an influence of ESBL- policies such as contact isolation or screening procedures on ESBL-acquisition rates. Factors affecting ESBL-acquisition in the multivariate analysis were a high ESBL-admission prevalence [incidence rate ratio [IRR] 2.74, p<0,001), a large hospital size of more than 600 beds (IRR 1.55, p<0.05) and the geographic location in the east and west of the country compared with the other regions (all p<0.01). Of note, Hospitals with their own microbiological laboratory report participation in surveillance networks for antimicrobial use (34 %) and bacterial resistance (32 %) twice as often as hospitals with external laboratories (15 and 14 %, respectively, p<0.001). Conclusions Most infection control policies for ESBL-carriers in 2011 already covered or went beyond the guidelines published in 2012. Accordingly, many ICUs reported to have some antibiotic stewardship policies established. However, strategies widely considered effective, such as the systematic cross-institutional surveillance of antimicrobial use and bacterial resistance in a standardized manner or the employment of infectious disease specialists, are still scarce. This study provides a benchmark for future infection control and antibiotic stewardship programs.