In zahlreichen tierexperimentellen und humanen Studien wurde eine chemopräventive Wirkung des Spurenelements Selen (Se) bei verschiedenen Krebserkrankungen beobachtet. In dieser Arbeit wurden diese Eigenschaften des Selens sowohl im Hinblick auf eine schlechte Selenversorgung über die Nahrung, als auch bezüglich einer nachteiligen genetischen Prädisposition untersucht. Basierend auf Studien, die SNPs (single nucleotide polymorphisms) im Gen des Selentransportproteins Selenoprotein P (SEPP) mit erhöhtem bzw. erniedrigtem Darmkrebsrisiko assoziieren konnten, wurde der Einfluss der SepP-Gendosis im Mausmodell getestet. Hierzu wurde ein SepP+/--Mausstamm, als Modell für einen genetisch bedingten, eingeschränkten Selenmetabolismus, mit dem ApcMin/+-Mausmodell, das bedingt durch den Funktionsverlust eines Allels des Tumorsuppressors Apc ein erhöhtes Darmkrebsrisiko aufweist, verkreuzt. Dieser Ansatz versprach einen Erkenntnisgewinn für den Vergleich von gut mit schlecht diätetisch Se-versorgten Menschen (z.B. Europäer versus US-Amerikaner) sowie für Individuen mit nachteiliger genetischer Prädisposition (SNP Genotyp) für einen optimalen Se-Metabolismus. Ein eingeschränkter Se-Metabolismus durch SepP-Heterozygotie führte unter definierten Fütterungsbedingungen zur Entwicklung größerer Tumore in ApcMin/+-Mäusen. Eine Supplementation mit dem Vierfachen der empfohlenen Se-Dosis (RDA) ab Tag 21 konnte sowohl die Tumoranzahl, als auch die Gesamttumorfläche in SepP heterozygoten und wildtypischen ApcMin/+-Mäusen signifikant senken. Eine Therapie-Strategie mit Selen nach bereits eingesetzter Bildung von Neoplasien ab Tag 60 war ohne Effekt. Ebenso zeigte die Behandlung der intestinalen Inflammation durch den Cox2-Inhibitor Sulindac oder durch eine kombinierte Gabe von Selen und Sulindac keine therapeutischen Erfolge. Das beschleunigte Tumorwachstum in SepP-heterozygoten Tieren verglichen mit gleich gefütterten Wildtyptieren war von einer stärkeren Entartung des Gewebes, einer erhöhten Einwanderung von Mastzellen in das erkrankte Gewebe und einem erhöhten Il6-Spiegel im Serum begleitet, was zum Teil durch eine Se-Supplementation ausgeglichen werden konnte und insgesamt auf eine immunmodulatorische Wirkung von SepP hindeutet. Diese Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Menschen mit schlechter Se- Versorgung, sei es aufgrund einer Mangelernährung oder einer nachteiligen genetischen Prädisposition, von einer Se-Supplementation zur Reduktion ihres Darmkrebsrisikos profitieren können, solange sie noch gesund sind. Nach erfolgter Tumorigenese könnte sich die gleiche Maßnahme aber nachteilig auswirken.
The chemopreventive effect of the trace element selenium against cancer was observed in numerous animal studies and human trials. Here we investigated these properties with respect to both a poor selenium food supply and a disadvantageous genetic predisposition. Based on studies showing an association between SNPs (single nucleotide polymorphisms) in the gene of the selenium transport protein selenoprotein P (SEPP) and cancer risk we tested the influence of SepP-heterozygocity on selenium supply in mice. To this end we crossed SepP+/- mice with ApcMin/+ mice, the former being a model for a restricted selenium metabolism and the latter for increased risk for intestinal tumors based upon an allelic loss of the tumorsuppressor Apc. We expected from these analyses insights into the relative importance of selenium supply and individual genetic predisposition for intestinal tumorigenesis. A restricted selenium metabolism caused by SepP-heterozygocity induced the formation of larger tumors in ApcMin/+ mice under well-defined feeding conditions. A selenium supplementation with the fourfold recommended dietary allowance (RDA) starting at day 21 decreased tumor numbers and tumor area in both SepP-heterozygous and -wildtyp ApcMin/+ mice. A therapeutic approach employing selenium supplementation starting at day 60 after generation of neoplasms had no effect. Treatment of intestinal inflammation with the Cox2-inhibitor sulindac or with combined administration of selenium and sulindac was also ineffective. The accelerated tumor growth in SepP- heterozygous mice compared to equally fed wildtyp animals was accompanied by advanced tissue degeneration, increased migration of mast cells into the tumor and an elevated Il6-serum level. These differences were partly compensated by selenium supplementation pointing to an immunmodulatory role of SepP and Se during intestinal tumorigenesis. We conclude that people with poor Se status either because of insufficient nutrition or genetic predisposition could benefit from selenium supplementation to reduce their risk of intestinal cancer development. However, supplementation might be harmful when started at a time point where intestinal tumors have already been established.