Rechnungslegungsstandards gelten vielfach als zweckrationale Koordinationsregeln, an denen sich Unternehmen für die Erstellung ihrer Jahresabschlüsse orientieren. Im Zuge wirtschaftlicher Globalisierung werden diese Standards nicht mehr auf nationalstaatlicher Ebene entwickelt und verabschiedet, sondern von einer privaten international tätigen Organisation. Die Dissertation untersucht die Entwicklung des International Accounting Standards Board (IASB) und identifiziert maßgebliche Akteursgruppen, die die grenzüberschreitende Regulierung der Unternehmensrechnungslegung beeinflussen und dabei auch über die Verteilungseffekte der Standards mitentscheiden. Theoretischer Ausgangspunkt für die Analyse der transnationalen Standardisierung der Rechnungslegung sind institutionentheoretische Ansätze der Pfadforschung. Sie ermöglichen es, Ordnungsbildung jenseits des Nationalstaats zu untersuchen und zu erklären. Die Überwindung ihrer akteurstheoretischen Schwäche stellt den konzeptionellen Beitrag der Dissertation dar. Forschungsgegenstand ist die Durchsetzung des IASB als maßgebliche Instanz der grenzüberschreitenden Regulierung der Unternehmensrechnungslegung. Es kann gezeigt werden, wie das IASB seinen lange Zeit unsteten Verlauf stabilisieren und schließlich zum Zentrum eines globalen Regulierungsnetzwerks werden konnte. Auf Basis eines prozesstheoretischen Forschungsdesigns werden drei Fragestellungen beantwortet: 1\. Wie lässt sich die organisationale Entwicklung des IASB charakterisieren? 2\. Welche Mechanismen erklären den dauerhaften Bestand der privaten Regulierungsorganisation? 3\. Auf welche Weise beeinflussen Akteure die Entwicklung des IASB und wovon hängen ihre Einflussmöglichkeiten ab? Die Dissertation gliedert sich in drei Teile: Grundlagen (Einleitung, theoretische Grundlagen und Forschungsdesign), Untersuchungsdimensionen und Ergebnisse (historischer Hintergrund, Standardinhalte, Verfahren der Standardsetzung und Regulierungsmacht von Individuen und Organisationen) sowie Schlussfolgerungen (Dynamiken transnationaler Standardisierung und Zukunftsbindung durch Pfadgestaltung). Empirisch lässt sich zeigen, dass auf transnationaler Ebene ein Prozess der Institutionenbildung vorangetrieben wurde, dessen Ergebnis eine expertenorientierte privatrechtliche Regulierungsorganisation ist, die über weitreichende Autonomie verfügt. Zu den dominanten Akteursgruppen zählen neben den Beteiligten des IASB vor allem nationale Standardsetzer, Wirtschaftsprüfer und globale Prüfungsgesellschaften sowie ausgewählte internationale Organisationen. Sie bestimmen weitgehend den organisationalen Aufbau des IASB und die inhaltliche Ausrichtung der internationalen Rechnungslegungsstandards.
Accounting standards are frequently understood to be little more than formalized rules for the preparation of financial statements. However, despite the apparent a-political nature standards are contested and show relevant distributional effects. In times of economic globalization, setting accounting standards is increasingly organized beyond the nation state. A private not- for-profit organization has emerged over 35 years which dominates accounting regulation today. This dissertation analyzes the development of the International Accounting Standards Board (IASB) and identifies relevant actor groups and how they influence transnational accounting standardization. To understand transnational standardization the analysis takes an institutional approach drawing on and further developing concepts of path dependence and path shaping. The dissertation’s conceptual contribution lies in overcoming theoretical weaknesses with regard to the conceptualization of agency in path theory. The focus is to explain how the IASB became the core of a global regulatory network by showing incremental and initially erratic developments as well as purposive actions to maintain and expand the organization’s central position. Based on a process-oriented approach the dissertation answers the following questions: How can IASB’s development be characterized? Which mechanisms can explain the endurance of a private regulatory organization? How do actors shape the IASB’s development and what determinates their influence? The dissertation consists of three parts: foundations (introduction, theory, and research design), empirical dimensions and results (historical background, normative content, standard setting procedures, and regulatory power of individuals and organizations), and conclusions (dynamics of transnational standardization, and agency and path shaping). Empirical findings show an actively orchestrated process of institution building bringing about an expert oriented private regulatory organization with considerable autonomy. Dominant actors have been individuals close to the IASB, national standard setters, accountants and global auditing firms, and selected international organizations. These actors dominate both the IASB’s organizational configuration and the normative content of international accounting standards.