In dieser Arbeit werden zwei verschiedene autosomal-rezessiv vererbte Krankheitsbilder betrachtet. Es handelt sich dabei zum einen um eine syndromale Erkrankung, Kranioektodermale Dysplasie, die durch ein charakteristisches Muster an Symptomen definiert ist, zum anderen um eine nicht-syndromale Erkrankung, Intelligenzminderung, welche ohne wesentliche weitere Symptome auftritt. Dieser prinzipielle Unterschied in der klinischen Präsentation bedingt - so die These - eine unterschiedliche Methodik in der Aufdeckung der molekularen Ursachen der Krankheitsbilder. In der vorliegenden Arbeit wird das jeweils gewählte Prozedere beschrieben und kritisch betrachtet; die gewonnenen Erkenntnisse werden mitgeteilt und diskutiert. Bei der Intelligenzminderung handelt es sich um ein weit verbreitetes Krankheitsbild, dessen Ursachen außerordentlich vielgestaltig sind; genetische wie nicht-genetische Faktoren können eine Rolle spielen. Diese Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung genetischer Ursachen nicht-syndromaler Intelligenzminderung. Mittels neuer molekulargenetischer Methoden können insbesondere in konsanguinen Familien mit autosomal-rezessivem Erbgang ursächliche Mutationen identifiziert werden. Durch Kopplungsanalyse, Anreicherung der betreffenden Regionen und Next Generation Sequencing wurden neue Kandidatengene und Mutationen identifiziert und durch Sequenzierung nach Sanger die Kosegregation von Genotyp und Phänotyp in den Familien bestätigt. Sieben konsanguine Familien wurden auf diese Weise untersucht. Jeweils eine mutmaßlich krankheitsverursachende Mutation in unterschiedlichen Genen konnte identifiziert werden. Das Ergebnis weist auf die große genetische Heterogenität autosomal-rezessiv vererbter Intelligenzminderung hin. Die Kranioektodermale Dysplasie ist eine Erkrankung des ektodermalen Gewebes und wird den Ziliopathien zugeordnet. Die seltene Entwicklungsstörung äußert sich klinisch unter anderem durch skeletale Dysmorphien wie Dolichozephalie, rhizomelische Gliedmaßenverkürzung, Zahnfehlbildungen und Schädigung von Nieren- und Leberfunktion, welche zum frühzeitigen Organversagen führen kann. Dabei besteht eine ausgeprägte Variabilität hinsichtlich der einzelnen phänotypischen Merkmale. Bislang wurden wenige Mutationen in Genen des ziliären Proteinkomplexes IFT-A identifiziert. Dieser spielt im Aufbau von und Transport in Zilien eine wichtige Rolle. Die kleinen Zellorganellen haben vielfältige Funktionen in der Zellkommunikation und Gewebedifferenzierung. In dieser Arbeit wurden zwei Gene, WDR35 und IFT43, die Proteine des Komplexes IFT-A codieren, bei neun Patienten untersucht. Es wurden in WDR35 bei zwei Patientinnen insgesamt drei bislang nicht beschriebene Mutationen gefunden. Die Befunde bestätigen die These, dass es sich bei der Kranioektodermalen Dysplasie um eine genetisch heterogene Ziliopathie handelt. Der variable Phänotyp könnte in der Vielfalt der betroffenen Gene und Mutationen begründet sein. Eine Analyse der an IFT-A beteiligten Proteine und Gene könnte weiteren Aufschluss über Pathogenese und Therapie der Erkrankung geben. Die Erkenntnisse zu beiden Krankheitsbildern sind für die Pränataldiagnostik und die Erkennung des Trägerstatus gesunder Verwandter in diesen Familien von Bedeutung.
This thesis focuses on the investigation and comparison of a non-syndromic and a syndromic genetic disorder, which both are of autosomal recessive inheritance: non-syndromic intellectual disability and cranioectodermal dysplasia. Intellectual disability is a prevalent disorder attributable to various, genetic as well as non-genetic, origins. Non-syndromic intellectual disability designates the solitary symptom of intellectual disability without any other conspicuous malformations or dysmorphic signs presenting as features of a syndromic disorder. For this entity, underlying genetic mutations seem to be innumerable and spread over the whole genome. In seven large consanguineous families with autosomal recessive intellectual disability, homozygosity mapping, targeted exon enrichment, and high throughput sequencing resulted in an identification of the underlying genetic defect in each of the seven families. These results demonstrate the vast heterogeneity of the underlying genetics. The second disorder presented is cranioectodermal dysplasia, a rare syndromic disorder belonging to the group of ciliopathies. Symptoms comprise sceletal and ectodermal dysmorphia such as dolichocephaly, rhizomelic limb shortening, dental abnormalities and impairment of renal and liver function, causing early-onset organ failure. So far, a few mutations have been detected in the protein complex required for dynein-driven retrograde ciliary transport, IFT-A. Cilia are known as propulsive motors and organelles for cell communication. In nine patients with cranioectodermal dysplasia, two protein- coding genes of the IFT-A complex have been analyzed (WDR35 and IFT43). Three different and yet unknown mutations were detected in WDR35 in two patients. The findings indicate that cranioectodermal dysplasia is a genetically as well as phenotypically heterogenous ciliopathy. Future investigation on function and genetics of the IFT-A complex could further illuminate the underlying pathogenesis of cranioectodermal dysplasia. The affected families will benefit from a definite diagnosis often ending a diagnostic odyssey. The new insights will facilitate the understanding of the clinical course and could make possible prenatal diagnosis and carrier testing of unaffected individuals.