Eine auf der Intensivstation erworbene Muskelschwäche, „Intensive Care Unit- acquired Weakness“ (ICUAW), ist ein wichtiger Komorbiditätsfaktor bei kritisch kranken Patienten mit entscheidender prognostischer Bedeutung für deren Überleben sowie die langfristige Lebensqualität. Klinisch präsentiert sich die ICUAW durch eine generalisierte Muskelschwäche mit konsekutiv verlängerten Beatmungszeiten und Liegedauer. Die pathophysiologischen Prozesse finden bereits frühzeitig statt. Zu morphologischen Veränderungen der Skelettmuskulatur in der frühen Phase der kritischen Erkrankung gibt es jedoch wenig Kenntnis. Diese Arbeit untersucht die Ultrastruktur der Skelettmuskel- morphologie während der frühen intensivmedizinischen Behandlungsphase. Zudem soll überprüft werden, ob der als charakteristisch beschriebene selektive Myosinfilamentverlust bei elektrophysiologisch nachgewiesener „Critical Illness Myopathie“ (CIM) als eine führende Entität der ICUAW zu finden ist. In einer prospektiven, monozentrischen Observationsstudie wurden 30 schwer kranke, beatmete Patienten (SOFA-Score ≥8 an 3 von 5 Tagen mit Beatmung <72 Stunden) eingeschlossen. Zu zwei Zeitpunkten fanden offene Muskelbiopsien statt (Median Tag 5 + 16). Mittels Transmissionselektronenmikroskopie wurden Muskellängs- sowie Muskelquerschnitte untersucht. Ein aus 7 Kriterien resultierender Score diente zur semiquantitativen Auswertung und Charakterisierung der Ultrastruktur. Weiterhin wurde die Myofilamentdichte manuell ermittelt. Anhand direkter Muskelstimulation (Median Tag 5 + 15) wurde das Patientenkollektiv zusätzlich in „CIM“ (dmCMAP <3.0mV) und „non-CIM“ (dmCMAP ≥3.0mV) unterteilt. Bei adäquater Wachheit erfolgte die Bestimmung des Kraftgrades gemäß MRC-Skala (Median Tag 13). Massive ultrastrukturelle Veränderungen, insbesondere ein signifikanter Myosinfilamentverlust waren bereits zum frühen Zeitpunkt (Median Tag 5) der intensivmedizinischen Behandlung vorhanden. Die Sarkomerstruktur war größtenteils nicht mehr abgrenzbar und die fibrilläre Struktur des Muskels durch Atrophie oder komplette Zerstörung gekennzeichnet. Im zeitlichen Verlauf ist ein Fortschreiten des gesamten ultrastrukturellen Umbaus festzustellen, jedoch nahm die Myosinfilamentdichte nicht mehr signifikant ab. Der Myosinfilamentabbau ist gegenüber dem Aktinfilamentabbau stärker ausgeprägt, insbesondere in den Erstbiopsien. Der Myosinverlust war nicht isoliert bei den elektrophysiologisch als CIM charakterisierten Patienten zu sehen, jedoch ist er mit einem niedrigeren Kraftgrad, sowie mit einer längeren Beatmungszeit und Liegedauer assoziiert. Die entscheidenden pathologischen Umbauvorgänge der Skelettmuskelultrastruktur finden in der Frühphase der kritischen Erkrankung statt und liegen nach wenigen Tagen intensiv-medizinischer Behandlung bereits massiv ausgeprägt vor. Der frühzeitig einsetzende Myosinfilamentverlust war bei unserem Patientenkollektiv mit der Ausbildung einer ICUAW im späteren klinischen Verlauf vergesellschaftet. Im Gegensatz zu dem bislang geltenden Charakteristikum des „Thick-filament-loss“ im Zusammenhang mit einer CIM, lag dieser unabhängig von der Membranerregbarkeit vor. Vielmehr lässt er sich als generelles Zeichen bei ICUAW postulieren. Diese Arbeit präsentiert erstmalig ultrastrukturelle Untersuchungen am Skelettmuskel von Hochrisikopatienten aus der Anfangsphase der kritischen Erkrankung, bevor die ICUAW klinisch in Erscheinung tritt.
“Intensive Care Unit-acquired Weakness" (ICUAW) is a major comorbidity under critical illness with crucial prognostic significance for the patients survival. ICUAW is presented by a generalized muscle weakness which leads to prolonged ventilation and ICU-stay. There is little knowledge in particular on the early phase of critical illness. This work examines the ultrastructure of skeletal muscle morphology at two times during the early phase of intensive care. Furthermore we review whether a “thick-filament-loss” is characteristically found in patients who show a "Critical Illness Myopathy" (CIM) according to electrophysiological testing. We included 30 critically ill, mechanically ventilated patients (SOFA score ≥8 at 3 within 5 days, ventilation < 72 hours) in a prospective, monocentric observational study. Two open muscle biopsies were obtained at median day 5 and 16. Electron microscope studies were performed and ultrastructural analyzation was done using Image J software. We developed a score with 7 criteria for semiquantitative evaluation of the longitudinal sections. Counting of myosin filaments was done in cross sections. Based on direct muscle stimulation (median day 5 and 15), we distinguished patients in 2 groups: "CIM" (dmCMAP < 3.0mV) and "non-CIM" (dmCMAP ≥3.0mV). Muscle strength was assessed using Medical Research Council (MRC)-Scale when patients showed adequate awareness (median day 13). There was a significant degradation of myosin filaments already in the early stage of ICU stay. The sarcomere structure was largely destroyed and fibrillar structure showed signs of atrophy or complete destruction. Later during ICU- course there is an ongoing destruction considering all ultrastructural features. However, regarding the myosin filament density over time, there is no significant decrease. Degradation of myosin filament was stronger than of aktin filament. The was not uniquely found in patients with CIM, but it was associated with reduced muscle strength resulting in prolonged ventilation and hospital stay. The main ultrastructural changings occur already after the beginning of critical illness and reaches its peak only after a few days. In our study population we found a significant association of early myosin degradation and the presentation of ICUAW later during ICU course. However, it was not associated with low membrane excitability (CIM). This disproves "Thick-filament-loss" to be characteristic in the presence of CIM. We postulate it therefore as typical of ICUAW. This is the first work presenting ultrastructural studies on skeletal muscle of high-risk patients during early phase of critical illness, even before the clinical symptoms of ICUAW appear.