Die vorliegende Untersuchung fragt nach dem Effekt normativen und kommunikativen internationalen Anpassungsdrucks auf die Compliance-Performanz eines Staates. Inwiefern ist Sozialisierung für staatliche Konformität mit internationalen Normen relevant? Über welche Mechanismen können sich die Präferenzen nationaler Implementationsakteure verändern? Mit dem Kontext des transformativ wirkenden EU-Osterweiterungsprozesses wurde ein aussichtsreiches Fallbeispiel für Sozialisierung gewählt. Konkret betrachtet wurde die rechtliche wie praktische Umsetzung der komplexen EU-Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung in Polen und Litauen. Zur Ermittlung von Nachweisen für die Präsenz von Sozialisierung in den internationalen Beziehungen diente die theorie-testende Methode des sogenannten Process Tracing auf der Grundlage der Bayesschen Logik der subjektiven Wahrscheinlichkeit. Im polnischen Fallbeispiel war der Sozialisierungsmechanismus weder in der Ausprägung als Sozialer Einfluss noch als Überzeugung zu beobachten. Hingegen wurde die Präsenz des Überzeugungsmechanismus für Litauen nachgewiesen. Das litauische Fallbeispiel weist deutliche Spuren der erfolgreichen Verinnerlichung internationaler Senderbotschaften auf. Eine Analyse der bilateralen Mentor-Schüler-Beziehung zwischen Finnland und Litauen liest sich gleichsam einem Best Practice- Beispiel für Sozialisierung durch Überzeugung. Wichtige Voraussetzung für die Wirksamkeit des Sozialisierungsmechanismus scheint demnach ein Verständnis des Sozialisierungssenders für den sprachlichen und kulturellen Kontext des Empfängerstaates zu sein.Wie das litauische Fallbeispiel zeigen konnte, ist zudem eine frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder in den Implementationsprozess wichtig, da auf dieseWeise potentielle Vetoplayer identifiziert werden können und ihren Einstellungen in der Folge Rechnung getragen werden kann. Als wichtigster Befund der vorliegenden Untersuchung darf gelten, dass die Zuversicht in die faktische Präsenz des Sozialisierungsmechanismus in den internationalen Beziehungen signifikant und intersubjektiv nachvollziehbar erhöht werden konnte. In Anbetracht dieses Forschungsergebnisses scheint es folglich angemessen, auch in Zukunft zum tieferen politik- und sozialwissenschaftlichen Verständnis staatlichen Verhaltens zu untersuchen, wie Präferenzbildungsprozesse durch Bedeutungskonstruktionen beeinflusst werden können, und wie, in der Folge, staatliche Akteure kollektive Verhaltensstandards internalisieren können.
This work examines the effect of normative and communicative international adjustment pressure on national compliance performances. To what extent does socialization determine domestic conformity with international norms? Which are the mechanisms that can change the preferences of national implementing actors? The most likely case context chosen for this scientific endeavor is the transformatively acting EU East Enlargement process. More specifically, the complex EU Directive on Environmental Impact Assessment has been analysed with regard to its transposition and application in the two test cases Poland and Lithuania. For establishing evidence for the presence of socialization in international relations theorytesting process tracing has been the method of choice that operates on the basis of the Bayesian Logic of Subjective Probability. Socialization mechanisms have not been present in the Polish case study, neither in its manifestation as social influence nor persuasion. By contrast, the presence of persuasion could be detected for Lithuania. The Lithuanian case study exhibits considerable evidence for effective internationalization of the socializers’ communication contents. An analysis of the bilateral mentor-socializee-relationsship between Finnland and Lithuania can be read as if representing a best practice case for socialization via persuasion. Scope conditions for effective persuasion seem to encompass a thorough understanding for the cultural context of the receiving country. Furthermore, on the basis of the insights regarding the Lithuanian case study, it can be shown, that a timely integration of all relevant stakeholders into the implementation process is vital for identifying potential veto players and taking account of their respective mindsets. In summary, this study has shown that by applying Bayesian Logic it is possible to advance significantly and intersubjectively the confidence in the actual presence of socialization mechanisms in international relations. In consideration of this research finding it is deemed as appropriate for a deeper scientific understanding of state behavior to also in the future consider the influence of constructions of meaning on preference building processes and to study the mechanisms by which national actors can internalize collective standards of behavior.