Einleitung: Primäres Ziel dieser retrospektiven Studie war es, unabhängige Prädiktoren für einen Status epilepticus (SE), akut-symptomatische sowie erstmalige epileptische Anfälle in der Rettungsstelle zu identifizieren, um so die Ersteinschätzung und Anfallszuordnung zu erleichtern. Ferner sollte die Relevanz der Kreatinkinase und des Laktats zur Differenzierung generalisiert tonisch-klonischer (GTKA) und einfach-/komplex-fokaler Anfälle ermittelt werden. Methode: Patienten ≥18 Jahren, die sich 2014 mit der Diagnose ICD-10 G40.x, G41.x oder R56.x in den Rettungsstellen der Charité vorstellten, wurden analysiert. Demographische und klinische Daten sowie diagnostische und therapeutische Schritte wurden erfasst. CK und Laktat wurden in Abhängigkeit zur Latenz zwischen Anfall und Blutentnahme verglichen. Ein SE wurde als Anfall mit einer Dauer >5 Minuten definiert. Ergebnisse: 779 Patienten (36% weiblich, medianes Alter 50 Jahre [33-66 IQR]) entsprachen den Einschlusskriterien. Bei 10% der Patienten wurde die Diagnose eines SE gestellt. Unabhängige Prädiktoren für einen SE waren höheres Lebensalter, erster Anfall, fokale Anfallssemiologie und vorbestehende antikonvulsive Medikation (AED). Von 695 Patienten mit einem epileptischen Anfall hatten 170 einen akut-symptomatischen Anfall. Dieser war unabhängig mit männlichem Geschlecht, GTKA sowie einem Erstanfall assoziiert. 80% der akut- symptomatischen Anfälle waren metabolisch-toxischer Genese, 20% waren auf eine akute zerebrovaskuläre Erkrankung zurückzuführen. Etwa ein Drittel aller Anfälle war ein Erstereignis. Prädiktoren für erste Anfälle waren höheres Lebensalter, GTKA und eine ursächliche akute ZNS-Läsionen. Bei 60% konnte nach Erstereignis die Diagnose einer Epilepsie gestellt werden. Eine kraniale Bildgebung, die Gabe von AED sowie die Intubation erfolgten bei SE, bei akut- symptomatischen und erstmaligen Anfällen signifikant häufiger. Die Sensitivität einer/eines erhöhten Kreatinkinase/Laktats zur Detektion GTKA lag bei 42%/70%, die Spezifität bei 83%/81%. Betrug die Latenz zwischen Blutabnahme und Anfall <3 Stunden, lag die Sensitivität der Kreatinkinase/Laktats bei 41%/77%, die Spezifität bei 85%/80%. Schlussfolgerung: Zur Detektion eines GTKA in Abgrenzung zu fokalen Anfallstypen hat das Laktat in der Akutsituation gegenüber der CK eine höhere Sensitivität bei etwa gleicher Spezifität. Daher sollte konsequent nach Eintreffen in der Rettungsstelle eine Blutabnahme inklusive Bestimmung von Laktat erfolgen. Aufgrund der Dominanz der Alkoholentzugsanfälle ist ferner die Bestimmung des Ethanolspiegels zu empfehlen. Eine mögliche Erklärung für das Überwiegen metabolisch-toxischer Anfälle könnte sein, dass akut- symptomatische Anfälle zerebrovaskulärer Genese zwar innerhalb der ersten 24 Stunden jedoch seltener während des engen Zeitfensters bis zum Eintreffen in die Rettungsstelle auftreten. Aufgrund der Korrelation zwischen SE, Erstereignissen und einem höheren Alter und des demographischen Wandels kann mit einer Zunahme der Inzidenz von SE und epileptischen Anfällen gerechnet werden, was mit einem Anstieg der direkten und indirekten Gesundheitskosten einhergehen würde.
Introduction: Our main aim was to identify independent predictors for SE as well as acute symptomatic and first seizures in the emergency department (ED) to facilitate initial allocation of seizures. Furthermore, we investigated the use of postictal creatine kinase (CK) and lactate to distinguish between generalized tonic-clonic (GTCS) and simple/complex partial seizures. Methods: Patients ≥18 years, who were admitted to ED of the Charité in 2014 with the ICD-10 codes of G40.x, G41.x and R 56.x, were examined. Data on demographic details and seizure characteristics, diagnostic procedures and treatments were retrieved from our in-house database. CK and lactate levels were compared with respect to the time point of blood sampling. SE was defined as a clinical seizure lasting for more than 5 minutes. Results: 779 patients (36% female, median age 50 years [33-66 IQR]) met the inclusion criteria, of which 10% were diagnosed having a SE. Independent predictors for SE were older age, simple or complex partial seizures, de-novo manifestation and preexisting anticonvulsant treatment (AED). Out of 695 patients with epileptic seizures, 170 had an acute symptomatic seizure, which was associated with male sex, GTCS and first seizure. 80% were caused by metabolic toxic changes, 20% by an acute cerebrovascular accident. A third of the patients presented with a first epileptic seizure which was independently related to older age, GTCS and acute cerebral lesions. Neuroimaging, antiepileptic treatment and intubation were performed significantly more often after SE, acute symptomatic seizure and first seizure, compared to epileptic seizure, unprovoked seizures and seizure relapses. The sensitivity of an increased CK/lactate was 42%/70% and the specificity 83%/81%. When blood sampling was taken within less than 3 hours after epileptic seizures, the sensitivity of CK/lactate was 41%/77% and the specificity 85%/80%. Conclusions: In the acute situation, lactate had a higher sensitivity and equal specificity than CK. Therefore, an immediate blood sample inclusive lactate should be drawn. Due to the dominance of acute symptomatic seizures caused by alcohol withdrawal, blood alcohol level should also be determined. The higher occurrence of metabolic-toxic compared to cerebrovascular related seizures may be explained by the hypothesis that seizures caused by acute cerebrovascular lesions may usually happen within 24 hours but not within the short time frame till arrival at the ED. Bearing in mind the correlation between older age and SE/first seizure, a possible consequence of demographic development may be the increase of SE/epileptic seizures with a rise of direct and indirect health costs.