Protein-Proteininteraktionen regulieren durch die spezifische Bindung zwischen Ligand und entsprechender Proteindomäne ein Netzwerk von Signaltransduktionskaskaden. Die Interaktion zwischen PDZ (PSD-95/Dlg/ZO-1)-Domänen und ihren Liganden spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau von Netzwerken an Signalproteinen. PDZ-Domänen bestehen aus ca. 90 Amino-säuren und weisen eine konservierte Struktur aus beta-Faltblatt, Bindungsloop und alpha-Helix auf. Mit dem Ziel, Liganden von PDZ-Domänen zu identifizieren, wurden im ersten Teil der vorliegenden Arbeit umfangreiche Interaktionsstudien in Hefen und Säugerzellen durchgeführt. Mit Hilfe des Hefe Zwei-Hybrid Systems wurden mit den C-Termini von ErbB2 (human homolog to the erythroblastose-virus B2) und EphrinB1-3 (ligand of EPH-related receptor tyrosine kinase B1-3) die Zielsequenzen für PDZ-Domänen darstellen, neue Bindungspartner gesucht. Das Protoonkogen ErbB2 gehört zu der Familie der epithelialen Wachstumsfaktor-Rezeptoren, die mittels ihrer Tyrosin- Kinaseaktivität Zellproliferation und Zelladhäsion regulie-ren können. Ephrine aktivieren als Liganden der Eph (erythropoietin-producing hepatocarcino- ma)-Rezeptoren eine bidirektionale Signalkaskade, die u.a. die Angiogenese steuert. Für EphrinB 1-3 wurden in der vorliegenden Arbeit Jab1 (jun activating domain binding protein) und c6.1A als C-terminale Interaktionspartner des GABA (gamma-aminobutyric acid)-Rezeptor identifiziert. Jab1 und c6.1A besitzen keine PDZ-Domäne. Beide Proteine besitzen eine Jab1/ MPN-Domäne. Die Jab1/MPN-Domäne könnte, ähnlich der PDZ-abhängigen Interaktion, eine weitere Form der komplexen Proteinvernetzung vermitteln. Für die Jab1/MPN-Domänen wurde eine Isopeptidaseaktivität nachgewiesen, die zur Ubiquitinierung zahlreicher Proteine beiträgt. Für ErbB2 konnte ein bis dahin unbekanntes PDZ-Protein als Bindungspartner identifiziert werden. Dieses PDZ- Protein wurde von Borg et al. (2000) später als Erbin (ErbB2 interacting protein) beschrieben. Zur Identifikation von weiteren PDZ-abhängigen Bindungspartnern von Erbin und Scribble, einem Erbin ähnlichen PDZ-Protein, wurden diese im Hefesystem mit 15 möglichen PDZ-Liganden getestet. So konnte u.a. das Multidomänen-Protein Bcr (breakpoint cluster region) als Ligand für die PDZ-Domäne von Erbin identifiziert werden. Während der Suche nach weiteren Erbin-PDZ-Liganden wurde in Kopräzipitationsversuchen beta-Catenin als Bindungspartner nachgewiesen. Weiterhin konnte Bcr als PDZ-unabhängiger Interaktionspartner von beta-Catenin identifiziert werden. Beta-Catenin spielt im Wnt-Signal-transduktionsweg (Wingless, Drosophila; INT, Vertebraten) als Regulator der Tcf (T cell factor)-abhängigen Transkription eine zentrale Rolle. Beta-Catenin bildet im Zellkern mit den Tcf-Trans-kriptionsfaktoren einen transkriptionell aktiven Komplex, der die Genexpression der Zielgene des Wnt-Signaltransduktionsweges reguliert. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde der Einfluß der beiden beta-Catenin Bindungspartner, Bcr und Erbin, auf die Tcf-abhängige Genexpression untersucht. Beide Proteine wurden mittels eines Reportersystems hinsichtlich ihres Einflusses auf die beta-Catenin/Tcf- abhängigen Genexpression untersucht. Beide Proteine wurden als Inhibi-toren der induzierten Tcf-abhängigen Transkription charakterisiert. Mit der Charakterisierung von Erbin als Modulator der Tcf-abhängigen Transkription, wurde auch eine N-terminal verkürzte Variante von Erbin getestet, die im Gegensatz zu Erbin vor allem im Zellkern lokalisiert ist. Dieses Erbin-Protein erwies sich expressionsabhängig als starker Aktivator der Tcf-abhängigen Transkription. Die Untersuchung verschiedener Tumorzelllinien in dieser Arbeit ergab Hinweise für die Expression verschiedener Erbin-PDZ-Proteine. Spleißva- rianten von Erbin könnten sich somit gegensätzlich zu Erbin Wildtyp in der Beeinflussung der Tcf-abhängigen Genexpression verhalten. Bcr wurde unter beta-Catenin-induzierten Bedingungen als ein effizienterer Inhibitor der Tcf- abhängigen Transkription identifiziert als Erbin. Für Bcr und den Tcf- Transkriptionsfaktoren wurde nachgewiesen, daß sie mit einer ähnlichen Proteinregion von beta-Catenin interagieren. Somit könnte Bcr als kompetetiver Inhibitor der beta-Catenin/Tcf-Komplexbildung die Tcf-abhängige Transkription regulieren. Nach transienter Überexpression von Bcr in HCT116-Zellen, einer Tumorzelllinie, die eine erhöhte beta-Catenin/Tcf4-Menge aufweist, wird die Expression von c-Myc reduziert. Die Re-duktion der endogenen Expression von Bcr in HEK293-Zellen mittels kurzer inhibitorischer RNA (siRNA) führt zu einem nachweisbaren Anstieg der Expression von c-Myc. Somit kann die endogene Menge von Bcr die Expression der Zielgene des Wnt-Signaltransduktionsweges beein- flussen. In der Literatur wird Bcr meist in Verbindung mit dem Bcr-Abl Fusionsprotein beschrieben. Die drei Fusionsproteine p190Bcr-Abl, p210Bcr-Abl und p230Bcr-Abl werden als eine Ursache der Leukä-mien CML (chronic myelogenous leukemia) und ALL (acute lymphocytic leukemia) beschrie-ben. In den letzten Jahren wurden Studien publiziert, die belegen, daß Bcr den onkogenen Phäno-typ von Bcr-Abl z.T. kompensieren kann. Wie dies geschieht, konnte bisher nicht exakt geklärt werden. Im Vergleich zwischen Ph1 (Philadelphia-Chromosom) positiven und Ph1 negativen leukämischen Zellinien konnte eine sehr starke Reduktion der Expression vom Bcr in Ph1 positiven leukämischen Zelllinien nachgewiesen werden. In der vorliegenden Arbeit wurde für Bcr-Abl keine Interaktion mit beta-Catenin nachgewiesen, obwohl das Bindemotiv vorhanden ist. Somit liegt in Bcr-Abl exprimierenden Zellen ein Defizit an Repression von z.B. Tcf4-abhängiger Transkription vor und Onkogene, wie sie für den Bcr-Abl Phänotyp beschrieben sind, können stärker exprimiert werden. Mit diesen Resultaten ist ein neues Verständnis von Bcr als negativem Regulator proliferativer Prozesse und der Bcr-Abl-induzierten pathogenen Effekte möglich. Weiterhin konnte Bcr als Interaktionspartner von Tcf1, dem Repressor der beta-Catenin/Tcf4-abhängigen Genexpression, identifiziert werden. Der Tcf1/Bcr-Komplex wird unter nicht Wnt-induzierten Bedingungen gebildet. Nach Induktion des Wnt-Signaltransduktionsweges durch Stimulierung mit IGF (insulin-like growth factor) wird dieser Komplex dissoziiert. Bcr könnte unter nicht Wnt-induzierten Bedingungen als Interaktionspartner von Tcf1 Einfluß auf dessen Tcf-abhängige Repressorfunktion nehmen. Dies wäre z.B. durch die Modifikation der Interaktion zwischen beta-Catenin und Tcf1 möglich. Die Repressorfunktion von Tcf1 wird vor allem mit der Deletion des N-Terminus der Tcf1-Spleißvarianten erklärt, die keine Bindung mit beta-Catenin mehr eingehen können, aber noch über ihre DNA-bindende Domäne verfügen. Bisher gibt es keine Erklärung dafür wie Tcf1 Wildtyp eine solche Rolle erfüllen könnte. Tcf1 kodiert für die gleichen Proteindomänen wie Tcf4 und könnte somit ebenfalls als aktiver Transkriptionsfaktor agieren. Bcr als Interaktionspartner von Tcf1, nicht aber von Tcf4, könnte erstmals eine Erklärung für ein häufig "stummes" Tcf1 Wildtyp im beta-Catenin-Signalweg geben. Die Bcr/Tcf1-Komplexbildung könnte einen weiteren negativ regulatorischen Einfluß von Bcr aufdecken und die Auswirkungen der reduzierten Expression von Bcr im Krankheitsbild von CML noch verständlicher machen.
Protein-protein interactions regulate signal transduction cascades, or networks, by specific binding of a binding domain and its cognate ligand. PDZ domains (also termed PSD-95/Dlg/ZO-1 domains) and their ligands, i.e. hydrophobic C-terminal domains, play a significant role in specific signalling networks. PDZ domains consist of about 90 amino acids with a conserved structure of a beta-sheet, binding loop and an alpha helix. The aim of the first part of this work was to identify PDZ ligands by using interaction studies in yeast and mammalian cells. The C-termini of ErbB2 (human homolog to erythroblastose virus B2 protein) and EphrinB1-3 (EPH related receptor tyrosine kinase B1-3) were used as baits in the yeast two-hybrid system to identify novel ligands. The proto-oncogene ErbB2 is a member of the epithelial growth factor receptor family, which regulate cell adhesion and proliferation via tyrosine kinase activity. Ephrines, ligands of eph (erythropoietin- producing hepatocarcinoma) receptor, activate a bidirectional signalling cascade that regulates angiogenesis, among other pathways. EphrinB1-3 were identified in this work as interaction partners of Jab1 (jun activating domain binding protein). In addition, c6.1A was identified as a C-terminal interaction partner of the GABA (gamma-aminobutyric acid) receptor. Neither Jab1 nor c6.1A contain a PDZ domain, but they do share a conserved motif, the Jab1/MPN domain, which may mediate another form of complex protein interaction network. Jab1/MPN domains have been shown to have isopeptidase activity, which is involved in ubiquitination of a variety of proteins. A previously unknown interaction partner of ErbB2 was identified in this work. This PDZ domain containing protein was described as Erbin (ErbB2 interacting prtein) during the course of this work by Borg et al. (2000). Erbin and Scribble (an erbin- like PDZ protein) were screened against 15 possible PDZ interactors in the yeast two-hybrid system. Among others, the multidomain protein Bcr (breakpoint cluster region) was found to interact with the Erbin PDZ domain. In the course of screening for further Erbin-PDZ ligands, beta-catenin was identified as an interactor using coimmunoprecipitation. Further, Bcr was found to interact with beta-Catenin independently of a PDZ domain. Beta-catenin plays a central role in the wnt (Wingless, drosophila; INT, invertebrates) signal trans- duction pathway. Beta-catenin forms a transcriptionally active complex with Tcf transcription factors in the nucleus, thus regulating expression of wnt target genes. In the second part of this work, the influence of the beta- catenin interaction partners Bcr and Erbin on Tcf-dependent promoter activity was investigated. Under beta-catenin inducing conditions, both Bcr and Erbin were found to inhibit Tcf-dependent transcription. Along with Erbin, an N-terminally truncated variant of Erbin that is, contrary to Erbin, mainly localized in the nucleus, was tested for its effect on Tcf-dependent transcription. This Erbin variant exhibited a strong, dose-dependent activator effect of Tcf dependent transcription. Analysis of various tumor cell lines showed expression of several Erbin-PDZ proteins. Erbin splice variants may therefore have the opposite effect on Tcf dependent transcription compared to full length Erbin. Under Wnt inducing conditions, Bcr was a more efficient inhibitor of Tcf-dependent transcription than Erbin. It was shown that Bcr and Tcf transcription factors interact with the same region of beta-catenin. This, Bcr could act as a competitive inhibitor of beta-catenin/Tcf interaction, thus regulating Tcf-dependent transcription. Transient overexpression of Bcr in HCT116, a tumor cell line expressing an increased level of beta-catenin/Tcf, reduces the expression of c-Myc. Reduction of Bcr expression in HEK293 cells using short inhibiting siRNA resulted in measurably increased expression c-Myc. These findings indicate that the endogenous level of Bcr influences the expression of Wnt target genes. Bcr is usually brought in conjunction with the Bcr-Abl fusion protein. The three fusion proteins, p190 Bcr-Abl, p210 Bcr-Abl, and p230 Bcr-Abl are thought to be a cause for CML (chronic myelogenous leukaemia) and ALL (acute lymphocytic leukaemia). In recent years it has been shown that Bcr is able to compensate for the oncogenic effect of Bcr-Abl, but the mechanism of this phenomenon was unclear. Comparison of Ph1 (Philadelphia chromosome) positive and Ph1-negative leukemic cells showed a significant reduction of Bcr expression in Ph1 positive cells. In this work, Bcr-Abl interaction with beta-catenin was shown not existent, although a cognate binding motif is present. Thus, in cell lines expressing Bcr-Abl, there is a deficit of repression of Tcf4-dependent transcription, e.g., leading to increased expression of oncogenes that has been described for the Bcr-Abl phenotype. The results of this work yield a completely new understanding of Bcr as a negative regulator of the Bcr-Abl oncoprotein. In addition, Bcr was identified as an interaction partner of Tcf1, a repressor of beta-Catenin/Tcf4 dependent gene expression. The Tcf1/Bcr complex is formed even under wnt- noninduced conditions. Induction of the wnt signalling pathway due to stimulation with IGF (insulin-like growth factor) leads to dissociation of the complex. Bcr is thought to determine Tcf-dependent gene repression under wnt- noninducing conditions as its interaction partner. A possible mechanism for this hypothesis is the modulation of beta-Catenin/Tcf1 interaction. The repressor activity of Tcf1 is mainly explained by N-terminal deletions in Tcf1 splice variants that can no longer interact with beta-Catenin while retaining their DNA binding domain. No hypothesis exists so far that would explain how Tcf1 wild type might fulfill such a role. Tcf1 codes for the same protein domains as Tcf4 and could therefore act as an active transcription factor as well. Bcr as an interaction partner of Tcf1, but not of Tcf4, could yield a novel explanation for an apparently silent Tcf1 wild type in the beta- Catenin/Tcf1 signalling pathway. The detection of a Bcr/Tcf1 complex may shed light on a new negative regulatory activity of Bcr. These findings may lead to better understanding of the role of reduced Bcr expression in CML.