Seit Einführung des Psychotherapeutengesetzes 1999 besteht für angehende Psychologische PsychotherapeutInnen (mit dem Ziel einer Approbation) in Deutschland die doppelte Anforderung, sowohl Grundkenntnisse in mehreren „Verfahren“ als auch eine Vertiefung in einem „wissenschaftlich anerkannten Verfahren“ zu erwerben. In dieser Arbeit wurde daher untersucht, was in TherapeutInnen vorgeht, wenn sie sich während der Ausbildung mit verschiedenen „Therapieverfahren“ oder „Therapieschulen“ auseinandersetzen. Da gerade in der Verhaltenstherapie eine Überschneidung mit anderen Therapieansätzen besonders relevant ist („Dritte Welle der Verhaltenstherapie“) und die Verhaltenstherapie in den letzten Jahren eine besondere Verbreitung erfahren hat, wurden exemplarisch TherapeutInnen untersucht, die eine Ausbildung mit Schwerpunkt im Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie absolvieren. In Problemzentrierten Interviews wurden AusbildungsteilnehmerInnen an vier Ausbildungsinstituten zu ihrer Auseinandersetzung mit Verhaltenstherapie und anderen Therapieansätzen befragt. Die Interviews wurden in Anlehnung an die Methode der Grounded Theory ausgewertet. Die TherapeutInnen erwiesen sich als konstruierende Jongleure: Um die verschiedenen Erfahrungen mit VT und anderen Richtungen zu einem stimmigen therapeutischen Selbstverständnis zusammenzufügen, konstruieren sie Verhaltenstherapie und andere Therapieansätze jeweils auffallend unterschiedlich. Gemeinsames Kennzeichen des Konstruktionsprozesses ist aber ein Wechsel zwischen Assimilation (Einpassen von Erfahrungen in die bestehende Definition von Verhaltenstherapie und anderen Richtungen) und Akkommodation (Neuorganisation dieser Definitionen). Je nach Erfahrungen vor und während der Ausbildung gestaltet sich dieser Prozess ganz unterschiedlich und mündet entweder in eine Selbstdefinition als VerhaltenstherapeutIn oder als Relative(r) VerhaltenstherapeutIn oder als PsychotherapeutIn. Die Ergebnisse verdeutlichen also, dass sich hinter der Bezeichnung „VerhaltenstherapeutIn“ sehr verschiedene und komplexe Positionierungsprozesse von TherapeutInnen verbergen können. Außerdem zeigen die Befunde, dass die Position, die ein(e) TherapeutIn bezüglich eines „therapeutischen Verfahrens“ vertritt, keineswegs ausschließlich durch inhaltlich-wissenschaftliche Argumente geprägt ist. Vielmehr scheinen dabei vielfältige emotionale und kognitive Prozesse eine Rolle zu spielen. Es wird dafür plädiert, diese Prozesse systematisch zu untersuchen.
In Germany, psychotherapists in training are obliged to specialize in one approach of psychotherapy and to gain basic knowledge of other approaches of psychotherapy at the same time. Given this dual expectation, the aim of this study was to investigate how psychotherapists relate to different approaches of psychotherapy during their training. Therapists in cognitive-behavioral therapy (CBT) training were studied exemplarily since CBT is increasingly overlapping with other approaches of therapy (“third wave of CBT”). In addition, CBT has gained increased popularity. Problem-focused interviews with 20 cognitive-behaviour therapists in four different training programs were conducted, and the data was analyzed using grounded theory. Results indicate that trainees can be described as “constructing jugglers”: To merge their various experiences with CBT and other approaches and to develop a coherent professional self, psychotherapists in training construe CBT and other approaches in many different ways. At the same time, this construction process is characterized by an important commonality: All therapists alternate between assimilation (adapting new experiences to existing definitions of CBT and other approaches) and accommodation (reorganisation of existing definitions). This process then leads to different professional selves: Self-definition as CBT therapist, as Relative CBT therapist or as Psychotherapist. Thus, the results show that the same term (“CBT therapist”) can actually refer to very different and markedly complex processes of self-definition in psychotherapists. In addition, the data demonstrate that therapists’ arguments are not only influenced by scientific criteria but are also influenced by various emotional and cognitive processes. These processes need to be examined systematically.