Die "Truth and Reconciliation Commission" (TRC) wurde 1995 in Südafrika eingerichtet, um die schweren Menschenrechtsverletzungen, die zwischen 1960 und 1994 unter der Apartheid begangen wurden, zu untersuchen. Ihre Aufgaben umfassten, neben Anhörungen von Überlebenden und Tätern, die Ausarbeitung von Entschädigungsempfehlungen sowie das Erstellen eines Berichts. Die vorliegende Analyse untersucht auf der Grundlage einer umfassenden Darstellung der Arbeit der TRC deren Wirkung auf Opfer, Täter und Gesellschaft, gemessen an ihrer gesetzlichen Zielvorgabe, der Förderung von "Wahrheit" und "Versöhnung". Konnten durch die Anhörungen und Entschädigungszahlungen das vom Gesetzgeber formulierte Ziel des Wiederherstellens der Würde der Opfer erreicht werden? Konnte ein Amnestieversprechen Täter motivieren, die von ihnen begangenen Verbrechen zu gestehen und welche Folgen zeitigten solche Geständnisse? Welche Wirkung hatte das überwiegende Schweigen der Täter? Hat die intensive Medienberichterstattung über die Anhörungen zu einem Einstellungswandel innerhalb der Bevölkerung und zur Abnahme interethnischer Vorurteile beigetragen? Konnte die TRC auf lokaler Ebene einen Beitrag zum Abbau von Spannungen leisten? Und schließlich: In welcher Weise beeinflusste der in Südafrika gewählte Weg des Umgangs mit der Vergangenheit den Aufarbeitungsprozess anderer Transitionsgesellschaften? Entgegen dem in der öffentlichen Wahrnehmung überwiegend positiv gezeichneten Bild, werden in dieser Policy-Analyse auch nachteilige Auswirkungen der Arbeit der TRC aufgezeigt, wie Retraumatisierungen der Opfer als Folgen der Anhörungen. Kritisch wird auch die Entschädigungspolitik analysiert sowie die Folgen der Amnestieverfahren, die im Gegenzug zu einem umfassenden Geständnis schwerer Menschenrechtsverletzungen in der Regel zu einer vollständigen Straffreiheit führten. Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass Wahrheit und Versöhnung in Südafrika nur in begrenztem Umfang erreicht werden konnten. Unter anderem aufgrund der fast vollständigen Vernichtung staatlichen Aktenmaterials und des Corpsgeistes innerhalb des Militärs bleiben weiterhin viele Verbrechen unaufgeklärt. Trotzdem konnten durch die Arbeit der TRC sehr viel mehr Fälle schwerer Menschenrechtsverletzungen aufgeklärt werden, als dies durch Strafverfahren möglich gewesen wäre. Auf gesellschaftlicher Ebene konnte die TRC durch die umfassende Medienberichterstattung zwar zur Aufklärung der Bevölkerung, aber bislang nicht wesentlich zur Versöhnung beitragen, wie aus repräsentativen Umfragen hervorging. Die Hoffnung auf Versöhnung, verstanden als einträchtiges Miteinander der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, entsprang einer überzogenen Erwartung an die Möglichkeiten einer solchen Kommission. Denn die Ursachen innergesellschaftlicher Feindseligkeiten liegen vor allem in den durch die Apartheid geschaffenen enormen sozialen Disparitäten und in der strukturellen Gewalt des Apartheidsystems begründet und nicht ausschließlich in schweren Menschenrechtsverletzungen, wie sie von der TRC definiert wurden. Diese Feststellung möchte aber die Leistungen der TRC nicht schmälern. Der südafrikanische Weg der Vergangenheitsaufarbeitung hatte einen erheblichen Einfluss auf den Umgang mit dem Systemunrecht in anderen Transitionsgesellschaften, in denen Wahrheitskommission nach südafrikanischem Muster eingerichtet wurden. Südafrika bleibt für den nicht-retributiven Umgang mit schweren Menschenrechtsverletzungen das wichtigste Vorbild.
The Truth and Reconciliation Commission of South Africa (TRC) was established in 1995 to investigate the gross violations of human rights that were committed under the apartheid regime between 1960 and 1994. The TRC's mandate comprised holding hearings of survivors, granting amnesty to perpetrators, recommending reparation measures and publishing a report. This thesis examines the effect of the TRC on victims, perpetrators and society in South Africa on the basis of an extensive description of its work in respect to its goal, "the promotion of truth and reconciliation". To what extent could the commission - as it was expressed in the legislation - “restore the dignity of victims” by holding hearings and granting reparations? Did the granting of amnesty motivate perpetrators to come forward and what consequences had their confession? Did the media coverage of the TRC's work lead to a change of attitudes towards apartheid in society and did the reporting contribute to a reduction of racial prejudice? And last but not least: Did the South African approach influence the way of dealing with the past in other countries in transition? In contrast to the overwhelmingly positive image which dominates the public perception about the TRC, this policy-analysis also shows negative effects such as retraumatisation of victims. Reparation policy is analysed critically, as well as the impact of the amnesty process which resulted mostly in complete amnesty for perpetrators if they gave a comprehensive disclosure of their deeds. The thesis concludes that truth and reconciliation in South Africa was only achieved to a limited extent. Many deeds still remain undisclosed because of the almost complete destruction of archive material gathered by apartheid institutions and the "esprit de corps" within military structures. Nevertheless, through the TRC's work many more human rights violation were revealed than would have through criminal procedures. Inquiries into the public reaction have shown that on a societal level the TRC has contributed by the extensive media coverage to a broader knowledge of the apartheid past but not to reconciliation. The longing for reconciliation - understood as a harmonious unity of the South African nation – rose from exaggerated expectations on the possibilities of such a commission. The hostility within South African society has its roots in the enormous social differences that still exist as well as the past discrimination of black people and not in gross violation of human rights as defined by the TRC. It was not the Commission's mandate to deal with these problems. These findings are not meant to diminish the TRC's achievements. The South African Truth and Reconciliation Commission had a substantial impact on processes of transitional justice in other countries where truth commissions were implemented as well. South Africa remains the most important model for non retributive justice in the field of dealing with gross violations of human rights.