Neurotrophine erhalten die neuronale Plastizität beim Erwachsenen, regulieren die synaptische Aktivität und Neurotransmittersynthese und sind für die Regeneration von Neuronen unerlässlich. Neurone, die nicht die erforderliche Menge an Neurotrophinen bilden können, sterben den so genannten programmierten Zelltod. Die Neurotrophinhypothese postuliert, dass repetitive neuronale Aktivität die Expression, Sekretion und Aktivität der Neurotrophine an der Synapse verändert und somit die synaptische Transmission und Konnektivität steuern kann. Eine pathologische Veränderung von Neurotrophinen oder ihren Rezeptoren könnte somit zu neuronaler Fehlentwicklung, Dyskonnektivität und Problemen bei der Aussprossung der Neurone, die von Neurotrophinen gesteuert werden, führen, und damit zu einer verschlechterten neuronalen Plastizität. Neurotrophine, wie NGF oder BDNF werden von peripheren und zentralen Neuronenpopulationen, aber auch von immunkompetenten Zellen zum Wachstum, zur Differenzierung, zum Funktionserhalt und zum Überleben benötigt und teilweise auch von diesen unterschiedlichen Zellen selbst synthetisiert, gespeichert und ausgeschüttet. Ein Übertritt der Neurotrophine über die Bluthirnschranke erscheint zunehmend denkbar, weswegen diese Proteine neben Hormonen wie corticotropin-releasing hormone (CRH), Corticotropin und Cortisol zu den Bindegliedern zwischen äußeren Stressoren einerseits und endokrinen, immunologischen und psychischen Reaktionen andererseits zählen könnten. Frühe und insbesondere chronische Stressoren in der Entwicklung des Gehirns, die nach neuesten neurobiologischen Forschungsansätzen als Auslöser psychiatrischer Erkrankungen gesehen werden, könnten über Neurotrophinveränderungen zu gestörter neuronaler Konnektivität, und damit zu emotionalen, kognitiven und intentionalen Defiziten im Erwachsenenalter führen. Diese Hypothese bestätigen neueste Befunde, die zeigen, dass bei psychiatrischen Erkrankungen insbesondere neurodegenerative Veränderungen wie Zellverlust, Einschränkung der Plastizität oder neuronale Atrophie auftreten, die auf Störungen in der Entwicklung des Gehirns zurückzuführen sind. Um die Hypothese einer Beteiligung von Neurotrophinen bei psychiatrischen Erkrankungen zu erhärten und diese Proteine idealerweise für eine psychopharmakologische Intervention erschließen zu können, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten der Beweisführung: Veränderungen von Serumkonzentrationen der Neurotrophine wurden bei den meisten psychiatrischen Erkrankungen gefunden, hier ist die zentrale Hypothese, dass Konzentrationen von Neurotrophinen im Serum auch die Syntheseleistung des Gehirns und damit die zentrale Neurotransmission reflektieren könnten. Allerdings ist es sicher verfrüht, aus ersten Befunden erhöhter Konzentrationen von Neurotrophinen im Serum auf günstige Effekte im Gehirn zu schließen. Schließlich sind die Quellen peripherer Neurotrophinproduktion weitgehend unerschlossen, und entsprechend könnten Veränderungen von Konzentrationen der Neurotrophine im Serum bei psychiatrischen Erkrankungen auch auf Epiphänomenen beruhen. Außerdem bleibt hier die Frage offen, ob Veränderungen von Neurotrophinkonzentrationen im Serum als primär-kausal oder sekundär-reaktiv angesehen werden können. Tierversuche zeigen eine zentrale Regulation von Neurotrophinen durch verschiedene psychopharmakologischen Behandlungen sowie Veränderungen der Neurotrophinkonzentrationen in diversen Hirnregionen bei Tiermodellen psychiatrischer Erkrankungen. Ob diese Erhöhung von Neurotrophinen beim Tier durch psychopharmakologische Behandlungen auf eine verbesserte Plastizität, kognitive Leistungsfähigkeit oder verminderte Depressivität schließen lassen, und diese Befunde zudem auf den Menschen übertragbar sind, bleibt sicher in klinischen Studien zu überprüfen. Genetische Assoziationsstudien konnten Neurotrophinpolymorphismen mit bestimmten psychiatrischen Krankheitsbildern verknüpfen. In diesen Studien wurde gezeigt, dass Neurotrophinpolymorphismen Untergruppen von Probanden erklären, die auf bestimmte Psychopharmaka respondieren (Schizophrenie) oder eine erhöhte Vulnerabilität für eine bestimmte Erkrankung aufweisen (Depression). Zusammenfassend bilden Neurotrophine einen hochrelevanten Beitrag zur Beantwortung der Frage nach pathogenetischen Grundlagen psychiatrischer Erkrankungen und der Wirkungsweise psychopharmakologischer Therapien.
Neurotrophins obtain neuronal plasticity in adults, regulate synaptic activity and synthesis of neurotransmitters and are essential for regeneration processes in neuronal populations. Neurons, which are unable to produce an essential amount of neurotrophins die the so-called programmed cell death. The neurotrophin hypothesis postulates that repetitive neuronal activity changes secretion and activity of neurotrophins on the synapse and thereby drives synaptic transmission and connectivity. Pathologic changes of neurotrophins or their receptors might therefore lead to neuronal maldevelopment, dysconnectivity and problems with sprouting of neurons and result in deterioration of neuronal plasticity. Peripheral and central neuronal populations but also immunocompetent cells synthesize store and release neurotrophins like NGF or BDNF to save survival, differentiation, growth and functioning. Beside corticotropine or corticotropine-releasing hormone neurotrophins have been discussed to act as link between external stressors at one hand and endocrinological, immunological and psychological stressors at the other hand. Early or especially chronic stressors in brain development, which have been postulated as triggers of neuropsychiatric disorders could lead to disturbances of neuronal connectivity via neurotrophin changes and therefore cause deficits in emotional, cognitive and intentional problems in adults. This hypothesis has been confirmed by recent findings showing neuronal cell loss, neurodegenerative changes and neuronal atrophy in psychiatric disorders. To develop a hypothesis of an involvement of neurotrophins in psychiatric disorders and ideally let neurotrophins take part in pharmacological intervention strategies several argumentations exist: 1\. Changes of serum concentrations of neurotrophins have been found in most of our psychiatric disorders and therefore might represent a disturbed synthesis of neurotrophins also in central parts of the brain, although the question remains open whether changes of neurotrophin serum concentrations are primary- causal or secondary reactive events. 2\. Animal studies show central regulatuon changes of neurotrophins after several psychopharmacological treatment strategies and changes of neurotrophin protein concentrations in animal models of psychiatric disorders. If this increase suggests also improved neuronal plasticity, cognitive performance or decreased depressive symptoms and if these findings are transferable to the situation in humans remains to be elucidated in clinical studies. Genetic association studies have shown neurotrophin polymorphisms being involved in several psychiatric disorders. These studies suggest a role of neurotrophin polymorphisms in subgroups of patients responding to psychopharmacological treatment strategies (schizophrenia) or an increased vulnerability to develop a special psychiatric disease (depression). In conclusion neurotrophins contribute in a highly relevant way to answering questions about pathogenetic basis of psychiatric disorders and mode of action of psychopharmacological treatment strategies.