Hintergrund und Stand der Forschung: Perivaskuläres Fettgewebe (PVAT) reguliert durch Freisetzung parakriner Modulatoren den Tonus viszeraler Gefäße. So wird die Gefäßantwort auf prokontraktile Mediatoren wie z.B. Angiotensin II, Serotonin und Phenylephrin in Abhängigkeit vom PVAT durch Sekretion des sog. Adipozyten-derived Relaxing Factors (ADRF) reduziert (1). In Tiermodellen der Adipositashypertonie geht dieser protektive antikontraktile Effekt des PVAT jedoch verloren (2). Die Adipositashypertonie gewinnt im klinischen Alltag zunehmend an Bedeutung. Pathophysiologisch liegt u.a. eine Hypertrophie des PVAT zu Grunde (3). Es kommt zu einer endothelialen Dysfunktion, die durch vermehrte Freisetzung pro-inflammatorischer und prokontraktiler Mediatoren vermittelt wird (3). Desweiteren werden reaktive Sauerstoffspezies gebildet und die Expression der NADPH-Oxidase induziert, was zu oxidativem Stress führt (3). Durch Aktivierung des Renin-Angiotensin- Aldosteron-Systems (RAAS) kommt es zusätzlich zu einem gesteigerten Sympathikotonus (3). Es konnte gezeigt werden, dass PVAT via ADRF-Sekretion in unterschiedlichen Gefäßen auch im Menschen einen protektiven antikontraktilen Effekt besitzt (4). In der Adipositashypertonie kommt es auch in humanen Gefäßen zu einer ADRF-Malfunktion, die sich u.a. durch o.g. Mechanismen kennzeichnet4. Kenntnisse zur ADRF-Natur und zu ADRF-induzierten Signalwegen könnten das Verständnis der Adipositashypertonie begründen und möglicherweise potente therapeutische Ansatzpunkte aufdecken. Trotz jahrelanger Forschung sind die endgültige Natur des ADRF sowie dessen Signalwege bislang jedoch weitgehend ungeklärt. In der Literatur gewinnen gasförmige Botenstoffe als parakrine Gefäßtonusmodulatoren zunehmend an Bedeutung. NO wurde in den 80er Jahren als potenter Vasodilatator entdeckt und nimmt heute einen zentralen Stellenwert u.a. in der antihypertensiven Behandlung ein. Weitere gasförmige Botenstoffe in der parakrinen Gefäßtonusmodulation sind H2S und CO. H2S wird in Gefäßen hauptsächlich durch die Cystathionin-γ-Lyase (CSE) und ferner durch die Cystathionin-ß-Synthase (CBS) aus L-Cystein synthetisiert (5), CO durch die Hämoxygenase-1 (HO-1) (6). Beide Botenstoffe können dosisabhängig Gefäße relaxieren (5,6). Eine PVAT-abhängige Wirkung wurde bislang nicht untersucht. ADRF wirkt u.a. über eine Aktivierung spannungsabhängiger Kalium (Kv)-Kanäle (1). KCNQ-Kanäle sind spezielle Kv-Kanäle, deren Bedeutung in der Gefäßtonusregulation erst kürzlich entdeckt wurde (7). Ob deren Wirkung PVAT- abhängig vermittelt wird, wurde bisher nicht untersucht. Fragestellung: Ziel dieser Arbeit war es, CO und H2S als potenzielle ADRF-Kandidaten sowie KCNQ- Kanäle als potenzielle ADRF-Zielstrukturen zu untersuchen. Methodischer Ansatz und zentrale Befunde: Um diese Hypothesen zu testen, wurden isometrische Kontraktionsmessungen an Rattenaorten sowie an CSE +/+ und an CSE -/- Mausaorten durchgeführt. Das PVAT der Gefäße wurde entweder entfernt ((-) Fett) oder intakt gelassen ((+) Fett). Je nach Protokoll wurden die Gefäße entweder stufenweise mit Serotonin kontrahiert oder nach Serotonin- Vorkontraktion stufenweise mit einem H2S-Donor relaxiert. Als exogene H2S- Donoren wurden NaHS und 5-(4-hydroxyphenyl)-3H-1,2-dithiol-3-thionin (ADTOH), als endogener Donor L-Cystein verwendet. KCNQ-Kanäle wurden durch XE-991 inhibiert. 4-Propargylglycin (PPG) und ß-Cyano-L-Alanin (BCA) sowie 2-(Aminooxy)-Essigsäure (AOAA) wurden zur Inhibition der CSE bzw. der CBS genutzt, Zinn-IV-mesoporphyrin-I (SnMP) und Zink-II-deuteroporphyrin (ZnDP) zur Inhibition der HO-1. Serotonin-Dosis-Wirkungskurven in Ratten- und Mausaorten zeigten einen deutlichen antikontraktilen Effekt der (+) Fettgefäße gegenüber der Gefäße ohne PVAT. HO-1-Inhibition hatte keinen Einfluss auf diesen Effekt. CSE-Inhibition produzierte in der Ratte einen deutlich reduzierten antikontraktilen Effekt, ohne einen Einfluss auf die (-) Fett- Gefäße zu haben. In der CSE +/+ Mausaorta konnte dieser Effekt nicht reproduziert werden. Auch eine CBS-Inhibition zeigte keinen Einfluss auf die Serotonin-Dosis-Wirkungskurven der Gefäße mit und ohne PVAT. XE-991 unterdrückte den antikontraktilen Effekt des PVAT hingegen fast vollständig. In CSE -/- Mausaorten zeigte sich der antikontraktile Effekt im Vergleich zum Wildtyp nicht signifikant verändert. ADTOH zeigte eine fast vollständige Vasorelaxation der vorkontrahierten Ratten- und Mausaorten. Auch NaHS produzierte eine dosisabhängige Relaxation der Gefäße, jedoch war diese nicht so stark ausgeprägt wie unter ADTOH-Applikation. Beide Relaxationen wurden durch XE-991 gehemmt. Auch L-Cystein induzierte in Mausgefäßen eine starke Relaxation. Dieser Effekt wurde durch CSE-Inhibition nicht signifikant beeinflusst. Bedeutung: Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass CO kein ADRF-Kandidat ist. CSE-H2S könnte in der Ratte einen ADRF-Kandidaten darstellen oder zumindest einen ADRF-modulierenden Effekt ausüben. In der Maus scheint CSE-H2S jedoch kein ADRF-Kandidat zu sein. Nichtsdestotrotz relaxiert H2S vorkontrahierte Mausorten. Es ist daher anzunehmen, dass H2S- Zielstrukturen in Mausaorten exprimiert werden, so dass untersucht werden muss, ob H2S möglicherweise den ADRF-Effekt modulieren kann. L-Cystein, welches durch die CSE unter H2S-Freisetzung abgebaut wird, scheint CSE- unabhängig einen relaxierenden Effekt auf Mausaorten auszuüben. Eventuell spielen hier bislang nicht untersuchte H2S-produzierende Enzyme eine Rolle. Kürzlich wurde die 3-Mercaptopyruvat-Synthase (3-MST) entdeckt, die H2S beim L -Cystein-Abbau freisetzt. Die Bedeutung der 3-MST in der Gefäßtonusregulation durch PVAT muss jedoch erst in weiteren Studien untersucht werden. ADRF scheint u.a. über Öffnung von KCNQ-Kanälen seinen antikontraktilen Effekt zu entfalten. Auch die H2S-induzierte Vasorelaxation scheint KCNQ-abhängig zu sein. Kürzlich wurde gezeigt, dass die Expression der KCNQ4-Kanäle in primärer und sekundärer Hypertonie reduziert ist (8). Desweiteren konnte gezeigt werden, dass eine Öffnung von KCNQ-Kanälen durch pharmakologische Botenstoffe wie Retigabine eine starke Relaxation von Gefäßen induziert (9). Möglicherweise stellt die Öffnung von KCNQ-Kanälen einen potenziellen antihypertensiven Therapieansatz dar. In den vorgestellten Ergebnissen relaxierte exogenes H2S vorkontrahierte Gefäße signifikant. Besonders eindrücklich war dieser Effekt durch ADTOH, welches eine fast vollständige Relaxation der Gefäße bewirkte. ADTOH ist der Dithiolethionrest des H2S- freisetzenden Aspirins (10). Es entfaltet teilweise die Wirkung der Nicht- steroidalen Antiphlogistika (NSAP) (10). Es supprimiert Thromboxan A2 und wirkt antiinflammatorisch (10). Zusätzlich moduliert das lokal freigesetzte H2S die Expression pro-inflammatorischer Moleküle und der NADPH-Oxidase (10). ADTOH greift demnach in die Signalwege ein, die pathophysiologisch als eine der Ursachen der Adipositashypertonie diskutiert werden. Eventuell könnte ADTOH einen Rescue-Mechanismus in der antihypertensiven Therapie darstellen. Die Interpretation der vorliegenden Ergebnisse wirft neue Fragen auf, die für das Verständnis der Gefäßtonusregulation durch PVAT von Bedeutung sind und in weiteren Studien untersucht werden müssen. Diese Arbeit stellt jedoch auch neue Erkenntnisse zum Verständnis des komplexen Regelkreises vor und liefert somit eine Basis für zukünftige Forschung sowie mögliche pharmakologische Ansatzpunkte zur Therapie der Adipositas-assoziierten Hypertonie.
The metabolic syndrome plays an increasing role in daily clinical procedure as well as in clinical research. Many cardiovascular risks – among this arterial hypertension – go along with the metabolic syndrome. As late as in the 1990ies first papers reported the importance of visceral fat in the regulation of vascular tone. Löhn et al. first showed that adipokines mediate the vascular tone in a paracrine manner. Research has shown that a so-called Adipocyte- Derived Relaxing Factor (ADRF) plays a key role in this regulation. However, some obesity and hypertension models lack the anticontractile effect of perivascular fat. Some attention has been paid to the nature of ADRF and molecular signalling. However, the nature of ARDF remains unknown. Its pathway and molecular targets are poorly understood. Hence this study tested the hypotheses that (1) CO and H2S might be potential ADRF candidates and that (2) KCNQ-channels play a role in the ADRF pathway as putative target molecules. Small vessel myography in rat and mice was used to investigate these hypotheses. Myography in rats showed that CO is not involved in the ADRF effect of rat aorta. However, H2S played – at least in part – a role in the regulation of vascular tone by perivascular fat. Whether H2S is a direct ADRF candidate in rat aorta or rather a modulator remains to be investigated by further research. In mouse aortic rings, a direct relation between CSE- depending H2S and the anticontractile effect of perivascular fat could not be verified. However, exogenous H2S seems to modulate the vascular tone of mouse aorta. It might be assumed that mouse aorta uses H2S from an unknown source, for instance from 3-Mercaptopyruvatsulfurtransferase, to mimic the ADRF effect. This observation might identify the missing link of a putative correlation between ADRF and H2S, suggesting that H2S rather modulates ADRF than being a direct candidate. Further study needs to be performed in order to test this hypothesis. Small vessel myography of rat and mouse aortic rings revealed new insights into the role of potassium channels in the regulation of vascular tone. KCNQ channels could be identified as important target structures of both, ADRF and H2S. Recent investigation shows that they may play a role in pathophysiology of vascular dysfunction in hypertension as well as in obesity-associated malfunction of perivascular adipose tissue. Thus, KCNQ channels may be a putative target in the pharmacological treatment of obesity-related hypertension. Further research needs to investigate this hypothesis. This study’s results pose new questions that need to be investigated in order to fully understand the complex regulation of vascular tone by adipose tissue, including adipokines, RAAS and H2S. However, this study presents new insight into the complex regulatory circuit and provides the basis for future investigation as well as for new pharmacological targets in the treatment of vascular dysfunction in obesity-associated hypertension.