Einleitung und Fragestellung: Adipositas ist eine weltweit zunehmende Erkrankung mit gravierenden Folgen für die Betroffenen und die Gesundheitssysteme. Die Adipositasgenese ist multifaktoriell, was die Behandlung erschwert. Therapieerfolge bleiben weit hinter den Erwartungen der Patienten und Therapeuten zurück, was oft Forschungsgegenstand war. In der vorliegenden Untersuchung ist erstmals der Bindungsstil adipöser Patienten und dessen Einfluss auf die Ergebnisse eines einjährigen Gewichtsreduktionsprogrammes evaluiert worden. Auch die Patient-Therapeuten- Beziehung und interpersonale Probleme wurden geprüft und in Beziehung zum Therapieerfolg und Bindungsstil gesetzt. Dabei wurde insbesondere der Fragestellung nachgegangen, ob unsicher gebundene Patienten von einem solchen Gruppenprogramm profitieren und zukünftige Behandlungs-konzepte abgeleitet werden können. Methodik: Zunächst wurde eine Pilotstudie mit 44 Teilnehmern durchgeführt. Mit Hilfe eines halbstandardisierten Interviews (EBPR) wurden der Bindungsstil und mittels Fragebogens (HAQ) die Patient-Therapeuten- Beziehung erhoben und in Beziehung zur Gewichtsreduktion gesetzt. Die Hauptstudie umfasste 107 Patienten. Hier standen die interpersonalen Muster (IIP-D, HAQ, Bindungsstil) und die psychische Belastung (BSI) im Mittelpunkt. Zudem wurden die Auswirkungen der Bindungsstile auf die interaktionelle Gruppentherapie untersucht und der Einfluss des Bindungsstils auf den Therapieerfolg nach 12 Monaten dargestellt. Ergebnisse: In der Pilotstudie konnte gezeigt werden, dass der Bindungsstil einen positiven Einfluss auf den Therapieerfolg und die Qualität der Patient-Therapeuten-Beziehung hat. Dieser Zusammenhang konnte in der Hauptstudie nur für die Patient-Therapeuten- Beziehung, nicht aber für den Therapieerfolg bestätigt werden. Bei den unsicher Gebundenen zeigten sich zu Beginn eine erhöhte Introvertiertheit und soziale Vermeidung sowie zu Beginn und am Ende des Programms eine erhöhte psychische Belastung. Nach Einbezug der psychischen Belastung als Kovariate unterschieden sich die Gruppen jedoch nicht mehr bezüglich der IIP-D-Skala „introvertiert/sozial vermeidend“. In Bezug auf die Gewichtsreduktion, unabhängig vom Bindungsstil, war das Programm erfolgreich. Eine Verbesserung der Patient-Therapeuten-Beziehung im Verlauf des Programms zeigte einen positiven Einfluss auf den Erfolg. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Bindungs- und Beziehungsvariablen relevante Marker für erfolgreiche Gewichtsreduktionsprogramme sind und diese entsprechend modifiziert werden sollten. Zunächst sollten der Bindungsstil und die weitere psychische Belastung erhoben und danach eine individuelle, auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnittene Therapieplanung erfolgen. Bei unsicher gebundenen Patienten sollten dann durch Einzel- oder Gruppenangebote zunächst eine Erhöhung der sicheren Bindungsanteile erreicht, psychische Belastung und interpersonale Probleme reduziert und die Gefühlsregulierung verbessert werden. In einem zweiten Schritt sollte dann auf die Gewichtsabnahme fokussiert werden. Eine Gruppe von sicher gebundenen Patienten, die psychisch nicht belastet ist, könnte dagegen bereits von Kurzzeittherapien profitieren. Vor der Etablierung im klinischen Alltag sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich.
Introduction: Obesity is a worldwide growing disease with serious consequences for persons affected and for healthcare systems. As the genesis of obesity is multifactorial, its treatment is complicated. Therapeutic success remains far below expectations of patients and therapists which has already been studied extensively. In this research, the attachment style of obese patients and its influence on the outcome of a one-year weight reduction program has been evaluated for the first time. Also the patient-therapist-relationship and interpersonal problems have been examined and set in relation to therapy success and attachment. In particular, we tested if insecurely attached patients can profit from such a group program and if future treatment concepts could be deduced. Methods: We conducted a pilot study with 44 participants. The attachment style was examined with a semi-standardized interview (AAPR) and the patient-therapist-relationship with a questionnaire (HAQ). Subsequently we related both to weight reduction. The following main study included 107 patients. We focused on interpersonal patterns (IIP-D, HAQ, attachment style) and psychological strain (BSI). Additionally we analyzed the effects of attachment on the interactional group therapy and described the influence of attachment on the therapy success after 12 months. Results: During the pilot study we could demonstrate the positive influence of secure attachment on therapy success and the patient-therapist-relationship. In the main study this effect could only be confirmed for the patient-therapist- relationship. For the insecurely attached persons an increased introversion/social inhibition was found starting the program and an increased psychological strain starting and ending the program. After including the BSI- score as covariate the two groups did not differ anymore in regard to the IIP-D-scale „introversion/inhibition“. Regarding weight reduction the program was successful independently from attachment style. An improvement of patient- therapist-relationship during the program showed a positive influence on the program success. Conclusion: The results of this research show the relevance of attachment and relationship variables for successful weight reduction programs which should be modified accordingly. The attachment style and extent of psychological strain should initially be measured to develop secondly an individual therapy plan that meets these patients’ needs. Within the group of insecurely attached, an increase of secure-attachment patterns should be achieved, the psychological strain and interpersonal problems should be reduced and the regulation of emotions should be improved. The focus on weight reduction should then follow secondly. Securely attached patients however, who show no or only little psychological strain, could profit even from short-time therapies. But before such an approach could be established in a clinical routine, further research is required.