Die in dieser Habilitationsschrift zusammengefassten empirischen Arbeiten befassen sich mit subjektiven Parametern im Kontext der koronaren Bypass- Operation. Unter Berücksichtigung von Alters- und Geschlechtseffekten wurde die Bedeutung von psychosozialen Variablen bei der Vorhersage von Mortalität und Lebensqualität untersucht. Insbesondere ging es um die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen depressiven Symptomen, Ursachenattributionen und verschiedenen Dimensionen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Die unterschiedlichen methodischen Zugänge waren in Hinblick auf die jeweilige Fragestellung ausgewählt: die Rasch-Analyse zur Untersuchung der latenten Struktur von zwei häufig eingesetzten Screeninginstrumenten zur Erfassung von depressiven Symptomen, die Methode des Propensity-Score-Matching für einen direkten Vergleich der Lebensqualität von Männern und Frauen und ein Strukturgleichungsmodell zur Bestimmung der prädiktiven Priorität von körperlicher Funktionsfähigkeit bzw. depressiven Symptomen. Für die deutsche Übersetzung des Messinstrumentes zur Erfassung der sozialen Unterstützung, das ESSI-D, wurden die psychometrischen Anforderungen an die wesentlichen Gütekriterien eines Messinstrumentes bestätigt und entsprachen weitgehend den Ergebnissen der amerikanischen Autoren des ESSI (ENRICHD Investigators, 2001). Eine weitere methodische Studie, die sich den psychometrischen Eigenschaften von HADS-D und PHQ-9 mit einer Rasch-Analyse näherte, konnte unter den strengen Anforderungen der probabilistischen Testtheorie ein gemeinsames Kernkonstrukt von PHQ-9 und HADS-D identifizieren. Die mit dieser Analyse identifizierten Kernitems könnten den Weg zur Entwicklung einer validen und ökonomischen Kurzform des PHQ-9 weisen. Vier Studien befassten sich mit subjektiven Parametern als Prädiktoren für Mortalität bzw. Lebensqualität. Die selbstberichtete körperliche Funktionsfähigkeit erwies sich als bedeutender präoperativer Prädiktor für Frühmortalität nach der Bypass-Operation. Gleichzeitig klärte die körperliche Funktionsfähigkeit gemeinsam mit dem Alter den Geschlechterunterschied bezüglich der Mortalität auf. Des Weiteren unterschieden sich Männer und Frauen auch in ihrer Ursachenzuschreibung der KHK, indem Männer häufiger auf ihr Gesundheitsverhalten attribuierten, Frauen häufiger auf das Schicksal. Bei der gesamten Patientengruppe waren vor allem Attributionen auf Stress oder Persönlichkeit mit depressiven Symptomen assoziiert. Frauen schätzten ein Jahr nach der Bypass-Operation auch unabhängig von ihrem klinischen Risikofaktorenprofil ihre körperliche Funktionsfähigkeit schlechter ein als Männer. Diese Varianz konnte zu einem wesentlichen Teil durch depressive Symptome aufgeklärt werden. Ein kreuzverschobenes Pfadmodell zeigte schließlich, dass depressive Symptome prädiktiv für eine schlechtere körperliche Funktion in den Monaten nach einer Bypass-Operation waren und nicht vice versa. Diese Zusammenhänge stellten sich insbesondere für Patienten mit einer systolischen Herzinsuffizienz stärker dar als für Patienten mit erhaltener LVEF. Diese Befunde fügen sich zu einem Bild zusammen und unterstreichen die Bedeutung von subjektiven Parametern für das physische und psychische Wohlbefinden. Auf der Grundlage der Ergebnisse ist eine systematische Integration von Fragen nach den Ursachenattributionen des Patienten, seiner wahrgenommenen sozialen Unterstützung, depressiven Symptomen und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität in das ärztliche Gespräch wünschenswert. Für die Empfehlung eines flächendeckenden Screening für Depression ist die Evidenzlage zur Wirksamkeit und Sicherheit von Interventionen bei dieser Patientenpopulation noch nicht ausreichend. Hier besteht dringender Forschungsbedarf.
The publications summarized in this treatise deal with subjective parameters concerning recovery from coronary bypass graft surgery. Taking into account age and gender effects, the predictive ability of psychosocial variables for early mortality and health-related quality of life was analyzed. In particular, the publications focus on the bidirectional relationship of depressive symptoms, causal attributions, and several dimensions of health- related quality of life. Within each analysis, the research question determined the methodological approach: a Rasch analysis to examine the latent structure of two prominent screening instruments for the assessment of depression, the propensity matching procedure to directly compare the quality of life of men and women, and structural equation modeling to assess the predictive priority of either physical functioning or depressive symptoms over time. The German translation of the ENRICHD social support inventory, the ESSI-D, fulfilled the psychometric requirements and confirmed the main results of the American authors of the ESSI (ENRICHD Investigators, 2001). One study, analyzing the psychometric properties with the Rasch analysis, identified a common core construct of the screening instruments for depression, PHQ-9 and HADS-D, which may lead to a valid and economic short form. Four studies addressed the predictive ability of subjective parameters as predictors for mortality and quality of life. Self-rated physical functioning proved to be an important predictor for early mortality after bypass surgery and also explained the gender difference in early mortality. Men and women differed in their causal attributions in that men more often attributed the cause of their illness to health behavior, whereas women more often cited destiny as an explanation for their condition. In both men and women, attributions to stress or personality were associated with depressive symptoms. One year after surgery, women still rated their physical functioning as worse than men independent of their clinical risk profile. Finally, a cross-lagged panel design showed that depressive symptoms predicted worse physical functioning after bypass surgery, but not vice versa. These associations were stronger for subjects suffering from systolic heart failure. The findings underline the importance of subjective parameters to physical and psychological well-being. On the basis of these results, the systematic integration of questions concerning causal attributions, perceived social support, depressive symptoms, and self-rated health in doctor-patient-communication would be desirable. Given the lack of valid data on the efficacy and safety of interventions for depression, recommendations for a comprehensive depression screening procedure for patients undergoing coronary bypass surgery seem premature. More research is urgently needed in this area.