Gegenstand der Arbeit ist die Stabilisierung des nuklearen Nichtverbreitungsregimes durch sein einflussreichstes Mitglied, die USA, in den neunziger Jahren. Untersucht werden drei Kampagnen, um Staaten wieder in das Regime zurückzuführen. Die Fallstudien behandeln den Nuklearwaffenverzicht der Ukraine, die Nuklearkrise in Nordkorea und die US-Kampagne gegen die nukleare Proliferation im Iran. Theoretischer Grundlage ist der neoliberale Institutionalismus, der die Entstehung und den Bestand von Institutionen anhand ihrer kooperationserleichternden Funktionen untersucht. Regime helfen staatlichen Akteuren dabei, miteinander zu kooperieren, indem sie Konsultationsverfahren, Informationen und Reziprozität bereitstellen. Dieser funktionale Kontext wird auch als Rahmenbedingung für die einzelstaatlichen Stabilisierungsmaßnahmen verstanden. Von besonderem Interesse war die Situation, dass die USA, um einen Regelbruch zu verhindern, sich auch genötigt sehen konnten, selbst Regeln des Regimes zu brechen. Regimeregeln werden hier differenziert in Verhaltens- und Verfahrensregeln. Erstere betreffen den Zweck der Kooperation, letztere die Implementierungs-, Verifikations- und Entscheidungsprozeduren. Drei Fragestellungen leiten die Arbeit: 1) Warum verletzten die USA bei ihren Kampagnen die Verhaltens- oder Verfahrensregeln des Nichtverbreitungsregimes? 2) Welche Möglichkeiten und Grenzen setzte das Nichtverbreitungsregime der einseitigen Politik der Amerikaner? War die Befolgung der Regimeregeln ein Faktor für den Erfolg der Nichtverbreitungskampagnen? Wenn ja, auf welche Weise beeinflusste die Verletzung der Regeln die amerikanische Stabilisierungspolitik? 3) Wie wurde die Wirksamkeit des Regimes beeinflusst, wenn die USA die Verhaltens- oder Verfahrensregeln bei ihren Kampagnen verletzen? Als Kiews Nuklearwaffenverzicht ausgehandelt wurde, war es nicht notwendig, Regeln des Nichtverbreitungsregimes zu brechen. Bei der Lösung der Nordkoreakrise wurden Verfahrensregeln hinsichtlich Inspektionen gebrochen, um überhaupt eine Einigung zu erreichen. Die entsprechende Informationsfunktion wurde durch ein Verfahren außerhalb des Regimes ersetzt. Beim Umgang der USA mit dem Iran wurde eine Verhaltensregel verletzt: die Förderung der Nuklearenergie in solchen Staaten. Die USA schufen ein zusätzliches Sonderregime für die Isolierung des Iran, das diesen weitgehend, aber nicht völlig vom internationalen Nuklearmarkt abschottet. Als vorrangiges Motiv für die "wohlwollenden Regelverletzungen", denen oft ein krisenhafter Zeitdruck zu Grunde lag, wird das funktionale Regimeversagen untersucht. Die Regelbrüche im Sinne des Regimes hatten aber Auswirkungen auf die Krisenbewältigung und erschwerten ihre langfristige Absicherung. Außerdem konnte ein Schaden für die Regimeeffektivität insgesamt entstehen, wenn keine Wiederherstellung der institutionellen Funktionen gelang.
The USA is the most influential member of the nuclear non-proliferation regime. This thesis looks at the stabilization efforts of the US-government after the end of the Cold War. Three studies cover Ukraine's renunciation of nuclear weapons, the nuclear crisis in North Korea and the US-campaign against proliferation in Iran. The study is guided by neo-liberal institutionalism. This theoretical school seeks the cause for the creation and persistence of institution in their function to facilitate cooperation among its members. This functional argument is used to understand the context of unilateral stabilization measures conducted by the USA. Of special interest is the ironic pattern that the US sometimes had to break rules benevolently in order to turn back a breech of rules by others. Rules are differentiated as rules of behavior and rules of procedure: the former relating to the purpose of cooperation, the latter to institutional mechanisms to implement co-operation and to provide verification and decision-making. The study is supposed to follow three sets of questions: 1) Why did the US break the rules of the regime during their campaigns? 2) Which possibilities and limits for the US campaigns were created by the non-proliferation regime? How did it affect the campaigns? 3) How did the breech of rules during the campaigns affect the effectiveness of the nonproliferation regime as a whole? In the Ukraine case, no benevolent breech of rules was necessary. In the Korea case, some rules of procedure - concerning inspections - had to be violated in order to reach an agreement at all. The functions that were lost could be replaced by an ad hoc- arrangement outside the regime. In the Iran case, a breech of a rule of behavior occurred - regarding nuclear co-operation. A special regime was created to isolate the country from the nuclear market. The core motive for benevolent breeches of rules can be seen in the insufficient provision of institutional functions, with pressure of time playing an important role. Such breeches of rules had an impact on the campaigns success and impeded a durable implementation of the agreements. Furthermore, damage for the regime effectiveness was possible, when the improvement or replacement of functions was not successful.