Das Thema dieser Arbeit ist die Rezeption von Märchen in DDR-Märchen, ein Themengebiet, das bisher unzureichend erforscht ist. Aufgrund bereits vorhandender Untersuchungen wird davon ausgegangen, dass sich in der Rezeption Aussagen politischer Natur verbergen können. Die Frage lautet, um welche Aussagen es sich handelt und warum gerade die Reflexion über das Märchen benutzt worden ist. Den Anfang der Arbeit bildet eine Erläuterung der Besonderheiten der DDR-Literatur. Dazu zählen die Frage nach der Definition des Begriffes DDR-Literatur, die offizielle Funktion der Literatur, das Zensursystem, der sozialistische Realismus und die Romantikrezeption in der DDR. Dies soll ein Verständnis der Textinterpretationen mittels der Einordnung in den kulturpolitischen Kontext ermöglichen. Darauf folgt, nach einer Bemerkung zu den Schwierigkeiten einer Definition der Gattung Märchen, eine Darstellung des Märchenbildes der DDR-Forschung. Letzteres ist von Bedeutung, da das offizielle Bild eine diesbezügliche Beurteilung der Märchenrezeption in den Texten der Autoren erlaubt. Anhand ihrer Stellung zur wissenschaftlichen Definition der Gattung lassen sich Rückschlüsse auf die Art der Verwendung des Märchens ziehen. Im Anschluss daran geht es um allgemeine Merkmale, Themen und Entwicklungen von DDR-Märchen. Grund hierfür ist die Einordnung der zu interpretierenden Märchen in den literarischen Kontext. Die Textinterpretationen selbst sind chronologisch nach dem Erscheinungsjahr der Märchen geordnet. Kernpunkt der Untersuchung ist die Art der Märchenrezeption. Den Abschluss der Interpretationen bildet ein Kapitel, in welchem Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Märchenrezeption analysiert werden. In der Arbeit wird gezeigt, dass die Reflexion über das Märchen in den Meta-Märchen der Tarnung von politischen Aussagen dient. Das Märchen wurde dafür in manchen Fällen als eine Metapher für eine andere Interpretation der Realität benutzt. Es eignet sich dafür aufgrund seiner fantastischen Elemente. Anhand der Art der Rezeption des Märchens lässt sich eine Beurteilung der politischen Lage eruieren. Sie erstreckt sich zwischen zwei Extremen, von der sicheren Erwartung einer baldigen glücklichen Zukunft bei Fühmann bis hin zu zivilisationskritischem Pessimismus bei Kunert. Dazwischen liegen verhaltener Optimismus (Steinmann), Skepsis angesichts der Zukunft (Stolper: Das Wunder von Odense), Kritik an der Zensur (Knobloch) und politische Desillusionierung (Schmoll). So gesehen sind die analysierten Meta-Märchen ein Querschnitt durch mögliche politische Haltungen, nicht nur in der DDR. Eine Tendenz lässt sich trotzdem feststellen. Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft nehmen im Lauf der Jahre eher ab.
This dissertation shows that the reflexion of fairy tales in the meta-fairy tales served to hide political statements. For this purpose, fairy tales have in some cases been used as a metaphor for a different interpretation of the reality. They can be used for that purpose because of their fantastic elements. Based on the type of the reception of fairy tales, an evaluation of the political situation can be determined. It extends between two extremes, from the certain expectation of a soon-coming happy future in Fühmann, to pessimism critical of civilization in Kunert. Between these lie cautious optimism (Steinmann), scepticism towards the future (Stolper Das Wunder von Odense), criticism of the censorship (Knobloch) and political desillusionment (Schmoll). In this sense, the analysed meta-fairy tales are a cross section through possible political attitudes, not only in the GDR. A tendency can be detected nevertheless. Confidence and trust in the future are rather diminishing in the course of the years. It would be interesting to see which comments on the sociopolitical situation the GDR fairy tales which have not been analysed yet contain, and if they sound alike.