„Gender Outlaw Triptychon“ ist eine ethnologische Studie über Transgender- Subkulturen in Rio de Janeiro, New York und Berlin. Transgender wird dabei verstanden als Oberbegriff für Menschen, die nicht oder nur zeitweise, in dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht leben. An den untersuchten Orten sind dies vor allem sich als Cross-Dresser, Drag Kings, Drag Queens, Transformistas, Transsexuelle, Transvestiten, Travestis und Tunten definierende Menschen. Die Studie untersucht einerseits das Spannungsverhältnis zwischen subkulturell entwickelten Selbstbildern und den Fremdbildern wie sie vor allem durch die pathologisierenden Diskurse der Wissenschaften Medizin, Psychologie und Sexualwissenschaft geprägt und vermittelt werden. Andererseits betrachtet sie den Zusammenhang zwischen der gesellschaftlichen Marginalisierung und der Selbstorganisation in urbanen Subkulturen. Grundlage bilden Feldforschungen in den Jahren 2000 bis 2002 in Rio de Janeiro, Berlin und New York. Dabei wurden qualitative Interviews mit mehr als 110 Personen und zahlreiche informellen Gespräche geführt, die durch eine ausführliche Analyse subkultureller und Mainstream-Medien ergänzt wurden. Die umfassende ethnographische Präsentation dieser Forschungen in einem interkulturellen Vergleich wird begleitet durch eine ausführliche Analyse und kritische Reflexion der pathologisierenden Diskurse und ihrer Genese, unter anderem mit Hilfe der Thesen von Michel Foucault und Judith Butler. Beide werden ergänzt durch einen ethnologischen Vergleich alternativer Konstruktionen von Geschlecht und Geschlechterordnungen in anderen Kulturen, vor allem jenen des indigenen Nordamerika, Asiens und Ozeaniens. Auf diese Weise wird auf unterschiedlichen Ebenen gezeigt, dass die pathologisierenden Diskurse und Fremdbilder, insbesondere die „Syndrom”-Kategorien „Transsexualität” und „Transvestitismus”, auf einer unhinterfragten, kulturellen Matrix basieren, die als „Heteronormativität” bezeichnet wird. In dieser können Transgender nur als „Abweichungen” einer essentialistisch gedachten „naturalisierten Zweigeschlechterordnung” verstanden werden. Die in den Subkulturen entstandenen Selbstbilder lassen sich, so die Hauptthese der Studie, in ihrer überwiegenden Mehrheit jedoch nicht in fixen und einförmigen Kategorien beschreiben. Sie sind vielmehr äußerst flexible und variable, und sich vereinzelt auch widersprechende Momente eines mannigfaltigen Spektrums, in dem Geschlecht als soziale Konstruktion und als fluide und veränderbare Kategorie verstanden werden kann. Vor diesem Hintergrund werden in der Studie unterschiedliche Faktoren, die die Identitätsformung der Transgender beeinflussen, untersucht und benannt. Dazu zählen die Selbstorganisation in Subkulturen und einer Neuen Sozialen Bewegung, die darin entstehenden emischen Diskurse, unterschiedliche historische Situationen, die jeweiligen lokalen Kulturen sowie bestimmte Formen einer „Kulturellen Globalisierung”. Mit Hilfe des reichhaltigen ethnographischen Materials und interkulturellen Vergleichs, eines soziohistorischen Fokus sowie ethnologischer Theorien wird die proklamierte Universalität der pathologisierenden Diskurse und die damit einhergehende Ätiologieforschung grundsätzlich in Frage gestellt. Darüber hinaus werden abstrakte generalisierende Theorien der Geschlechterforschung, wie beispielsweise Butlers Performativitätsmodell, kritisch reflektiert und eigene, empirisch fundierte Thesen präsentiert. So werden die Transgender- Subkulturen als eine Anti-Struktur zur normativen Ordnung verstanden, in der nicht Zwang, sondern Liminalität das konstitutive Moment der Performativität darstellt. Damit bildet die Studie auch einen wichtigen Baustein der Transgender Studies und der Transgender Theory.
”Gender Outlaw Triptychon” is an ethnological study on transgender subcultures in Rio de Janeiro, New York City, and Berlin. In the study transgender serves as an umbrella term for individuals who do not, or only temporarily live according to the gender, they were assigned to at birth. In the places the research was undertaken these are mainly those people who define themselves as cross-dressers, drag kings, drag queens, transformistas, transgendered, transsexuals, transvestites, travestis and tunten. The study focuses on the tension that arises from the relation between subculturally constructed self images and mainstream images of which the latter are shaped and passed on mainly by pathologising discourses in medicine, psychology and sexology. In addition the connection between marginalisation in the mainstream and self- organisation in urban subcultures is examined. The study is based on fieldwork conducted in Rio de Janeiro, New York City and Berlin from 2000 to 2002. The qualitative interviews with more than 110 informants and numerous informal conversations are supplemented by a detailed analysis of subcultural and mainstream media. The comprehensive intercultural, comparative ethnographical presentation of the research is accompanied by a detailed analysis and critical reflection of pathologising discourses and their genesis, drawing, among others upon some of Michel Foucault’s and Judith Butler’s assumptions as well as on an ethnological comparison of alternative constructions of sex and gender in foreign cultures, mainly from Native North America, Asia and Oceania. Thus, the study demonstrates on different levels that pathologising discourses and mainstream images, particularly of so-called syndromes such as “transsexuality” and “transvestism” are based on a unquestioned cultural matrix called heteronormativity. Within this matrix transgender people can only be perceived as “deviant” from an essentialist, naturalised binary gender system. The main thesis of the study is that the majority of the subculturally evolved self images cannot be described in fixed and monotonous categories. Instead they are very flexible, variable and partly contradicting elements of a diverse spectrum, in which sex and gender can be viewed as fluid and changeable categories. Against this background different factors that influence the formation of transgender identities are explored and named. These factors are the self-organisation in subcultures and within a new social movement, including its emic discourses, different historical circumstances, the local cultural settings and certain forms of “cultural globalisation”. Based on the rich ethnographic material and the intercultural comparison as well as by using a sociohistorical focus and ethnological theories, the proclaimed universality of pathologising discourses and the research on aetiology as a result are fundamentally questioned. Furthermore, abstract theories of gender studies, such as, Butler’s model of performativity are critically reflected upon and followed by a presentation of an independent, ethnographically based thesis. Thus, transgender subcultures are viewed as an anti-structure to the normative order in which liminality instead of compulsion makes the constitutive moment of performativity. In this sense the study constitutes an important contribution to Transgender Studies and Transgender Theory.