LRP2 ist ein Mitglied der low-density Lipoprotein Rezeptor Genfamilie, der während der Entwicklung des zentralen Nervensystems in neuroepithelialen Zellen exprimiert wird. Der genetisch bedingte Verlust der Lrp2 Expression in LRP2-defizienten Mäusen führt zu Missbildungen des Vorderhirns, welche typische Merkmale einer Holoprosenzephalie zeigen und zum perinatalen Tod der am stärksten betroffenen Tiere führen. Holoprosenzephalie ist die häufigste Fehlbildung des Vorderhirns beim Menschen und zeichnet sich durch ein breites Spektrum an Anomalien der Gesichts- und Hirnstrukturen aus. Frühere Studien aus unserem Labor zeigten, dass der Verlust der LRP2 Expression zu einem Anstieg der dorsalen Bmp4 Expression, zu einer schwächeren und nach dorsal verschobenen Fgf8 Expression sowie zu einer fehlenden Shh Expression im ventralen Telenzephalon Rezeptor-defizienter Mäuse führt. Diese Resultate ließen vermuten, dass der Rezeptor eine zentrale Rolle in der Regulation sich antagonisierender dorsaler und ventraler Signalwege des Vorderhirns spielt. Welcher der betroffenen Morphogen-Signalwege allerdings der primäre Ansatzpunkt der LRP2 Aktivität und welches der genaue Wirkmechanismus des Rezeptors sein könnte, war bisher jedoch vollkommen unklar. Ziel meiner Studie war es daher den molekularen Mechanismus von LRP2 in Morphogen-Signalwegen aufzuklären und herauszufinden, warum LRP2 Defizienz Holoprosenzephalie verursacht. Im Speziellen wollte ich herausfinden ob der Rezeptor eine Schlüsselrolle im BMP4 und/oder SHH Signalweg ist und ob diese Aktivität regulierte intramembrane Spaltung der intrazellulären Domäne des Rezeptors beinhaltet. Initial habe ich die LRP2-defiziente Mauslinie mit einer haploinsuffizienten Mauslinie für BMP4 verpaart, um die BMP4 Konzentration im Vorderhirn betroffener Tiere bereits auf transkriptioneller Ebene zu reduzieren. Die Halbierung der Transkriptionsrate von Bmp4 hatte jedoch keinen positiven Einfluss auf den holoprosenzephalen Phänotyp LRP2-defizienter Embryonen. Aus diesen Ergebnissen schloss ich, dass eine erhöhte Bmp4 Expression nicht der primäre Grund für die Ausbildung der Holoprosenzephalie ist. Eine nachfolgende detaillierte Expressionsanalyse von Transkriptionsfaktoren und Morphogenen ergab, dass sich schon vor der Schließung des Neuralrohres in Lrp2-/- Embryonen eine Störung der SHH Protein Lokalisation in der rostralen ventralen Mittellinie des Dienzephalons zeigte. Diese spezielle Region des zentralen Nervensystems fungiert als ein Organisationszentrum für das sich entwickelnde Prosenzephalon. Ungenügende SHH Aktivität in dieser Region führt zu geringerer Six3 und Shh Expression im Neuroepithel LRP2-defizienter Embryonen. Dieser frühe Defekt im SHH Signalweg beeinflusst nachfolgend die Wechselwirkungen aller drei Signalwege der Musterbildung (SHH, BMP4 und FGF8) mit dramatischen Konsequenzen für die korrekte Entwicklung des Vorderhirns. Einzelne Zellen innerhalb der rostralen ventralen Mittellinie des Dienzephalons rezeptor-defizienter Mäuse waren aber immer noch fähig auf Aktivierung des SHH Signalweges zu reagieren. Diese Daten ließen den Schluss zu, dass die Aktivität von LRP2 proximal zu Smo, z.B. in der anfänglichen Bindung von SHH auf der Zelloberfläche von Zielzellen nötig sein könnte. Eine mögliche Rolle von LRP2 als Oberflächenrezeptor für SHH konnte ich tatsächlich in Organkulturen bestätigen. So zeigte sich, dass rekombinantes SHH Protein spezifisch an das Neuroepithel von Wildtyp-Embryonen nicht aber an das von LRP2-defizienten Embryonen bindet. Schließlich konnte ich die essentielle Bedeutung des Membranrezeptors LRP2 in der Vorderhirnentwicklung auch noch in einem neuen Mausmodell validieren, in dem die intrazelluläre Domäne von LRP2 unter der Kontrolle des LRP2 Promoters exprimiert wird. In diesem Tiermodell zeigte sich, dass die lösliche intrazelluläre Domäne des Rezeptors nicht in der Lage war, den Verlust des Wildtyp Rezeptors auszugleichen. Zusammenfassend gelang mir in meinen Studien der Nachweis von LRP2 als Morphogen-Rezeptor, der für die initiale Lokalisation von SHH in der rostralen ventralen Mittellinie des Dienzephalons und damit für eine korrekte Ausbildung des ventralen, medialen Vorderhirns verantwortlich ist. Diese Ergebnisse haben nicht nur ein völlig neues Konzept im SHH Signalweg aufgedeckt sondern auch wichtige Hinweise auf mögliche Ursachen der Holoprosenzephalie bei Mausmodellen und möglicherweise auch bei Patienten mit LRP2 Gendefekten geliefert.
LRP2 is a member of the low-density lipoprotein receptor gene family, expressed in the neuroepithelial cells of the developing central nervous system. Loss of Lrp2 expression in LRP2-deficient mice results in forebrain abnormalities with features of holoprosencephaly, causing perinatal lethality of most affected animals. Holoprosencephaly is a common forebrain anomaly in which the cerebral hemispheres fail to separate along the midline due to a defect in midline induction. This syndrome includes a wide spectrum of malformations of face and brain structures both in humans and in animal models. Recent studies from our lab demonstrated that LRP2 deficiency in mice leads to an increase in bone morphogenetic protein (Bmp) 4 expression in the rostral dorsal neuroepithelium, weaker and dorsally shifted fibroblast growth factor (Fgf) 8 expression and loss of sonic hedgehog (Shh) expression in the ventral telencephalon. These findings implicated the receptor in regulation of opposing actions of dorsal and ventral morphogen pathways in forebrain patterning. Aim of my study was to elucidate the molecular mechanisms of LRP2 action in morphogen signaling and to find out why LRP2 receptor deficiency causes holoprosencephaly. In particular, I wanted to explore whether the receptor may act as key component in the BMP4 and/or SHH pathways and whether or not this activity involves regulated intramembranous proteolysis of the receptor intracellular domain. Initially I introduced a Bmp4 mutant allele into the Lrp2-/- line to reduce levels of this morphogen in embryos lacking LRP2. Despite a decrease in Bmp4 expression (Lrp2-/-; Bmp4tm1blh/+), receptor- deficient embryos still suffered from holoprosencephalic defects, suggesting that overactivity of BMP4 in LRP2-deficient embryos is not the primary cause but likely a secondary consequence of loss of LRP2 activity. A further detailed analysis of the expression pattern of transcription factors and morphogen pathways in early brain development showed that already before neural tube closure, Lrp2-/- embryos suffer from an impaired initial establishment of SHH protein in the rostral diencephalon ventral midline (RDVM) overlying the prechordal plate. The RDVM acts as an organizer for the developing prosencephalon. Insufficient SHH protein activity in the RDVM leads to a decrease in Six3 and Shh expression in the neuroepithelium of Lrp2 mutants. This defect in early SHH signaling affects the coordinate activity of the three key morphogens SHH, BMP4, and FGF8 with severe consequences for early forebrain patterning processes. Individual cells within the RDVM were still able to respond to activation of the SHH pathway by SAG, suggesting that LRP2 deficiency affects an event in the SHH signaling cascade upstream of Smo, such as binding of SHH on the neuroepithelial cell surface. A potential role for LRP2 as cell surface receptor for SHH was confirmed by demonstrating specific binding of the recombinant morphogen to the neuroepithelium of wild type embryos but not LRP2-deficient embryos in an ex vivo model. Finally, the crucial function of LRP2 as receptor for SHH was supported by my findings in a new mouse model that expresses the intracellular domain (ICD) of LRP2 under the endogenous promoter. Robust expression of the ICD failed to rescue forebrain defects caused by the lack of the full-length receptor, suggesting that it is the membrane-localized form of the clearance receptor that is important for proper forebrain formation. In conclusion, my studies identified LRP2 as a novel morphogen receptor required for proper targeting of SHH protein to the RDVM. This pathway is essential for establishing the Shh expression domain in the ventral telencephalon and, consequently, for proper ventral medial forebrain development. My findings not only identified a novel molecular mechanism in the SHH pathway but also uncovered the cause of the holoprosencaphylic syndrome in mouse models and likely in patients with LRP2 deficiencies.