Hintergrund: Obwohl Pflegeheime mit einer zunehmenden Anzahl adipöser Menschen konfrontiert sind, ist deren Pflege in Deutschland kaum erforscht. Ziel dieser Dissertation war es zu untersuchen, ob und mit welchen Mehraufwendungen die Versorgung adipöser Menschen einhergeht. Im Zentrum der Analyse standen zeitliche, personelle und instrumentelle Mehraufwendungen. Methodik: Es wurden drei Pilotstudien mit unterschiedlicher Methodik durchgeführt. In Studie S1 wurden zeitliche und strukturelle Unterschiede in der Pflege adipöser und nicht-adipöser Bewohner auf Basis einer Stichprobe von fünf Berliner Pflegeheimen untersucht. Beobachtet wurden 48 Pflegemitarbeiter bei der Durchführung der Tätigkeit des Ankleidens bei 70 Heimbewohnern im Alter von 65 Jahren und älter. Angaben des funktionalen/kognitiven Status, der Kommunikationsfähigkeit und des Schmerzgeschehens der Bewohner wurden mittels interRAI Contact Assessment erhoben. Alter, Geschlecht, Qualifikation und Berufserfahrung der Pflegenden wurden erfragt. In Studie S2 wurde untersucht, ob Pflegemitarbeiter die Versorgung Adipöser mit Mehraufwendungen verbinden, welches Verständnis sie von Adipositas besitzen und welche Einstellungen sie gegenüber den Adipösen haben. Es wurden 16 Interviews mit Pflegenden einer Langzeitpflegeeinrichtung in Berlin durchgeführt und durch fallbezogenes Kodieren ausgewertet. Studie S3 basierte auf einer Stichprobe von 15 Heimen aus Berlin, Sachsen und Bayern. Untersucht wurde, mit welchen Mehraufwendungen Pflegedienstleiter, Qualitätsmanager und Heimleiter die Versorgung Adipöser verbinden, wie sie adipöse Bewohner wahrnehmen und welche Bedeutung sie der Adipositas beimessen. Insgesamt wurden 15 Experteninterviews durchgeführt und in Anlehnung an Meuser und Nagel ausgewertet. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Studie S1 zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem BMI und der Dauer des Ankleidens. Pflegemitarbeiter benötigten für das Ankleiden Adipöser im Mittel 1,82 Minuten länger als für Nicht-Adipöse. Keine Zusammenhänge bestanden zwischen Alter und Qualifikation der Pflegenden sowie der Dauer des Ankleidens. Strukturelle Unterschiede in der Pflege adipöser und nicht- adipöser Bewohner zeigten sich durch Veränderungen des Ablaufs einzelner Tätigkeitssequenzen. Die Ergebnisse der Studie S2 bestätigen, dass Pflegende durch die Versorgung Adipöser mit zeitlichen Mehraufwendungen konfrontiert werden. Ferner zeigen sie, dass Pflegende negative Einstellungen gegenüber Adipösen besitzen und generell in der Gesellschaft verankerte Vorurteile und Stigmatisierungen übernehmen. Die Ergebnisse der Studie S3 zeigen, dass die befragten Leitungskräfte, die Versorgung adipöser Bewohner mit einer Verdoppelung des Personalaufwands und einem erhöhten Hilfsmittelbedarf assoziieren. Die Wahrnehmung adipöser Bewohner und die Bedeutung der Adipositas als Ernährungs- und Gesundheitsproblem erwiesen sich als gering. Diskussion: Empirische Befunde aus drei unterschiedlichen Perspektiven zeigen, dass die institutionelle Langzeitversorgung adipöser Menschen mit zeitlichen, personellen und instrumentellen Mehraufwendungen einhergeht. Um die bedarfsgerechte pflegerische Versorgung adipöser Menschen künftig sicherzustellen, ist die Bereitstellung zusätzlicher personeller und instrumenteller Ressourcen unabdingbar.
Background: Although nursing homes are faced with an increasing number of obese people very little research has been done on the proper way to care for them in Germany. The aim of this thesis was to examine whether and what additional expenses are associated with nursing care of obese people. The focus of the analysis was on time, human and instrumental additional expenses incurred. Method: Three pilot studies were conducted using different methods. In study S1, temporal and structural differences were examined in the care of obese and non-obese nursing home residents on the basis of a sample of five nursing homes in Berlin. 48 nurses were observed while performing the activity of dressing 70 residents aged 65 years and older. Data about the functional/cognitive status, the ability of the residents to communicate and the occur¬rence of pain was collected using the interRAI Contact Assessment. Age, gender, qualifications and experience of the nurses was obtained through face-to-face interviews. In study S2, the under¬standing professional caregivers have of obesity was examined. The attitudes professional caregivers have towards obese residents and whether they associate the care of the obese with additional expenditures was also studied. 16 guideline-based interviews with professional care¬givers of a long-term care facility in Berlin were conducted and analyzed by using case-related coding. The S3 study was based on a sample of 15 nursing homes in Berlin, Saxony and Bavaria. The study examines how executives of long-term care facilities perceive obese residents, what significance they attach to obesity and whether they associate the care of the obese with addi¬tional expenditures. A total of 15 guideline-based expert interviews were conducted and analyzed based on the method of Meuser and Nagel. Results: The results of study S1 show a significant correlation between Body Mass Index and the required time of dressing. No correlations exist between age, qualifications and nurses' level of education and the time of dressing. Structural differences in the care of obese and non-obese residents appear by changes of single activity sequence¬s. The results of study S2 confirm that professional caregivers are challenged with addi-tional temporal expenditures when caring for the obese. Furthermore, they demonstrate that nurses have negative attitudes towards the obese and generally assume the prejudice and stigma-tization that is anchored in society. The findings of the study S3 show that executives hardly per-ceive obese residents. This results from the fact that they attach little importance to obesity as a nutritional and health problem. Nevertheless, obese nursing home residents lead to the doubling of staff costs and an increased need for special resources. Discussion: Empirical findings from three different perspectives show that institutional long-term care of obese people is associated with time, personnel and additional instrumental expenses. To ensure that the future needs-based nursing care of obese people is met the provision of additional human and instrumental resources are essential.