Seit fast 20 Jahren steigt die Zahl der Untergebrachten im deutschen Maßregelvollzug stetig an. Noch rascher steigt die Zahl der Untergebrachten mit Schizophrenie, welche etwa die Hälfte aller Untergebrachten ausmacht. Da die Zahl der psychiatrischen Krankenbetten in Deutschland fast gleichzeitig mehr als halbiert wurde, wurde nach umfangreichen, jedoch ergebnislosen Untersuchungen die Frage aufgeworfen, ob Behandlungsdefizite der Allgemeinpsychiatrie zu dieser Entwicklung beitragen. Überdies entstand die Besorgnis, dass der Strukturwandel der psychiatrischen Versorgung zur Abschiebung Kranker in die Forensik führt. Wir untersuchten daher die psychiatrische Vorgeschichte aber auch alle soziobiographischen und kriminologischen Daten von jeweils 50 schizophrenen Patienten des Berliner Maßregelvollzugs aus dem Unterbringungszeitraum 1985-1988 (vor dem Anstieg) und aus dem Zeitraum 2003-2004. Tatsächlich unterschieden sich weder die Dauer vorangehender stationärer Behandlungen noch wurden zuvor stationär weniger Medikamente gegeben. Die aktuellere Gruppe von 2003/2004 wurde eher intensiver behandelt. Auch die Quote fragwürdiger Entlassungs-Entscheidungen der Vorbehandler oder der Justiz, die eine auffällige Nähe zur nachfolgenden rechtswidrigen Tat aufwiesen, hat nicht zugenommen. Auffällig hingegen waren ein dramatischer Anstieg des komorbiden Drogenmissbrauchs und ein hohes Maß an Noncompliance. Darüber hinaus fanden sich mehrere Hinweise, dass die aktuellere Patientengruppe häufiger durch frühere dissoziale Prägungen belastet ist; auch zeigte sich, dass anscheinend die Angebote ambulanter Behandlung dieser Patientengruppe nicht gerecht werden, die oft kurz nach stationärer Entlassung ihr Indexdelikt, dass zur Verurteilung gem. § 63 StGB oder zur Unterbringung nach § 126a StPO führte, begingen.
Abstract Since 1996 we have had a marked increase in the number of admissions to special psychiatric hospitals for mentally ill offenders in Germany. Still higher was the increase in schizophrenic patients admitted to these facilities. The question arose whether deficits of the psychiatric health system are contributing to these changes. We studied the medical history of 50 schizophrenic patients, each of whom was hopitalized in the Berlin special hospital in the periods of 1985-1988 and 2002-2004. Surprisingly, there was no difference in the duration of former psychiatric hospitalizations and medical treatment. There was also no difference in the number of dubious releases from the general psychiatric hospital. But we found a marked increase of co-morbid drug abuse and of noncompliance to treatment.