Die Beurteilung des kognitiven Zustandes eines Patienten mit Migrationshintergrund bedeutet für einen Untersucher, der dessen Muttersprache nicht beherrscht, eine diagnostische Herausforderung. Werden gängige Testverfahren angewendet, produzieren diese zu viele falsch positive Ergebnisse. Die beiden wichtigsten Gründe hierfür sind einerseits die hohe Sprachlast der herkömmlichen Instrumente und das im Vergleich zur gleichaltrigen deutschstämmigen Bevölkerung und somit zur Normstichprobe deutlich niedrigere Bildungsniveau der in Deutschland lebenden älteren Migranten. In der vorliegenden Arbeit wurde die Eignung von sechs sprachfreien Testverfahren zur Demenzdiagnostik für Patienten mit Migrationshintergrund durch einen deutschsprachigen Untersucher unter besonderer Berücksichtigung von Deutschkenntnissen und Bildungsniveau überprüft. Angewendet wurden Tests des averbalen Gedächtnis (Kopie und Reproduktion einer einfachen abstrakten Figur sowie Wiedererkennen von Figurenpaaren), der zeitlichen Orientierung (Multiple Choice Version), der Apraxie (Uhrentest und Hand-Faust-Sequenzen) sowie logische Reihen aus dem LPS 50+ (Untertest 3). In verschiedenen haus- und nervenärztlichen Praxen sowie in kultursensiblen Pflegeeinrichtungen wurden Migranten ab 60 Jahren mit den ausgewählten Testverfahren untersucht. Entsprechend der Einschätzung der behandelnden Ärzte wurden sie der Demenz- (n=30) oder der Kontrollgruppe (n=33) zugeordnet. In beiden Gruppen waren überwiegend türkischstämmige Patienten (je 80%) mit sehr niedriger formaler Bildung (3 Schuljahre in der Demenzgruppe, 4 in der Kontrollgruppe, n.s.). Der Anteil derer, die mangelhaft deutsch sprach, war hoch (Demenzgruppe 57 %, Kontrollgruppe 27 %, p<0,05), ebenso der Anteil der Analphabeten (Demenzgruppe 40%, Kontrollgruppe 18%, p<0,05). Statistisch zeigen die Ergebnisse signifikante Unterschiede zwischen den Diagnosegruppen bei allen untersuchten Testverfahren, allerdings sind die Parameter der diagnostischen Relevanz unterschiedlich und teilweise nur befriedigend. Lediglich ein Subtest (Figurenpaare Wiedererkennen) erscheint auch aus Gründen der Praktikabilität nicht geeignet. Für Patienten mit mangelhaften Deutschkenntnissen kann die Eignung nur für eine Auswahl der untersuchten Testverfahren nachgewiesen werden. Eine Untersuchung an einer größeren Stichprobe ist wünschenswert. Bei Analphabeten gelingt eine Einschätzung des kognitiven Zustandes mittels der untersuchten Verfahren nicht. Zusammenfassend stehen mit den Testverfahren Instrumente zur Verfügung, die eine orientierende Einschätzung des kognitiven Zustandes von Patienten mit Migrationshintergrund auch durch einen nicht- muttersprachlichen Untersucher erlauben. Im Hinblick auf dementielle Erkrankungen leisten die Testverfahren einen Beitrag zur Verbesserung der Basisversorgung der älteren Migranten.
The cognitive assessment of patients with a migratory background is a challenge for an examiner who does not speak the patient’s mothertongue. Standard instruments produce too many false-positive results. The two most important reasons for this are on the one hand that common instruments are highly language-based and on the other hand that the elder immigrants in Germany have a much lower level of education compared to the same-age German population and thus to the standard sample. In this study six non-verbal tests were examined for their ability to detect dementia in patients with a migratory background by an examiner who only speaks German accounting especially for patients’ German language skills and education. Tests of the non-verbal memory (a simple abstract figure for copy and reconstruction from memory and recognizing pairs of figures), the temporal orientation (multiple choice version), the apraxia (clock-drawing test and hand-fist-sequences) along with logical sequences (odds-out, LPS 50+ subtest 3) were used. In physicians’ and psychiatric outpatient departments as well as in culture- sensitive care departments immigrants older than 60 years were examined with the collection of tests. According to the evaluation of their physician or psychiatrist they were assigned to the dementia (n=30) or the control group (n=33). In both groups were mostly subjects of Turkish origin (each 80%) with very low formal education (3 years in the dementia group, 4 years in the control group, ns). Poor German language skills were common (57% in the dementia group, 27% in the control group, p<0,05), as was analphabetism (dementia group 40%, control group 18, p<0,05). Statistically the results show significant differences between the two groups in all tests, but the markers for the diagnostic relevance differ and are partly only moderate. Only one subtest (recognizing pairs of figures) fails also due to its inpracticality. For patients with poor German language skills only a selection of tests seem appropriate. A study with a larger sample would be helpful. For analphabets the tests were not suitable. In summary a basic instrument for the detection of dementia in patients with a migratory background is provided which helps to improve basic health care for these patients.