Das Nijmegen Breakage Syndrom (NBS) gehört zur Gruppe der Chromosomeninstabilitätssyndrome und wird durch typische kraniofaziale Veränderungen, milde bis moderate mentale Retardierung, Immundefizienz, chromosomale Instabilität und ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung maligner Erkrankungen, v. a. von B-Zell-Lymphomen charakterisiert. Das Syndrom wird durch hypomorphe Mutationen im NBN-Gen verursacht. Über 90% der NBS-Patienten weisen die Mutation 657del5 auf, die auch als Gründer-Mutation oder slawische Mutation bekannt ist. Die meisten Patienten sind slawischer Herkunft. In anderen ethnischen Gruppen ist das Syndrom sehr selten. Aufgrund vieler Ähnlichkeiten wurde das NBS lange Zeit als eine Variante der Ataxia telangiectasia (AT), einer anderen Krankheit aus der Gruppe der chromosomalen Instabilitätssyndrome, betrachtet. Es ist bekannt, dass nicht nur AT- Homozygote sondern auch Heterozygote ein erhöhtes Risiko für maligne Erkrankungen haben. Anhand dieser Parallelen zwischen beiden Syndromen wurde postuliert, dass auch heterozygote Träger für NBN-Mutationen ein erhöhtes Krebsrisiko haben könnten. Die bisherigen Studien hierzu an Patienten mit verschiedenen malignen Erkrankungen ergaben jedoch widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich der Bedeutung von NBN -Mutationen. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) und verschiedenen soliden Tumoren auf das Vorliegen der NBN-Mutationen 657del5 und R215W untersucht und mit 1620 Kontrollen verglichen. Für die Gruppe der NHL-Patienten wurde eine statistisch signifikante Erhöhung der Zahl der 657del5-Heterozygoten als auch aller Heterozygoten (657del5 + R215W) festgestellt. Des Weiteren fanden wir ein statistisch erhöhtes Risiko bei 657del5-Heterozygoten für Lymphome des gastrointestinalen Traktes. Darüber hinaus untersuchten wir Tumorproben von zwei NBN-Heterozygoten und fanden keinen Hinweis auf den Verlust des Wildtypallels („loss of heterozygosity“). Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen den Rückschluss zu, dass der heterozygote NBN-Status mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von NHL und v. a. NHL des gastrointestinalen Traktes einhergeht. Angesichts der großen Häufigkeit der 657del5 Mutation (slawische Gründermutation) in Osteuropa kommt diesem Befund eine erhebliche medizinische Bedeutung zu.
The Nijmegen Breakage Syndrome (NBS) is a recessive autosomal disorder, belonging to a group of chromosomal instability syndromes and is characterized by microcephaly, mild to moderate mental retardation, immunodeficiency, chromosomal instability and a high incidence of non -Hodgkin lymphoma, especially B-cell lymphoma. The syndrome is caused by hypomorphic mutations in the NBN gene. Over 90% of the NBS-Patients carry the mutation 657del5. The majority of the patients are of Slavic origin. Because of the similarities between NBS and Ataxia teleangiectasia (AT), NBS was considered for a long time to be a variant of AT. It is also well known that not only AT-Patients but also heterozygotes for mutations in the ATM-gene have a high risk of developing malignancies. Based on these facts and on familial data, it has been suggested that individuals, heterozygote for NBN-Mutations also have a high risk of developing malignancies. Several studies have been undertaken but the results are contradicting. Within the bounds of this doctoral thesis blood samples from patients with non-Hodgkin lymphoma (NHL) and different cancers were screened for the NBN mutations 657del5 and R215W and compared with 1620 controls. The number of 657del5-heterozygotes as well as the total number of heterozygotes (657del5 +R215W) in the in the HNL group was significantly higher. Also the number of 657del5 heterozygotes among patients with lymphoma of the gastrointestinal tract was significantly higher. Furthermore we analyzed tumor material from two heterozygote patients and could not detect loss of heterozygosity. These findings imply that NBN heterozygosity may contribute significantly to the incidence of NHL, especially of the gastrointestinal tract within the Slavic population.