Epithelien bilden die Grenzschicht unseres Körpers und schützen die inneren Organe. Sie fungieren als physikalische Barrieren, die durch die Proteine der Tight Junction (TJ) zusammengehalten werden. Das gastrointestinale Epithel adulter Säugetiere erhält die Integrität der Darmmukosa durch eine hohe Zellumsatzrate. Eine dynamische Regulation der Barrierefunktion führt zu unterschiedlichen Transport- und Barriereeigenschaften, welche u.a. Schutz vor mechanischen Schäden und pathogenen Mikroorganismen bieten. Eine Störung der epithelialen Darmbarriere kann molekular durch Veränderungen der TJ-Proteine, wie Claudine analysiert und klinisch an Symptomen wie Diarrhö erkannt werden. Der anaerobe Sporenbildner Clostridioides difficile (C. difficile) ist der häufigste Auslöser von Antibiotika- assoziierten und nosokomialen Durchfallerkrankungen (C. difficile Infektion, CDI). Die Symptome der CDI sind vielfältig und schwere Verläufe werden durch hypervirulente Stämme begünstigt. Die akute Phase von CDI hängt von toxinogenen Proteinen ab, die von C. difficile produziert werden. Als Hauptvirulenzfaktoren gelten die Rho-glykosylierenden C. difficile Toxine A (TcdA) und B (TcdB), bei denen es sich um große Toxine handelt, die eindeutig mit Diarrhö und Kolitis in Verbindung gebracht werden. Es fehlen jedoch noch funktionelle Studien zur Störung der intestinalen epithelialen Barrierefunktion durch die Clostridientoxine, sowie eine molekulare Charakterisierung der Zusammensetzung der TJ-Proteine in Darmzellmodellen von CDI-Patienten. In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb der Einfluss von TcdA und TcdB auf TJ-Proteine und die daraus resultierende Störung der Darmbarriere mit Hilfe eines neu etablierten Kolonorganoid-Monolayermodells (organoid-derived monolayer, ODM) untersucht, um den Pathomechanismus von C. difficile näher zu beleuchten und patientenorientiert Therapien zu entwickeln. Beide Toxine lösen in sublethalen Konzentrationen eine Barriereschädigung in unserem neuartigen Modell aus, indem der TER in den ODMs reduziert und die parazelluläre Permeabilität von 332 Da Fluorescein und 4 kDa Fluorescein-Isothiocyanat-Dextran erhöht wurde. Zusätzlich wurde die Expression und Lokalisation von TJ-Proteinen durch die Toxinexposition beeinflusst, wodurch sowohl der pore pathway als auch die parazelluläre Leckage beeinflusst wurden. Diese Expressions- und Lokalisationsänderung der TJ-Proteine wurde mittels Western Blot-Analyse quantifiziert und mit konfokaler Laser-Scanning Mikroskopie visualisiert. Des Weiteren wurde die beobachtete Barrierestörung über die TJ vermittelt, da alle eingesetzten Toxinkonzentrationen keinen Zelltod durch Nekrose auslösen. Als letzten entscheidenden Mechanismus im Hinblick auf die Clostridientoxin-induzierte Störung der Barrierefunktion konnte eine aus der Toxin-Interaktion resultierende Zusammenfassung VIII Immunantwort des Epithels gezeigt werden, die wiederum die epitheliale Barriere schwächen kann und somit den Teufelskreis des Leaky Gut-Phänomens mit weiterem Antigeneinstrom hervorrufen kann. Die Zytokinfreisetzung aus den Epithelzellen wurde mittels einer Durchflusszytometrie-Analyse gemessen. RNA-Sequenzierungsdaten der mit Toxin behandelten Kolonepithelzellen der HT-29/B6-Zelllinie, die mit der Ingenuity Pathway Analysis (IPA)-Software analysiert wurden, bestätigten Barriere-relevante Zytokine als aktivierte Upstream Regulatoren, welche auch eine zentrale Rolle in der Progression von CDI spielen (Gene, die auch in CDI-Patienten hochreguliert sind). Mit diesem neuartigen Organoidmodell war es möglich definierte Wirkungen von TcdA und TcdB auf die TJ-Proteine aufzuzeigen. In zukünftigen Studien kann dieses Modell auch verwendet werden, um ein Co-Kultur-Modell mit Immunzellen zu etablieren, sodass zum einen mögliche immunologische Aspekte des Leaky Gut-Konzepts für die Chronifizierung der Kolitis charakterisiert werden. Zum anderen können Barriere-fördernde Substanzen zur patientenorientierten Therapie bei CDI gescreent und identifiziert werden.