Diese Arbeit ist der Untersuchung des Zeichenmediums Rötel gewidmet. Der Fokus liegt auf der Weiblichkeitsinszenierung zwischen Antike und Neuzeit und wie sich dieses Medium auf die Beziehung zwischen Kunst und Natur und mit Blick auf geschlechtsspezifische Komponenten ausgewirkt hat. Die Untersuchung konzentriert sich auf die englischen Künstler Jonathan Richardson (1665/67 - 1745) und William Hoare (1709 - 1792) sowie auf den schottischen Maler Allan Ramsay (1713 - 1784). Alle drei arbeiten sie als Porträtmaler in London, in Bath sowie in London und Edinburgh. Alle drei sind profilierte Zeichner, die den Rötel nutzen, entweder zur bestmöglichen Illusion von Haut oder gar über das rein Oberfläche hinaus. Die Doktorarbeit gliedert sich insgesamt in fünf Teile: Die Einleitung – Teil I – führt in das Thema ein, veranschaulicht an Beispielen den Zusammenhang von künstlerischen Techniken mit soziokulturellen Komponenten. Es wird des Weiteren die allgemeine Entwicklung der britischen Zeichnung und ihrer Techniken ab dem 17. Jahrhundert vorgestellt. Teil II erläutert die Hauptaspekte der Antikenrezeption im 18. Jahrhundert. Es werden antiken Schriftquellen nebeneinandergestellt, die sich dem Rötel zuwenden und mit einem besonderen Fokus auf eine eventuelle Geschlechtsspezifik hin analysiert. Die Teile III bis V widmen sich einer ausführlichen Analyse von Leben und Werk der genannten Künstler Richardson, Ramsay und Hoare. Chronologisch wird in Teil III mit Jonathan Richardson begonnen. In den ihm gewidmeten Kapiteln wird sich seinen zahlreichen Identitäten als leidenschaftlicher Sammler von Altmeisterzeichnungen, als Kunsttheoretiker und als Dichter zugewandt. Seine geschlechtsspezifische Herangehensweise in seinen Porträtzeichnungen wird von besonderem Interesse sein. Teil IV wendet sich Leben und Kunst Allan Ramsays zu. Allgemein nutzt er die Zeichnung zur Vorbereitung seiner Ölgemälde. Die Wahl seiner Zeichentechniken hat einen stark funktionellen Aspekt. Jedoch gibt es eine kleine Gruppe an vollendeten Porträtzeichnungen, die als Werke eigenen Wertes gelten können und in denen der Rötel dominiert. Seine zusätzliche Identität als Kunsttheoretiker verbindet ihn mit Richardson und macht den Vergleich zwischen ihnen vielschichtiger. Im Gegensatz zu Richardson und dessen Primat der klaren Linie ist für Ramsay die Farbe Ausgangspunkt für all seine künstlerischen Überlegungen. Teil V konzentriert sich auf William Hoare. Im Gegensatz zu Richardson und Ramsay hat er weder eine eigene Theorie publiziert noch gilt er als Künstlerpersönlichkeit von besonders hohem Interesse für die Kunst des 18. Jahrhunderts. Nach seiner Rückkehr aus Italien verlegt Hoare seinen Tätigkeitsbereich in den kleinen Kurort Bath und malt Porträts in Öl und Pastell der höheren Gesellschaft mit großem Erfolg. Was in dieser Untersuchung jedoch besonders interessiert sind Hoares zahlreiche Zeichnungen des privaten Lebens, seine Frau Elizabeth und die fünf Kinder darstellend. Der Rötel war darin sein favorisiertes Medium, mit dem Hoare als Hauptmotiv den Frauen und der weiblichen Lebenswelt Gestalt gab. Bei der Analyse und dem Vergleich der drei Künstler und ihres Oeuvres interessieren die folgenden Fragen im besonderen Maße: Gibt es irgendeine Verbindung dieser drei sehr unterschiedlichen Künstler über das Medium des Rötels? Kann der Rötel allein auf seine Qualität als Kolorit in der Zeichnung hin reduziert werden oder gibt es vielmehr Hinweise für eine Bildsprache? Ist die Anwendung des Rötels möglicherweise ein Symptom für die Aufgeschlossenheit des Zeichners und damit eines für Ideen der Aufklärung?
This thesis explores the medium of red chalk in British portrait drawings, focussing on the female face and body in the relationship between art and nature, gender and likeness, between antiquity and modern times. It concentrates on the work of the English painters Jonathan Richardson (1665/67 - 1745) and William Hoare (1709 - 1792) as well as the Scot Allan Ramsay (1713 - 1784). All three are working as portrait painters, one in London, one in London and Edinburgh and one in Bath. All three are drawing masters, using the medium of red chalk in their portrait drawings, either to imitate the flesh of the human body more realistically or to express something beyond the superficial. The thesis is structured into five parts: The introduction – part I – outlines the topic as well as the material and discusses the general development of drawing and drawing techniques in British sources since the seventeenth century. Part II deals with the main aspects of the reception of the antique culture, art and writings concerning red chalk with a special focus on gender. Parts III to V are focussing on the life and work of the artists Richardson, Ramsay and Hoare. Proceeding chronologically, it starts in part III with Jonathan Richardson, his various identities as collector of Old Master drawings, art theorist and poet. His different approaches to portraits of women and men will be of particular interest. Part IV outlines the main aspects of the life and art of Allan Ramsay. He generally uses drawing to prepare his portraits in oil and the choice of techniques depends on technical topics. However, there is also a small group of accomplished portrait drawings that lean towards autonomy, in which he favours red chalk. His further identity as an art theorist links Ramsay to Richardson and makes the comparison between them more profound. In contrast to Richardson and his perspective of the perfect line, Ramsay‘s starting point for all his artistic considerations is colour. Part V then concentrates on William Hoare. In contrast to the other two, he never published any theory nor was he a person of high interest in the art world of the 18th century. After his return from Italy, Hoare moved to the small spa town of Bath and painted portraits of the high society in oil and pastel with great success. But the most interesting subject matter in Hoare’s work are his drawings, works of his private life portraying his wife Elizabeth and his five children. The red chalk was his favourite medium, with which he depicted women and the female world as his main motif. By analysing and comparing the three artists and their work, the thesis will try to find answers to the following questions: Is there any connection between these three very different artists through the medium of the red chalk? Can the medium of red chalk be reduced to terms of colour or is there signs of a new kind of artistic language? Is the use of red chalk possibly a symptom of Enlightenment ideas?