Einleitung: Die geburtsmedizinische Versorgung von Immigrantinnen kann das Gesundheitssystem vor Herausforderungen stellen. Internationale Studien zeigen uneinheitliche geburtshilfliche Ergebnisse für Frauen mit Flüchtlingsstatus und Immigrantinnen im Vergleich zu der jeweiligen einheimischen Bevölkerung. Ferner zeigen sich international konfligierende Aussagen an Zufriedenheit mit der geburtsmedizinischen Versorgung abhängig vom Migrationsstatus der betreuten Schwangeren. Bezüglich der Prävalenz an Infektionskrankheiten sowie an Gestationsdiabetes sind international Unterschiede zu beachten. Aus Deutschland liegen wenige Arbeiten zu diesem Thema vor. Anhand von zwei multimodalen Forschungsprojekten wurden diverse Versorgungsforschungsaspekte der geburtsmedizinischen Versorgung von Immigrantinnen in Berlin untersucht.
Methodik: In dieser Habilitationsschrift wird maßgeblich auf folgende zwei Forschungsprojekte zurückgegriffen:
Zum einen wurde im Studienzeitraum zwischen Januar und Mai 2017 eine quantitative single-center Befragung von Immigrantinnen mittels des Migrant Friendly Maternity Care Questionnaires (MFMCQ) durchgeführt. Parallel dazu wurde eine quantitative Befragung des geburtsmedizinischen Personals an allen Berliner Geburtskliniken sowie eine zusätzliche qualitative Befragung in vier Berliner Geburtskliniken durchgeführt.
In der Pregnancy and Obstetric Care for Refugees (PROREF)-Studie wurden zwischen Juni 2020 und April 2022 an drei Berliner Perinatalzentren Frauen 1-3 Tage nach einer Geburt mit dem gekürzten MFMCQ befragt. Die Interview-Daten wurden mit den jeweiligen Perinataldaten der befragten Frau verlinkt.
Die Daten beider Forschungsprojekte wurden in Hinblick auf Einflussfaktoren auf die Zufriedenheit mit der peripartalen Versorgung, Unterschiede in den perinatalen Outcome Parametern und Versorgungsunterschiede untersucht.
Ergebnisse: In der Studie 2017 wurden 184 Frauen ohne Migrationshintergrund (MH) und 276 mit MH eingeschlossen. Es zeigte sich kein Unterschied in der Zufriedenheit mit der peripartalen Versorgung. In der PROREF-Studie zeigten sich die Frauen mit selbstdefiniertem Flüchtlingsstatus als am zufriedensten mit der Versorgung präpartal und postpartal. Peripartal zeigte sich insgesamt eine hohe Zufriedenheit ohne signifikante Unterschiede abhängig vom Migrationsstatus. Die Rate an Gestationsdiabetes ist unter Immigrantinnen im Vergleich zu nicht Immigrantinnen erhöht, wobei starke Unterschiede je nach Herkunftsland bestehen. Es ließen sich Risikogruppen für eine möglicherweise schlechtere Versorgung identifizieren: Frauen mit selbst definiertem Flüchtlingsstatus wurden seltener auf GDM getestet und Frauen mit geringem Haushaltseinkommen beginnen die Schwangerenvorsorge später.
Diskussion und Fazit: Es zeigten sich insgesamt eine hohe Qualität der peripartalen Versorgung von Immigrantinnen und eine hohe Zufriedenheit mit der peripartalen Versorgung auf Seiten der Immigrantinnen in Berlin. Gründe für Unterschiede in der Häufigkeit von GDM unter Immigrantinnen sind nicht geklärt. Die Identifikation von Risikogruppen in der peripartalen Versorgung kann bei der Entwicklung von Gesundheitsinterventionen helfen.