Einleitung: Chorea Huntington (HD) ist eine seltene neurodegenerative Erkrankung mit einem mittleren Erkrankungsbeginn um das 45. Lebensjahr, die autosomal dominant mit hoher Penetranz vererbt wird. Sie verläuft chronisch progredient ohne Remissionen und führt nach durchschnittlich 12 bis 15 Jahren zum Tode. Die Patienten entwickeln eine Trias von Dyskinesien, Demenz und psychiatrischen Veränderungen. 1993 konnte auf dem kurzen Arm von Chromosom 4 das Gen IT-15 isoliert werden, in dem bei annähernd 100 % der HD - Patienten eine abnormal große Zahl von CAG - Basentriplettwiederholungen in wenigstens einem Allel auftritt. Im Laufe der letzten Jahre haben sich aus der Untersuchung des Zusammenhanges zwischen der abnormalen Struktur des Genproduktes Huntingtin (Htt), das eine verlängerte Polyglutaminat - Kette am N - Terminus trägt, und der fortschreitenden Neurodegeneration Erkenntnisse über die Funktion des Proteins sowie daraus abgeleitete Ansatzmöglichkeiten für neue Therapiekonzepte ergeben. Einer dieser Ansätze ist die sogenannte Glutamatexzitotoxizitätshypothese, nach welcher der erregende Neurotransmitter Glutamat besonders auf die zum Globus pallidus externus (GPe) projizierenden "medium spiny neurons" (MSN), unter anderem durch Vermittlung ionotroper Glutamatrezeptoren (iGluR), darunter auch der N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor (NMDAR), toxisch wirkt. Das Pharmakon Gabapentin, ein neueres Antikonvulsivum, das sich bereits im klinischen Einsatz bei der adjuvanten Therapie refraktärer Epilepsien befindet, besitzt modulierende Eigenschaften auf diesen exzitotoxischen Prozeß. Es wird bei einer Reihe von HD - Patienten derzeit als Neuroprotektivum eingesetzt. Dabei wird ein frühsymptomatisches Stadium als günstigster Zeitpunkt für eine Beeinflussung des Krankheitsprozesses angesehen. Das Monitoring der Patienten geschieht bislang primär durch die Erhebung klinischer Scores. Es besteht jedoch ein großer Wunsch nach objektiveren und sensitiveren Methoden, den Krankheitsprozeß sowie Therapieeffekte verfolgen zu können. Ziel der vorgestellten Dissertation war es, die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) zur Differenzierung krankheitsbedingter Metabolitenveränderungen und zur Verfolgung möglicher Effekte einer Pharmakotherapie mit Gabapentin bei HD - Patienten einzusetzen. Material und Methoden: 26 HD - Patienten aus einer ambulanten Sprechstunde wurden vor und 6 Monate nach Therapiebeginn magnetresonanzspektroskopisch untersucht. Zum Vergleich wurde bei einem Kollektiv von 14 gesunden Probanden dasselbe Protokoll ausgeführt. Für alle Messungen stand ein stand ein Siemens Magnetom Vision 1,5 T Scanner zur Verfügung. Single Voxel - Spektren wurden mit einer STEAM - Sequenz jeweils in drei Lokalisationen der linken Gehirnhemisphäre bei einem isotropen volume of interest (VOI) von acht Millilitern gemessen. Ergebnisse: Im Vergleich zu den gesunden Probanden zeigten die HD - Patienten nativ ein signifikant erhöhtes Cholin (Cho) / Kreatin (Cr) - Verhältnis sowohl im Corpus striatum als auch im frontalen Kortex. Im Corpus striatum war das Lactat (Lac) / Cr - Verhältnis der HD - Patienten grenzwertig nicht signifikant erhöht. Das N-Acetyl-Aspartat (NAA) / Cr - Verhältnis war nicht verändert. In diesen Lokalisationen ergaben sich damit auf gliotische und neurodegenerative Prozesse, beziehungsweise oxydative Alteration des Gewebes hinweisende Befunde. Im Bereich des occipitalen Kortex waren vergleichbare Veränderungen nicht festzustellen. Unter Therapie kam es zu einer signifikanten Abnahme des Lac / Cr - Verhältnisses im Corpus striatum, die möglicherweise auf eine Verbesserung des oxydativen Stoffwechsels im Bereich des untersuchten Volumens zurückzuführen ist. Zusammenfassung: In dieser Studie wurde die Magnetresonanzspektroskopie eingesetzt, um den therapeutischen Einfluß einer Pharmakotherapie mit dem Antiepileptikum Gabapentin bei frühsymptomatischen Chorea Huntington Patienten zu untersuchen. Es handelt sich um eine seltene Erbkrankheit, die zur unaufhaltsamen Degeneration von Nervenzellen führt. Obwohl verschiedene Therapiekonzepte existieren, kann sie bislang nicht geheilt werden. Aus der Kenntnis der Pathogenese und der molekularbiologischen Grundlagen wurde die Theorie der Glutamatexzitotoxizität als wichtiger Einflußfaktor für den Neuronenuntergang identifiziert. Im Rahmen von neurologischen Verlaufsbeobachtungen und Studien wird Gabapentin bei Chorea Huntington Patienten eingesetzt, wobei die positiven Effekte des Pharmakons in Verbindung mit einer Abschwächung dieser toxischen Wirkung von Glutamat gebracht werden. Mit der Magnetresonanzspektroskopie kann der Metabolismus in Form von Signalintensitäten festgelegter Metabolite lokalisiert im Gehirn untersucht werden. Dies bietet eine Möglichkeit der objektiven Verlaufskontrolle von Gehirnerkrankungen und erlaubt die Untersuchung von Therapiewirkungen. Im Laufe dieser Studie wurden die Patienten zunächst nativ untersucht, dann etwa sechs Monate mit Gabapentin behandelt und anschließend unter möglichst gleichen Bedingungen nachuntersucht. Zusätzlich wurden Kontrollmessungen an gesunden Probanden erhoben. Der Vergleich der Probanden mit den Nativmessungen der Patienten zeigte nachweisbare Veränderungen, die, da es sich um frühsymptomatische Patienten handelte, im Vergleich mit den Ergebnissen bisheriger Studien schwach ausgeprägt waren. Es zeigte sich eine Konzentration der auf Neurodegeneration hinweisenden Prozesse in den als Zentren der Krankheitsaktivität identifizierten Hirnbereichen, vor allem dem Corpus striatum, aber auch dem frontalen Kortex. Die Nachmessungen zeigten nur wenig Veränderung, brachten jedoch Hinweise auf eine Wirksamkeit der Therapie. Die magnetresonanzspektroskopischen Beobachtungen weisen also darauf hin, daß der Einsatz von Gabapentin einen therapeutischen Einfluß auf den Krankheitsprozeß hat. Die Aussagekraft der Ergebnisse ist leider durch die geringe Anzahl von Patienten in geeignetem Krankheitsstadium und die Notwendigkeit der Einhaltung einer akzeptablen Meßzeit begrenzt. Dennoch sind die erreichten Zahlen unter der Berücksichtigung der geringen Verfügbarkeit den Studienanforderungen genügender Patienten als Erfolg zu betrachten. Dies ist der engen Zusammenarbeit mit der Neurologischen Klinik der Charité zu verdanken, die als Zentrum für die Betreuung von Chorea Huntington Patienten weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt ist und damit über ein einmaliges Patientengut verfügt. Die gewonnenen Ergebnisse sind zumindest wertbar als Hinweis auf eine Verlangsamung bis Stagnation der beobachtbaren Meßwertveränderungen im betrachteten Zeitraum. Somit zeigt diese Studie, daß die Magnetresonanzspektroskopie gut geeignet ist, Therapieeffekte zu verfolgen. Es ist zu bemerken, daß durch die genannten Limitationen eine geringere Empfindlichkeit für Metabolitenveränderungen erreicht werden konnte, als durch die Möglichkeiten der Magnetresonanzspektroskopie in anderen Kollektiven gegeben wären. Hier sind Ansätze der Detektion kurzfristiger Veränderungen von Metaboliten etwa während der Injektion von Pharmaka bei im Magnetresonanzspektroskop unverändert liegenden Patienten zu nennen. Weiterhin kann bei der Anwendung der Methode auf Erkrankungen mit größerer Verfügbarkeit von Patienten von einer Verbesserung der Aussagekraft ausgegangen werden. Schließlich ist in der Zukunft mit dem Einsatz größerer Feldstärken und verbesserter Ortsauflösung durch neue Meßtechnik mit einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit zu rechnen.
Introduction: Huntington's disease (HD) is a rare neurodegenerative disease with a mean age of onset of approximately 45 years. It is inherited in an autosomal dominant fashion with a high level of penetrance. The course is chronic progredient without remissions, and on the average leads to death after a duration of 12 to 15 years. The patients develop a trias of symptoms consisting of dyskinesia, dementia and psychiatric alterations. In 1993, the gene IT-15 was discovered on the short branch of chromosome 4 displaying an abnormally high number of CAG - base triplet repeats in at least one allele. In the past, several approaches for new therapy concepts have arisen from the examination of the relation between the abnormal structure of the gene product Huntingtin (Htt) and the process of neurodegeneration. One of those approaches pertains to the glutamate excitotoxicity hypothesis which accredits to the excitatory neurotransmitter glutamate a toxic effect on the medium spiny neurons (MSN) that project from the striatum to the external globus pallidus (GPe), inter alia mediated by ionotropic glutamate receptors (iGluR) like the N-metyl-D-aspartate receptor (NMDAR). Gabapentin is an antiepileptic drug already widely applied in clinical therapy of refractory epilepsia. Additionally, the drug possesses a modulating effect on the named excitotoxic process and therefore presently is used as a neuroprotective drug in several HD patients. An early symptomatic stage of the disease is considered most accessible to treatment. To date, therapy effects are monitored by evaluating behavioural scores. However, there is a strong desire for an increase in objectivity and sensitivity in observing disease progression. The aim of this thesis was to apply proton magnetic resonance spectroscopy (MRS) in a collective of HD patients to differentiate disease specific metabolite variations as well as variations occurring under Gabapentin therapy. Material and Methods: A total of 26 patients visiting an outpatient clinic for HD were examined using MRS both before and six months after initiation of therapy. A group of 14 healthy volunteers were scanned using the same protocol. All measurements were accomplished using a Siemens Magnetom Vision 1,5 T scanner. Single Voxel Spectra (SVS) of a volume of interest (VOI) of eight millilitres were acquired with a STEAM - sequence in three localizations of the left hemisphere, respectively. Results: As compared to the healthy volunteers, the HD patients before therapy showed significantly raised Cholin (Cho) / Creatine (Cr) ratios both in the striatum and in the frontal cortex. The striatal Lactate (Lac) / Cr ratios were not significantly but marginally increased. NAA/Cr remained unchanged. These findings suggest gliotic and neurodegenerative activity and accordingly oxydative alteration of the tissue in the named regions. The occipital cortex did not show comparable findings. Summary: MRS was applied to assert therapeutic effects of Gabapentin in early symptomatic HD patients. At present, this rare inherited neurodegenerative disease cannot be cured, though different approaches exist. From the knowledge of pathogenesis and molecular biological principles the theory of glutamate excitotoxicity was identified as an important factor for neuronal damage. Within the scope of neurological surveillance and clinical studies, effects of Gabapentin were assigned to the attenuation of glutamate excitotoxicity. MRS allows for localized assessment of metabolite signal intensities in the brain. This technique provides a possibility to objectively measure the progression of brain diseases and study pharmacological effects, as was used in this study to observe a group of early symptomatic HD patients. These data revealed detectable, but less pronounced effects in comparison to previous studies, an effect accredited to the assayed early symptomatic patient group. The areas identified as centers of neurodegeneration, the striatum and also the frontal cortex, showed a more accentuated pattern of MRS metabolite alteration. There was little evidence for influence of Gabapentin therapy on disease progression. Unfortunately, the explanatory power of the results is restrained by the little number of HD patients in an appropriate stage of disease as well as the necessity to maintain a reasonable exam duration. Yet considering the availability of suitable patients, the numbers achieved are reasonably high, as a result of close cooperation with the Department of Neurology of Charité Berlin, a well-known medical care facility for HD patients. These data can be interpreted as evidence for deceleration, i.e. stagnation of MRS metabolite changes during study. MRS shows its ability to track the effects of therapy, but did not become fully utilized due to the special features of the study group, as it would be possible in other collectives. As an example, one can think of study designs where the patients position remains unchanged during spectroscopic assessment of therapy effects. Also a higher prevalence will remarkably increase availability of suitable patients. Finally, advancements in measurement techniques and scanner hardware will further increase the capability of MRS.