Die vorliegende Dissertation befasst sich mit den Themen der Arbeitsmarkt- ökonomie und der Einkommensungleichheit.
Kapitel 1 gibt eine Einleitung in das Thema der Ungleichheit, ihrer Bedeutung und den unterschiedlichen Einflussfaktoren. Darüber hinaus werden die einzelnen Kapitel kurz zusammengefasst und die Hauptergebnisse erläutert. Die Dissertation besteht insgesamt aus vier einzelnen Arbeiten.
Kapitel 2 untersucht den Einfluss des öffentliche Sektors als Arbeitgeber auf die Lohnungleichheit. Der Staat beeinflusst die Lohnungleichheit nicht nur durch die Regulierung des Arbeitsmarktes, sondern auch, indem er als Arbeitgeber selbst die Lohnverteilung beeinflusst. Der öffentliche Sektor hat als Arbeitgeber in einem Wohlfahrtsstaat mehrere Aufgaben. Erstens muss der öffentliche Sektor Dienstleistungen erbringen, die für die Gesellschaft als unverzichtbar gelten. Um diese Dienstleistungen anbieten zu können, muss er qualifiziertes Personal anwerben. Zweitens kann die Beschäftigung im öffentlichen Sektor als ein Instrument zur Unterstützung benachteiligter Gruppen auf dem Arbeitsmarkt genutzt werden. Daher besteht in den meisten Ländern eine positive Lohnlücke zwischen öffentlichem und privatem Sektor für gering qualifizierte Arbeitnehmende, während die Lohnlücke für hoch qualifizierte Arbeitnehmende negativ ist. Der Staat als Arbeitgeber kann daher direkt zu einer gleicheren Lohnverteilung und weniger Ungleichheit führen. Jedoch ist der Anteil der Beschäftigung im öffentlichen Sektor für Niedriglohngruppen deutlich zurückgegangen. Dies könnte nun dazu führen, dass der öffentliche Sektor hier eine geringere ausgleichende Wirkung hat. Insgesamt könnte es somit zu einer stärkeren Lohnungleichheit kommen. Ich untersuche daher die Entwicklung der Lohnlücke zwischen öffentlichem und privatem Sektor und die ausgleichende Rolle der öffentlichen Beschäftigung für West- und Ostdeutschland in der Zeit von 1991 bis 2015. Zunächst verwende ich einen Ansatz zur Neugewichtung der Beobachtungen, um die Beschäftigung im öffentlichen Sektor über die Zeit konstant zu halten und die kontrafaktische Lohnverteilung zu analysieren. Um die zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen, zerlege ich dann das Ungleichheitsmaß. In der Tat stelle ich fest, dass der Rückgang der Beschäftigtenzahlen im öffentlichen Sektor dessen ausgleichende Fähigkeiten reduziert hat. Jedoch unterscheiden sich meine Ergebnisse deutlich für West- und Ostdeutschland. In Westdeutschland hat lediglich der Rückgang der Beschäftigtenzahl einen Einfluss, während in Ostdeutschland auch die Veränderung in der Lohnlücke die Entwicklung der Lohnungleichheit beeinflusst hat.
Kapitel 3 untersucht sowohl die Querschnitts- als auch die Lebenszeitdimension der Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen. Dies ermöglicht ein umfassenderes Verständnis der anhaltenden Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland. Ausgehend von einem dynamischen Mikrosimulationsmodell analysieren wir, wie sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Laufe des Arbeitslebens aufsummieren. Wir schätzen für die Geburtskohorten 1964-1972 einen durchschnittlichen geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied von 51,5 \%. Wir zeigen, dass diese unbereinigte geschlechtsspezifische Lebensarbeitseinkommenslücke mit der Anzahl der Kinder stark ansteigt und von 17,3\% für kinderlose Frauen bis zu 68,0\% für Frauen mit drei oder mehr Kindern reicht. Die Ergebnisse einer kontrafaktischen Analyse zeigen jedoch, dass sich der bereinigte geschlechtsspezifische Unterschied im Lebensarbeitseinkommen von etwa 10\% nur geringfügig für unterschiedliche Kinderanzahl unterscheidet. Die Unterschiede im Lebensarbeitseinkommen zwischen Männernn und Frauen sind eher durch geschlechtsspezifische Unterschiede in beobachtbaren Merkmalen als durch Unterschiede in der Entlohnung bedingt.
Kapitel 4 nutzt die Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) um die Geschlechterunterschiede der Selbstständigenquote in Deutschland zu analysieren. Hierzu untersuchen wir die Eintrittswahrscheinlichkeit in die Selbstständigkeit, die für Frauen signifikant niedriger ist als für Männer. Neben den üblichen Kontrollvariablen und Arbeitsmarktcharakteristiken wie dem Bildungsstand und bisheriger Berufserfahrung kontrollieren wir auch für Persönlichkeitseigenschaften und Risikobereitschaft. Mit Hilfe eines Zerlegungsansatzes können wir zeigen, dass ein großer Teil des Geschlechtsunterschiedes des Eintritts in die Selbstständigkeit, durch die geringere Risikobereitschaft von Frauen erklärt werden kann. Sobald man bei den Berechnungen für Risikobereitschaft kontrolliert, spielen weitere Persönlichkeitseigenschaften nur noch eine geringfügige Rolle.
Kapitel 5 untersucht die Auswirkungen der Partnerwahl auf die Einkommensungleichheit. Im Allgemeinen ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide Partner eines Paares den gleichen Bildungsstand haben, im Laufe der Zeit gestiegen. Da ein höheres Bildungsniveau allgemein mit einem höheren Einkommen verbunden ist, könnte eine Zunahme der assortativen Partnerwahl zu einer höheren Konzentration der Haushaltseinkommen von Paaren mit höherem Bildungsstand und damit zu einem Anstieg der Ungleichheit führen. Dies könnte jedoch eher eine Folge der zugrunde liegenden Veränderungen sein. Anhand von Daten des Panel of Income Dynamics (PSID) und des SOEP zeigen wir, dass der Anstieg der ähnlich gebildeten Paare nicht auf eine grundlegende strukturelle Veränderung der Paarungsmuster zurückzuführen ist, sondern eher auf einen Anstieg des Bildungsniveaus der Frauen und Veränderungen bei der Erwerbsbeteiligung. Die Verknüpfung der Assortativität mit der intergenerationellen Bildungsmobilität und dem elterlichen Hintergrund zeigt, dass die Sortierung nach dem sozialen Hintergrund in den letzten Jahrzehnten stabil geblieben ist. Daher stützen unsere Ergebnisse die Hypothese, dass der Anstieg der assortativen Paarung und ihr Einfluss auf die Einkommensverteilung der Haushalte eher auf die Emanzipation in Hinblick auf Bildung und Arbeitsmarktverhalten der Frauen zurückzuführen ist. Kurz gesagt, der Anstieg der assortativen Paarung spiegelt einen Prozess der wirtschaftlichen Emanzipation und der zunehmenden Partizipationsmöglichkeiten von Frauen wider und nicht eine Veränderung im Paarungsverhalten von Männern oder Frauen.