Zur Untersuchung des Impfverhaltens internistischer Patienten wurde in der vorliegenden Studie von August 2004 bis April 2008 eine Zufallsstichprobe von 803 Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 61 Jahren einer internistischen Abteilung am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam analysiert. Anhand eines standardisierten Fragenbogens wurden der Impfstatus, das Impfwissen sowie die allgemeine Einstellung der Patienten gegenüber Impfungen erhoben. Die Erfassung des Impfstatus erfolgte bei einem Teil der Patientengruppe (19,7%) nach Überprüfung des Impfausweises. Bei einem anderen Teil der Befragungsgruppe, insgesamt 80,3%, war ein Impfdokument zum Befragungszeitpunkt nicht vorliegend. Hier wurden die subjektiven Angaben der Patienten zum Impfstatus erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Qualitäten der Angaben und stellt daher keine rein quantitative Erfassung des Impfstatus dar, sondern ermöglicht auch eine qualitative Betrachtung des Impfverhaltens der Gesamtuntersuchungsgruppe. Durch Befragungen der Patienten zu ihrer grundsätzlichen Einstellung zu Impfungen sowie ihr Impfverhalten wurden die wichtigsten Faktoren herausgearbeitet, die in besonderer Weise die Impfraten beeinflussen können. In dieser Studie konzentrierte man sich in der Befragung der Patienten speziell auf Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Hepatitis A und B, Pneumokokken, Influenza und Meningokokken. Der Informationsgrad der Patienten über ihren Impfstatus war generell niedrig. Dabei zeigten sich jedoch je nach Impfung deutliche Unterschiede: So war der Anteil der Patienten, die sich nicht an eine Schutzimpfung erinnern konnten, hinsichtlich der Impfung gegen Diphtherie mit 32,3% der Befragten am höchsten, während dieser beispielsweise für die Influenza-Schutzimpfung nur 13,8% betrug. Die Erhebung des Impfstatus ergab die höchsten Impfraten für Tetanus (45,1%) und Influenza (44,8%). In höherem Alter wuchsen für alle Impfungen die Impflücken grundsätzlich an und betrugen in der Altersgruppe der über 90-Jährigen, abgesehen von der Grippeschutzimpfung, meist nahe 100%. Bei den Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und B offenbarte sich das Problem unvollständiger Impfserien, die eine mangelnde Immunität zur Folge haben. Dabei hatten zwar 13,5% der Befragten eine Hepatitis A-Immunisierung erhalten, jedoch konnten nur 0,9% einen effektiven Immunschutz bei vollständiger Impfserie aufweisen. Im Falle der Hepatitis B-Schutzimpfung hatten zwar 13,3% aller Befragten eine Teilimmunisierung erhalten, jedoch hatten insgesamt nur 0,5% die Impfserie korrekt komplettiert. Ein großer Teil der Patienten war nicht über die Notwendigkeit von Folge- oder Auffrischungsimpfungen aufgeklärt. Ein komplett fehlender Impfschutz war am häufigsten bei der Pneumokokken-Impfung (80,7%), der Hepatitis A-(86,6%) und Hepatitis B-Impfung (86,6%) sowie vor allem bei der Meningokokken-Impfung (98,6%) festzustellen. Ein zentraler Aspekt dieser Studie war die Betrachtung der Impflücken bei von der STIKO definierten Patientengruppen, die eine Indikation für eine entsprechende Impfung aufweisen. Hier fiel sowohl bei der Hepatitis A- als auch der Hepatitis B-Immunisierung die hohe Zahl der Befragten mit einer Leberzirrhose auf, die trotz entsprechender Empfehlungen keinen sicheren Impfschutz (99,1% bzw. 73,6%) aufwiesen. Auch bei anderen chronischen Lebererkrankungen war die Quote der Patienten ohne sicheren Impfschutz mit 97,2% (Hepatitis A) bzw. 81,7% (Hepatitis B) sehr hoch. Die Patienten mit einer chronischen Alkoholkrankheit verfügten jeweils über keinen entsprechenden Impfschutz, was mitunter auch einem Compliance - Problem geschuldet ist. Ähnlich problematisch erwies sich die Rate der Pneumokokken – Schutzimpfung, die 73,2% der Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen, 78,6% der über 60-Jährigen, und deutlich über 80% der Patienten mit anderen chronischen Erkrankungen nicht nachweisen konnten. Von den 13 befragten Patienten mit einem bekannten Immundefekt war kein einziger gegen Pneumokokken geimpft worden. Bei der Influenza- Schutzimpfung wiesen 42,5% innerhalb der Gruppe der über 60-Jährigen, für die eine ausdrückliche STIKO- Impfempfehlung gilt, keinen effektiven Impfschutz auf. Diese Rate betrug bei den Patienten mir einer chronischen Lungenerkrankung 44,3%. Mindestens 40% der Patienten mit einer chronischen Erkrankung wie z.B. Diabetes mellitus besaßen keinen Impfschutz. Einen Meningokokken-Impfschutz besaß keiner der Patienten mit einem nachgewiesenen Immundefekt. Die Erhebung von möglichen Gründen oder Argumenten für fehlende Impfungen ergab, dass über die Hälfte der Patienten zuletzt überhaupt keine Impfberatung durch den Hausarzt erhalten hatte. Eine fehlende Impfberatung stellt allerdings nach Ergebnissen dieser Studie mit 73,5% für einen großen Anteil der Patienten, insbesondere für die älteren von ihnen, den wichtigsten Grund für Impfversäumnisse dar. Der Anteil der Impfgegner unter den Patienten in dieser Studie ist mit 8,6% relativ gering. Diese Studie konnte insgesamt aufzeigen, dass die Impfraten unter Erwachsenen noch immer unbefriedigend sind. Dies wurde vor allem bei jenen Patientengruppen deutlich, die nach STIKO aufgrund eines erhöhten Risikos eine Indikation für spezifische Schutzimpfungen aufweisen. Trotz des hohen Niveaus ärztlicher Versorgung sowie des Rückgangs vieler Infektionskrankheiten sind daher zahlreiche Anstrengungen aller Akteure im medizinischen und gesundheitspolitischen Bereich nötig, um den allgemeinen Impfstatus, das Impfwissen und somit das Impfverhalten der Bevölkerung zu verbessern.
The study is based on a survey of 803 patients of the department of internal medicine at the Hospital Ernst von Bergmann in Potsdam. The survey was conducted between 2004 and 2008. Patients were asked about their immunisation status, their knowledge on immunisation and their general compliance with recommended vaccinations. The immunisation status of one part of the surveyed patients (19,7%), was examined after asesssing their vaccination card, whereas for another part (80,3%), only subjective data could be recorded because no vaccination card was available. Patients were surveyed both on the basis of their subjective knowledge on received immunisations and on the basis of their personal vaccination document, especially with regard to their immunisation status against Tetanus, Diphtheria, Hepatitis A und B, Pneumococcal desease, Influenza and Meningococcal disease. The level of knowledge of the surveyed patients about their immunisation status was generally low, with differences between the particular vaccinations, e.g. information about the immunisation status against Diphtheria was very much lower when compared with the immunisation against Influenza. The most important immunisation rates were detected for Tetanus (45,1%) and Influenza (44,8%). With growing age vaccinations gaps are increasing, whereas in the case of vaccinations against Hepatitis A and B, immunisation series often proved to be incomplete because many patients were not briefed about the necessity of subsequent booster vaccinations. The most important vaccination gaps were detected with regard to the status of immunisation against Pneumococcal disease (80,7%), Hepatitis A-(86,6%) and Hepatitis B (86,6%) and above all Meningococcal disease (98,6%). This situation is particularly problematic for patients with chronicle diseases. Many patients with a liver cirrhosis, Hepatitis A, Hepatitis B and chronicle alcoholic disease had not an adequate immunisation despite respective recommondations of the German Standing Committee on Vaccination (STIKO). With regard to the level of immunisation against Pneumococcal desease and Influenza, a similar picture can be drawn. Many patients did not receive an adequate advice on recommended vaccinations by their general practitioner; a factor that causes vaccination gaps especially of elder patients. The percentage of vaccination deniers among the surveyed patients in this study is, however, with 8,6 % rather low. In general, immunisation rates among adults are still unsatisfactory, especially with regard to those patients with a risky health status where specific immunisations are highly recommended by the STIKO; a fact that calls upon all involved actors and institutions to better the situation.