Durch Migration steigt die Prävalenz an angeborenen Anämien in Ländern mit bisher niedrigem Vorkommen dieser Erkrankungen. Eine frühzeitige Diagnosestellung sowie verbesserte Therapien haben die Lebenserwartung für diese Patient*innen deutlich erhöht. Neben der medizinischen Versorgung erlangt daher die Sicherstellung einer hohen Lebensqualität immer mehr an Bedeutung. Sowohl die Erkrankungen als auch die Therapien können potenziell fertilitätsschädigend sein. Unerfüllter Kinderwunsch kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben. Mit der vorliegenden Arbeit sollte ein umfassendes Verständnis der Relevanz fertilitätsbezogener Aspekte für Patient*innen mit angeborenen Anämien gewonnen und der aktuelle Stand der Fertilitätsberatung, -untersuchung und Nutzung fertilitätserhaltender Maßnahmen er-fasst werden. Hierzu erfolgte eine multizentrische Studie über drei europäische Län-der. Eingeschlossen wurden Patient*innen mit behandlungsbedürftigen angeborenen Anämien zwischen 12-50 Jahren. Mittels Fragebogen wurden Kinderwunsch, Gründe für Kinderlosigkeit sowie die Erinnerung an eine Fertilitätsberatung, -untersuchung und Nutzung fertilitätserhaltender Maßnahmen erfasst. Die Variablen wurden hinsichtlich soziodemografischer und medizinischer Einflussfaktoren untersucht. Insgesamt nahmen 121 Patient*innen an der Befragung teil. Der von 89,7% aller Patient*innen angegebene Kinderwunsch zeigte sich unabhängig von Alter, Geschlecht, Gesund-heitsstatus oder Art der Therapie. Es wurden 20 Schwangerschaften sowie zehn Ge-burten angegeben. Als Hauptgründe für bisherige Kinderlosigkeit wurden ein zu jun-ges Alter sowie Sorge der Weitergabe der Erkrankung genannt. 30,2% aller Pati-ent*innen konnten sich an eine Fertilitätsberatung erinnern. Ältere Patient*innen so-wie jene, welche einen Stammzelltransplantation erhalten hatten, gaben häufiger an, sich an eine Fertilitätsberatung zu erinnern. Unabhängig von Alter, Geschlecht oder Therapie konnten sich 12% der Patient*innen an eine Fertilitätsuntersuchung erin-nern. Die Erinnerung an eine Fertilitätsberatung korrelierte mit der Erinnerung an eine -untersuchung sowie einer erhöhten Nutzung fertilitätserhaltender Maßnahmen. Ins-gesamt nutzten sechs Patient*innen fertilitätserhaltende Maßnahmen. Die vorliegende Arbeit zeigt die Relevanz von Kinderwunsch für Patient*innen mit angeborenen Anä-mien bei gleichzeitig geringer Erinnerung an eine Beratung zum Thema Fertilität. Für die langfristige Versorgung ist eine umfassende Aufklärung über mögliche Fertilitätsri-siken- und erhaltungsmaßnahmen notwendig. Hierfür, wie auch für Fertilitätsuntersu-chungen, sollten Handlungsempfehlungen für alle Patient*innen mit angeborenen Anämien, unabhängig von der Art der Therapie, erstellt werden. Durch frühzeitige Auf-klärung und Erkennung möglicher Fertilitätsstörungen sowie Beratung zu reprodukti-ven Möglichkeiten kann eine selbstbestimmte Familienplanung ermöglicht und damit die Lebensqualität der Patient*innen verbessert werden.
Due to migration, the prevalence of congenital anemia is increasing in countries with a previously low incidence of these diseases. Early diagnosis and improved therapeutic options have significantly increased life expectancy for patients. Ensuring a high quality of life is therefore becoming increasingly important. Both the underlying diseases and therapies can potentially impair fertility. An unfulfilled desire for parenthood can have a considerable impact on quality of life. The aim of this thesis was to gain a comprehensive understanding of the relevance of fertility-related aspects for patients with congenital anemia and to assess the current status of fertility counseling, - testing and the utilization of fertility preservation. For this purpose, a multicenter study was conducted across three European countries. Patients with congenital anemia requiring treatment between the age of 12-50 were included. A questionnaire was used to assess the desire for parenthood, reasons for not having children and the frequency of recalling fertility counseling, - testing and utilization of fertility preservation. The variables were examined with regard to influencing socio-demographic and medical factors. In total 121 patients participated in the study. The desire for parenthood reported by 89.7% of all patients was independent of age, gender, health status or type of treatment. Twenty pregnancies and ten births were reported. The main reasons for not having children to date were being too young and having concerns about passing on the disease. 30.2% of all patients could remember receiving fertility counseling. Older patients and those who had undergone HSCT were more likely to recall fertility counseling. Regardless of age, gender, or type of treatment 12% of patients recalled fertility testing. Recalled fertility counseling increased the recall of fertility testing and the utilization of fertility preservation. A total of six patients used fertility preserving measures. The present study shows the relevance of desire for parenthood for patients with congenital anemia. At the same time recall of fertility counseling was low. Counseling on possible risks of infertility and options for fertility preservation is necessary for long-term care. For this purpose, as well as for fertility testing, standardized guidelines should be developed for all patients with congenital anemia, independent of the type of therapy. Early counseling and detection of possible fertility impairment as well as counseling on reproductive options can enable self-determined family planning and thus improve quality of life for patients.