Flüchtlingslager sind der Inbegriff von Displacement. Sie gelten als geschlossene und isolierte Räume, die vom ökonomischen, kulturellen und sozialen Austausch mit der Aufnahmegesellschaft und weiterreichenden Netzwerken abgeschnitten sind. Sie werden als »Nicht-Orte« wahrgenommen, an denen Menschen nur vorübergehend zusammenkommen, ohne eine Beziehung zueinander oder zu diesem Ort zu entwickeln. Die Vorstellung, dass Flüchtlinge in Lagern in einem sozialen »Schwebezustand« leben, hat zudem zu der Annahme geführt, dass kollektive Veränderungsprozesse an diesen Orten zum Stillstand gekommen sind. In meiner Arbeit zeige ich jedoch, dass Flüchtlingslager auch Orte des Emplacement sein können, an denen neue kollektive soziale, politische und räumliche Zugehörigkeiten entstehen. Emplacement bezeichnet den Prozess, in dem Menschen sich einen unwirtlichen Ort aneignen und ihn mit der Zeit in einen Ort der Zugehörigkeit transformieren. Ich untersuche diesen Prozess am Beispiel der saharauischen Flüchtlingslager in Algerien, eine der langwierigsten Flüchtlingssituationen weltweit. Die Lager sind charakterisiert durch den Kampf der saharauischen Bevölkerung um die noch immer ausstehende Dekolonisierung ihres Landes, der Westsahara, und durch tiefgreifende sozioökonomische Veränderungen. In diesen Prozessen spielt Mobilität eine wichtige Rolle. Sie ist in den letzten Jahrzehnten sehr facettenreich, zirkulär und transnational geworden und erstreckt sich über die Flüchtlingslager, Nordwestafrika, Europa, Asien und die Amerikas. In meiner Arbeit zeige ich auf, wie sich die sozialen, politischen und räumlichen Zugehörigkeiten saharauischer Flüchtlinge in diesem Kontext entwickelt haben, und gehe insbesondere auf die Erfahrungen der zweiten Flüchtlingsgeneration ein. Damit trage ich zu einem erweiterten Verständnis des Zusammenhangs von Ort und Zugehörigkeit in langwierigen Flüchtlingslagern bei.
Refugee camps are the very epitome of displacement. They are perceived as closed and isolated spaces, cut off from economic, cultural, and social exchanges with the host society and wider networks. They are seen as »non-places«, where people come together only temporarily, without forming a relationship with each other or with this place. The idea that refugees inhabiting a camp live in a state of social »limbo« has also led to the assumption that collective processes of change have come to a standstill in such a context. However, as this research demonstrates, refugee camps can also become sites of emplacement, where new collective social, political and spatial belongings emerge. Emplacement refers to the process by which people adopt an inhospitable place and, over time, transform it into a place of belonging. This dissertation examines this process through the case of the Saharawi refugee camps in Algeria, which are one of the most protracted refugee situations in the world. These camps are characterised by the Saharawi population’s ongoing struggle for the decolonisation of their country, Western Sahara, and by profound socio-economic changes. Multifaceted, circular, and transnational mobility plays an important role in these processes, spanning the refugee camps, Northwest Africa, Europe, Asia, and the Americas. The dissertation explores the social, political, and spatial notions of belonging that Saharawi refugees have developed in this context, with a particular focus on the experiences of the second refugee generation. The study thus contributes to a broader understanding of the relationship between place and belonging for people living in protracted exile.