Die Dissertationsschrift befasst sich mit pfadabhängigen Entwicklungen in Organisationen und leistet einen Beitrag zur weiteren Ausdifferenzierung der theoretischen Aussagen des Modells organisatorischer Pfadabhängigkeit sowie einer Erweiterung um eine Phase des Pfadbruchs. Die Arbeit widmet sich zunächst der Frage, wie und warum anhand adaptiver Erwartungen, Routinen als regelgeleitete Lösungsmuster wiederkehrender Probleme in Unternehmen ausgebildet und organisationale Kompetenzen hyperstabilisiert werden. Daran anschließend wird der Frage nachgegangen, wie in einer solchen „Lock-in- Situation“ Flexibilität absichtsvoll wieder eingeführt werden kann. In diesem Forschungsunterfangen wendet sich die Arbeit der Musikindustrie zu und analysiert im Rahmen einer eingebetteten Fallstudie die organisationalen Kompetenzen zweier großer Tonträgerunternehmen bzw. die Routinen in der Vermarktung von Musik. Nach der Vorstellung des theoretischen Bezugsrahmens und empirischen Methodik, werden die Ergebnisse der Fallstudie dargelegt. Es wird aufgezeigt, dass beide analysierten Unternehmen eine ähnliche organisationale Kompetenz der Musikvermarktung entwickelt haben, die in Veröffentlichungs- und Auswertungsroutinen ihre praktische Entsprechung findet. Die Analyse ergibt, dass die Vermarktungsvollzüge einem Muster folgen, das als Grammatik verstanden werden kann. Darüber hinaus wird gezeigt, dass die Reproduktion der Grammatik gelockt ist aufgrund des selbstverstärkenden Effekts adaptiver Erwartungen an die Genese von Hits im Markt. Die anschließende historische Rückverfolgung dokumentiert die Prägung der adaptiven Erwartungen durch kritische historische Ereignisse sowie Agency im Feld der Musikindustrie und erörtert gleichsam die Entwicklung der organisatorischen Pfadabhängigkeit der Musikvermarktung. Darüber hinaus wird der gegenwärtige Rationality Shift hinsichtlich der uneingeschränkten Vorteilhaftigkeit der Grammatik aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund wird das derzeitige Explorieren von und Experimentieren mit alternativen Handlungsoptionen in beiden Tonträgerunternehmen eingehender analysiert. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass in einem der beiden Unternehmen ein, den theoretischen Aussagen des Pfadmodells zufolge zumindest unwahrscheinliches, De-Locking absichtsvoll realisiert wird. Die Antizipation einer besseren Alternative in Kombination mit den adaptiven Erwartungen gegenläufigen Handlungen, wird dabei als ursächlich für die Re-Flexibilisierung der Organisation identifiziert. Abschließend werden die Fallstudienergebnisse mit den theoretischen Debatten rund um das Modell organisatorischer Pfadabhängigkeit verknüpft. Die dargelegte Konzeptualisierung eines Pfadbruchs als absichtsvolle Herbeiführung eines sich selbst verstärkenden Prozesses von Abweichung und Protektion der Abweichung wird diskutiert und darüber hinaus die sich ergebenen Konsequenzen für die Forschung zu organisationalen Unternehmenskompetenzen und Kompetenz-Management umrissen.
The thesis addresses path dependence in organizations. It thereby contributes to further differentiate and extend the propositions underlying the theoretical model of organizational path dependence. In particular, this volume is dedicated to answer questions of how and why adaptive expectations drive the formation of organizational routines and why these routines rigidify ultimately. In addition, the thesis sheds light on how organizations manage to regain flexibility in face of such an organizational lock-in. In order to answer these questions, the empirical investigation focuses on the music industry. By means of an embedded case study, I analyse the organizational competences and the recorded music marketing routines of two major labels. First, I present the theoretical framework and the method of the empirical investigation. The subsequent presentation of the case study results shows that both studied major labels have developed similar organizational competences that correspond with routines of releasing and exploiting music. The analysis of these routines reveals that the performances of releasing and exploiting new records resemble a pattern that can be understood as a grammar. It is shown that grammar reproduction is locked-in due to adaptive expectations about how hit-records emerge in the market place. Furthermore, the results section reports on the process tracing done within the case study. The findings show that adaptive expectations (and hence the organizational lock-in) of the two studied major labels came into existence as a result of a path dependent process that spans the boundaries of the focal organizations. Evidence stresses the fact that critical events and agency in the field of the music industry have coined the grammar in marketing records. Finally, the case narrative looks at the recent changes and the shift in rationality that recorded music marketing experienced when digitization and the internet diffused. Against this background, the efforts of exploring and experimenting with alternative action pattern in both studied major labels are analysed. The analysis reveals that in one of the two cases a rare phenomenon of break in organizational path dependence has been realized. By means of case comparison, the results show that, on the basis of a vague anticipation of alternative course of action in music marketing, deviating from the grammar combined with procedures counter acting the adaptive expectations have been driving the recovery of organizational flexibility and adaptation.