Die vorliegende Arbeit untersucht im Rahmen einer quasi-experimentellen Studie erstmalig Veränderungen im psychologischen, affektiven und kognitiven Wohlbefinden der Teilnehmer während einer Ausbildung in Angewandter Positiver Psychologie (AAPP). Die AAPP vermittelt wesentliche Konzepte und Interventionen der Positiven Psychologie und schließt mit einer Zertifizierung durch den Deutschsprachigen Dachverband für Positive Psychologie e.V. ab. Es handelt sich dabei um ein berufsbegleitendes Präsenztraining für Menschen, die professionell in Beratung, Therapie, Erziehung, Führung oder Training arbeiten. Um Veränderungen zu kontrollieren, die allein aus der unspezifischen Teilnahme an einer berufsbegleitenden Fortbildung resultieren, wurden Teilnehmer einer Coachingausbildung als Kontrollgruppe herangezogen. Über Selbsteinschätzungs-Fragebögen wurden verschiedene Aspekte des Wohlbefindens (well-being) und der Depression und des Burnoutrisikos (ill-being) erfasst. Mittelwertsunterschiede der Gruppen über die Zeit wurden mit mehreren Kohorten beider Ausbildungs¬gruppenarten längsschnittlich mit multivariaten Varianzanalysen mit Messwiederholung geprüft. Es wurde erwartet, dass sich Flourishing, Wohlbefinden und die Befindlichkeit der PP-Teilnehmer stärker verbessern würde, da sie sich im Rahmen ihrer Ausbildung intensiv mit Interventionen der PP auseinandersetzen, die Wohlbefinden fördern. In einer Coachingausbildung stehen dagegen Strategien der Problemlösung und Zielerreichung im Mittelpunkt. Auch dies könnte die subjektive Belastung senken; deshalb wurde in Bezug auf Depression und Burnout kein systematischer Unterschied zwischen den Gruppen erwartet. Zwischen den Gruppen zeigte sich bereits im Ausgangsniveau ein Unterschied im Wohlbefinden; die Teilnehmer der AAPP waren glücklicher und berichteten weniger Symptome von Depression oder Burnout. Gruppenvergleiche mussten deshalb durch Propensity Score Matching sichergestellt werden. Dies ermöglicht aussagekräftigere statistische Vergleiche, allerdings auf Kosten der Teststärke, da fehlende Werte fallweise ausgeschlossen werden mussten und nur die Werte der gematchten Paare aus Treatment- und Vergleichsgruppe in die Auswertung eingingen. Effekte wurden deshalb möglicherweise konservativer geschätzt; dies war möglicherweise ein Grund für die wenigen statistisch signifikanten Haupteffekte. Die Erwartung, dass sich bei den Teilnehmern der AAPP das Wohlbefinden stärker verbessert, konnte nicht eindeutig bestätigt werden. Nur in einem Teil des Datensatzes, der für die Auswertung in zwei getrennte Studien zusammengefasst worden war, zeigte sich in der AAPP eine signifikant stärkere Erhöhung der Variable Flourishing. Für die anderen Konstruktbereiche konnten leichte Tendenzen festgestellt werden, jedoch keine signifikanten Effekte Gruppe*Zeit. Die Hypothese, dass sich beide Gruppen in Bezug auf Depression und Burnout nach der Ausbildung nicht unterscheiden, konnte nur teilweise bestätigt werden. Ein möglicher Grund für die wenigen nachweisbaren Gruppenunterschiede über die Zeit könnte sein, dass beide Ausbildungen zu „wirken“ scheinen. Zudem könnten Decken- bzw. Bodeneffekte vorliegen, da die Werte der Teilnehmer der AAPP im Wohlbefinden stets über denen der Kontrollgruppe lagen; für die klinischen Variablen dagegen darunter. Die Gruppenmittelwerte tendierten häufig zum Ende des Skalenbereichs. Um statistisch fundiert zu beantworten, ob eine AAPP das Wohlbefinden der Teilnehmenden stärker fördert als eine Coachingausbildung, wäre ein weiterer Vergleich mit einer dritten weiteren no-treatment Kontrollgruppe nötig, am besten mit randomisierter Gruppenzuteilung. Die Durchführung dieser Untersuchung unter realen Bedingungen im Feld der Erwachsenenbildung erforderte umfangreiche Maßnahmen zur Sicherung der internen Validität, zeichnet sich aber gleichzeitig auch durch hohe externe Validität aus.
This study is the first to research changes in psychological, affective and cognitive well-being of participants during and after their training in Applied Positive Psychology (TAPP). This on-site training teaches core concepts and interventions of Positive Psychology (PP). To control for changes which might result from the sheer participation in such a training of further education, participants of a coaching course were recruited as a control group. In a quasi-experimental design, various aspects of well-being and ill- being were assessed. In a longitudinal design, data was collected from several cohorts of both training groups, Applied Positive Psychology and coaching and analysed by repeated-measures MANOVAs. Well-being was expected to increase more for the participants of the TAPP. A coaching training, however, might also reduce stress and ill-being; therefore no systematic differences between groups were expected in regard to the clinical variables of depression and risk for burnout. Baseline measures showed differences in well-being between groups: participants of the TAPP were already happier and less depressed when they started their training. To ensure statistical comparability of groups, Propensity Score Matching was implemented. It might lead to reduced power of testing, though, because missing values have to be treated by listwise deletion. Effects might therefore be estimated more conservatively, a reason why few interaction effects proved significant. The hypothesis that the treatment group would show larger increases in well-being could not be confirmed without any doubt. Only in one part of the data set, which, for analyses, had been aggregated into two distinct studies, higher increases in flourishing over time could be found in the treatment group. Similar tendencies, but no significant interaction effects, appeared for the other constructs of well-being. The hypothesis that treatment and control group do not differ after their respective trainings could not be confirmed in regard to the clinical variables of depression and risk for burnout. The lack of significant interaction effects group*time might be explained by the fact that both trainings seem to “work”. Furthermore, different baseline levels of well- being and ill-being might have led to ceiling or floor effects. Only a comparison with a third non-training condition might help to reliably answer the question whether a TAPP can increase well-being more than a coaching training. Furthermore, randomized group allocation would be most valuable, although hard to achieve in such a real-world setting of further education. Applied research will stay an indispensable area of scientific investigation because of its stronger external validity. The conduction of such study under natural conditions, and not in a laboratory setting or with a student population, required extensive measures to strenghten internal validity, while ensuring high external validity.