Die 42 Aminosäuren lange Form des Amyloid-β-Peptids (Aβ42) führt zum Verlust von Synapsen und Nervenzellen und nimmt daher eine ursächliche Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit ein. Dieses Peptid entsteht durch die Prozessierung des Amyloid-Vorläuferproteins (APP) durch die β- und γ-Sekretasen. Infolge des sequentiellen Proteolysemechanismus der γ-Sekretase werden neben Aβ42 auch weitere Aβ-Spezies mit unterschiedlicher Länge gebildet. Das β-CTF (C-terminales APP-Fragment nach erfolgter β-Sekretase- Spaltung) dimerisiert über drei konsekutive GxxxG-Motive in der Transmembransequenz (TMS). Die GxxxG-vermittelte Helix-Helix-Interaktion wirkt sich dabei maßgeblich auf die sukzessive γ-Sekretase-Spaltung des β-CTF aus und führt vermehrt zur Bildung des neurotoxischen Aβ42-Peptids. Hingegen begünstigt eine abgeschwächte Dimerisierung, bedingt durch Punktmutationen im zentralen GxxxG-Motiv, die Entstehung von Aβ38 und auch kürzeren Aβ-Peptiden auf Kosten von Aβ42. Interessanterweise wurde diese reziproke Veränderung in verschiedenen in vitro- und in vivo-Experimenten auch für niedermolekulare Substanzen, wie Sulindac Sulfid und Indomethacin, beobachtet, die heute klassische γ-Sekretase-Modulatoren (GSMs) darstellen. Indessen wurde der entgegengesetzte Effekt für Fenofibrat und Celecoxib gefunden - zwei wichtige Vertreter der inversen γ-Sekretase-Modulatoren (iGSMs). Im Rahmen dieser Arbeit wurde erstmals der direkte Zusammenhang zwischen der Aβ-modulierenden Wirkung klassischer GSMs sowie iGSMs und der GxxxG-vermittelten Dimerisierung detailliert untersucht. Die direkte Interaktion von GSMs mit der Aβ-Sequenz als mögliches molekulares Target wurde in dieser Arbeit mittels SPR-Analysen und NMR-spektroskopischen Experimenten untersucht. Es konnte nachgewiesen werden, dass sowohl Sulindac Sulfid und Indomethacin als auch das hochwirksame GSM-1 direkt an die Aβ-Sequenz binden, während inaktive Sulindac-Derivate keine spezifische Bindung zeigten. Es stellte sich heraus, dass die APP-TMS für diese Interaktion von Bedeutung ist. Des Weiteren machten molekulare Ligandenbindungs-Modelle deutlich, dass die flache Dimer-Kontaktfläche der APP-TMS, gebildet aus den Glycin-Resten der drei aufeinander- folgenden GxxxG- Motive, eine ideale Kontaktfläche für solche Aβ42-reduzierenden Substanzen darstellt. Diese Ergebnisse unterstützen die experimentellen Daten Um den Einfluss dieser Substanzen auf die Dimerisierung der APP-TMS in lebenden Zellen zu analysieren, kam ein bakterieller Reportergen-basierter Dimerisierungs-Assay zum Einsatz. Die Resultate zeigen bemerkenswerterweise, dass die homophile Helix-Helix Interaktion der APP-TMS durch Sulindac Sulfid und Indomethacin abgeschwächt wird, nicht jedoch durch inaktive Sulindac- Derivate. Zudem offenbarte sich, dass GSM-1 diesbezüglich noch wirkungsvoller war als Sulindac Sulfid. Des Weiteren wurden neuartige Sulindac-Derivate systematisch untersucht. Beachtlicherweise konnte eine direkte Korrelation hinsichtlich der Aβ-Modulation, der TMS-Dimerisierung und der Bindung an Aβ42 nachgewiesen werden. Es ließen sich zudem Rückschlüsse auf die Struktur- Wirkungs-Beziehung dieser Substanzen ziehen. Bei der Analyse klassischer iGSMs stellte sich heraus, dass weder Fenofibrat noch Celecoxib in der Lage war, unter den verwendeten experimentellen Bedingungen an die monomere Aβ-Sequenz zu binden. Dennoch ließ sich die Dimerisierung der APP-TMS durch Celecoxib konzentrationsabhängig stabilisieren. Dies weist also darauf hin, dass bestimmte iGSMs die GxxxG-vermittelte Dimerisierung entgegengesetzt zu GSMs modulieren können. Zusammengefasst machen diese Befunde deutlich, dass niedermolekulare Substanzen Einfluss auf die Aβ-Bildung nehmen können, indem sie sich direkt auf die Dimerisierung der APP-TMS auswirken. Daraus erschließt sich ein völlig neuartiger Wirkmechanismus für solche Substanzen. Diese Daten wurden teilweise in der internationalen Fachzeitschrift »Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America« (PNAS) veröffentlicht (Richter et al., 2010). Weitere Untersuchungen mit anderen dimerisierenden Sequenzen legten jedoch nahe, dass die Fähigkeit von Sulindac Sulfid und Celecoxib zur Modulation der Dimerisierung nicht allein auf die APP-TMS beschränkt ist. Folglich besteht die Notwendigkeit, Substanzen mit erhöhter Spezifität gegenüber der TMS von APP zu entwickeln. Das zentrale GxxxG-Motiv in der APP-TMS spielt zudem eine wesentliche Rolle bei der Aggregation von Aβ42 und fördert die Ausbildung neurotoxisch wirkender Oligomere. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war es, den möglichen Einfluss protektiver Aβ42-reduzierender Substanzen auf die Oligomerisierung und Fibrillenbildung von Aβ42 zu analysieren. Zu diesem Zweck wurden Größenausschluss-Chromatographien und elektronenmikroskopische Analysen durchgeführt. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Oligomerisierung von Aβ42 in Anwesenheit von Sulindac Sulfid beschleuningt war, während die Bildung von reifen Fibrillen maßgeblich unterdrückt wurde. Diese Ergebnisse zeigen überzeugend, dass durch Aβ42-reduzierende Substanzen nicht nur die APP- Prozessierung in Richtung kürzerer, nicht toxischer Aβ-Spezies verschoben wird, sondern zudem auch eine Verschiebung der Oligomerisierung von Aβ42 hin zu höheren, nicht toxischen Oligomeren sattfindet. Beide Eigenschaften lassen sich dabei wohl auf die duale Rolle der GxxxG-Motive in der APP-TMS zurückführen. Schließlich ergab sich in der vorliegenden Arbeit eine neue und vielversprechende Strategie zur Therapie der Alzheimer-Krankheit, die neue Möglichkeiten zur Identifizierung und Entwicklung neuartiger Aβ42-reduzierender Substanzen mit optimierten pharmakologischen Eigenschaften eröffnet.
The 42-amino acid residue isoform of the amyloid-β peptide (Aβ42) contributing to synaptic and neuronal loss is thought to be the main culprit in the pathogenesis of Alzheimer’s disease. This peptide is generated by proteolytic processing of the amyloid precursor protein (APP) by β- and γ-secretases. Besides Aβ42 several Aβ species of variable length are produced as a result of the sequential γ-secretase cleavage mechanism. β-CTF (C-terminal fragment of APP after β-secretase cleavage) dimerizes via three consecutive GxxxG motifs in its transmembrane sequence (TMS). The GxxxG-mediated helix-helix interaction has regulatory impact on the successive γ-secretase cleavage process, thereby leading to the increased production of the neurotoxic Aβ42 peptide. In contrast, an attenuated dimerization strength induced by point mutations in the central GxxxG motif results in a reduced Aβ42 production in favor of Aβ38 or even shorter Aβ peptides. Interestingly, this inverse regulation has also been observed in numerous in vitro and in vivo studies for small compounds, like sulindac sulfide and indomethacin, being classified as γ-secretase modulators (GSMs). The opposite effect has been found for fenofibrate and celecoxib, two well-known inverse γ-secretase modulators (iGSMs). In this thesis the direct link between the Aβ-modulating effects of GSMs and iGSMs and the GxxxG-mediated dimerization was analyzed for the first time. The direct interaction of classical GSMs with the Aβ sequence as a potential molecular target was examined by SPR experiments and NMR spectroscopy. It was observed that sulindac sulfide and indomethacin as well as the highly potent GSM-1 directly bind to the Aβ sequence, whereas all inactive sulindac derivatives did not show specific binding. The APP-TMS was found to be critical for this interaction. Moreover, molecular docking analyses showed that the flat dimer interface within the APP-TMS composed of the alternating glycine residues of the GxxxG motifs forms an ideal contact site for Aβ42-lowering compounds, further supporting the experimental data. In order to analyze the compounds‘ effect on APP-TMS dimerization in living cells a bacterial reporter gene-based dimerization assay was used. Strikingly, it was found that homophilic helix- helix interaction of the APP-TMS was attenuated by sulindac sulfide and indomethacin, but not by inactive sulindac derivatives. In addition, GSM-1 was found to be even more potent than sulindac sulfide. Furthermore, novel sulindac-derived compounds were systematically analyzed. Remarkably, the results show a tight correlation regarding Aβ modulation, APP-TMS dimerization and Aβ42 binding, thereby drawing firm structure-activity relationship conclusions of those compounds. When analyzing classical iGSMs for their ability to bind to the Aβ sequence, neither fenofibrate nor celecoxib were able to interact with monomeric Aβ under the experimental conditions used in this study. However, dimerization of the APP- TMS was stabilized in a dose-dependent manner by celecoxib, indicating an inverse modulation of the GxxxG-mediated dimerization by certain iGSMs. Collectively, these findings strongly demonstrate that small compounds affect Aβ42 production by directly interfering with APP-TMS dimerization, thus providing clear evidence for a new molecular mechanism of action for those compounds. Parts of these results have been published in: PNAS - Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (Richter et al., 2010). Further investigations using other dimerizing sequences revealed that the ability of sulindac sulfide and celecoxib to modulate the dimerization strength is not necessarily restricted to the TMS of APP, though. Accordingly, there is a need for compounds showing improved specificity for the APP-TMS as a molecular target. Additionally, the central GxxxG motif within the APP-TMS plays a pivotal role in early aggregation of Aβ42 and promotes the formation of neurotoxic oligomers. A further aim was to investigate the possible impact of potentially protective Aβ42-lowering compounds on Aβ42 oligomerization and fibrillization. Therefore, size exclusion chromatography and electron microscopy were performed. It was observed that Aβ42 oligomerization was accelerated whereas fibril formation was suppressed by sulindac sulfide. These results convincingly show that Aβ42-lowering compounds not only shift APP processing towards shorter non- toxic Aβ species but also shift Aβ42 oligomerization towards higher non-toxic oligomers. Indeed, both properties can be attributed to the dual role of the GxxxG motifs within the APP-TMS. In conclusion, in this thesis a new promising therapeutic strategy against Alzheimer’s disease has been uncovered and opens novel possibilities for the identification and development of new Aβ42-lowering compounds with optimized pharmacological properties.