Diese Arbeit entwickelt Perspektiven einer eigenständigen kommunikationswissenschaftli- chen Governance-Forschung. Angesichts der fast vollständigen Durchdringung unserer persönlichen wie gesellschaftlichen Kommunikation mit Kommunikationstechnologien wurde dabei der Rolle von Technik in der Strukturierung und Regelung von Medienkom- munikation besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Für dieses Vorhaben bringt die Arbeit die sozial- und rechtswissenschaftlichen Debatten um den Governance-Begriff und neuere Institutionentheorien mit techniksoziologischen Konzepten zusammen und bezieht diese auf kommunikationspolitische Fragen. Im Ergebnis versteht die Arbeit Governance als re- flexive Koordination, d.h. als Verständigungsprozesse über Regeln der medialen Kommuni- kation. Medientechnik in Form von Infrastrukturen, Geräten, Diensten und Algorithmen wird in dieses Konzept integriert als eine Dimension der Institutionalisierung von Regeln, Erwartungen und Handlungsmustern. Auf dieser konzeptuellen Grundlage formuliert die Arbeit vier Perspektiven kom- munikationswissenschaftlicher Governance-Forschung und illustriert diese am Feld Urhe- berrecht: (1.) eine regulative Perspektive, die die Entstehung, Formulierung und Durchset- zung expliziter und verbindlicher Regeln adressiert; (2.) eine normative Perspektive, die die Aushandlung, Institutionalisierung und Auflösung normativer Erwartungen an medie- nkommunikatives Handeln in den Blick nimmt; (3.) eine diskursive Perspektive, die auf die koordinative und ordnende Funktion von Deutungsmustern und Diskursen schaut; (4.) und eine technische Perspektive, die die medientechnische Fundierung von Kommunikation gleichermaßen als Ergebnis wie als Impulsgeber gesellschaftlicher Institutionalisierung versteht, und Technik damit sowohl soziale Kommunikation strukturiert und rahmt als auch selbst Ergebnis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen ist. Mit diesem Konzept trägt die Arbeit zur theoretischen Weiterentwicklung der Kom- munikationspolitik bei, zur Integration verschiedener Perspektiven innerhalb der Kommu- nikationswissenschaft sowie zur Entwicklung eines Vokabulars zur Beschreibung von Technik jenseits des Entweder-Oder von deterministischen und konstruktivistischen Positionen.
This thesis develops a concept of governance for media and communication studies. It spe- cifically addresses the role of media technology in both shaping and reflecting the way we communicate. Conceptually the thesis draws on governance research, institutional theories and science and technology studies. This integration allows to show that governance as the process of negotiating rules and mutual expectations is not restricted to law and policy- ma- king but that it also consists of normative orientations, discursive framings and media technologies. As a result, the thesis suggests four perspective of governance research for media and communication studies: (1) A regulative perspective addressing the provision and enforce- ment of formal rules such as laws, court decisions and terms of service; (2) a normative perspective investigating the prevalent judgements on legitimate and illegitimate be- haviour in a specific community or sector; (3) a discursive perpective addressing the fra- mings and debates on contested issues of communication policy and law; and (4) a techno- logical perspective investigating the embodiment of affordances and rules in infrastruc- tures and algorithms shaping daily routines of communication. This concept of governance contributes to the theoretical development of communi- cation policy and law as a subdiscipline, to the integration of different strands of media and communication studies, and to the nascent conceptual debate on the role of technology in media and communication.