Gottheiten und Kulte in der Dekapolis Die Städte der Dekapolis, die größtenteils im Gebiet des nördlichen Jordaniens liegten, waren nach dem Tod Alexanders des Großen Schauplatz eines Machtkampfes zwischen Ptolemäern und Seleukiden. Seit 64/63 v. Chr. standen die Städte unter römischer Herrschaft. Die Dekapolis war aller Wahrscheinlichkeit nach niemals ein fest umgrenztes, als politische Einheit funktionierendes Bündnis. Ihre wechselvolle Geschichte machte die Dekapolisregion zu einem Schmelztiegel verschiedener Kulturen. Die dadurch ausgelösten vielschichtigen Akkulturationsprozesse beeinflußten auch die Kulte. Die Analyse des vorhandenen Materials liefert Aufschluß über Qualität und Ausmaß der Hellenisierung bzw. Romanisierung sowie über die Verschmelzung verschiedener kultureller Einflüsse. Grundlage der Untersuchung ist ein Katalog, in dem die archäologischen und epigraphischen Zeugnisse für die Gottheiten und Kulte in den Dekapolisstädten Abila, Adraa, Capitolias, Dion, Gadara, Gerasa, Hippos, Pella, Philadelphia und Skythopolis zusammengestellt sind. Diese Zeugnisse entstammen unterschiedlichen Gattungen von der Architektur bis zu Kleinfunden wie Terrakotten, Münzen und Gemmen. Es lassen sich Kulte der unterschiedlichsten Herkunft nachweisen: Neben Gottheiten des griechisch-römischen Pantheons sind ägyptische, arabische, nabatäische, syrische und phönizische Gottheiten vertreten. Die Städte der Dekapolis besaßen orientalischer Tradition gemäß kein Pantheon im klassischen Sinne, das sich aus einer Vielzahl von Göttern mit klar voneinander abgegrenzten Funktionsbereichen zusammensetzte. Stattdessen wurde in den Poleis jeweils ein übergeordnetes Götterpaar verehrt, unter dessen Schutz das gesamte Gemeinwesen stand. In den figürlichen Darstellungen und Schriftzeugnissen treten die Gottheiten in unterschiedlicher Gestalt auf. Zahlreiche in den Dekapolisstädten gefundene Götterbilder folgen der griechisch-römischen Ikonographie. Gelegentlich enthalten solche Darstellungen aber auch einzelne Hinweise auf eine synkretistische Verbindung. Noch deutlicher erscheinen derartige Verbindungen bei Darstellungen, in denen die griechisch-römische und die orientalische Ikonographie miteinander vermischt werden. Schließlich gibt es noch die Gruppe rein orientalischer Bildtypen. Entsprechend treten bei den Inschriften unterschiedliche Benennungsformen von Gottheiten auf: Neben eindeutig orientalischen bzw. nur oberflächlich gräzisierten Götternamen sind es vor allem die zahlreichen Epiklesen, die auf eine orientalische Gottheit hinweisen. Die sakrale Architektur der Dekapolis zeigt ein weitgehend römisches Erscheinungsbild, wobei die Bauwerke lokalen rituellen Bedürfnissen entsprechend modifiziert wurden. Generell ist in den Dekapolisstädten bei aller Anpassung an die neuen Herrscher eine deutliche und zielstrebige Bewahrung der eigenen, einheimischen Kulttraditionen feststellbar. Gleichzeitig wurden Kulte dazu eingesetzt, die griechischen Wurzeln der Poleis und ihrer Bewohner sowie deren Zugehörigkeit zum Imperium Romanum zum Ausdruck zu bringen.
Deities and cults in the Decapolis After the death of Alexander the Great the Decapolis region, situated mainly within the borders of modern Jordan, faced the power struggle between the Ptolemies and the Seleucids. In 64/63 B.C. the cities got under Roman rule. Most probably the Decapolis never existed as political confederation with fixed borders. Because of its changeable history the Decapolis became a melting pot of various cultures in which the resulting complex acculturation processes also had their impact on the cults. An analysis of the existing material gives information on the nature and the extent of the Hellenisation or Romanisation and the fusion of different cultural influences. The study is based on a catalogue comprising the archaeological and epigraphical evidence for deities and cults in the Decapolis cities of Abila, Adraa, Capitolias, Dion, Gadara, Gerasa, Hippos, Pella, Philadelphia, and Scythopolis. The material belongs to different categories from architecture down to small finds like terracotta figurines, coins and gems. There is evidence for cults from various origins: apart from deities belonging to the Greco-Roman pantheon, Egyptian, Arabic, Nabataean, Syrian and Phoenician gods are represented. According to Near Eastern tradition the cities of the Decapolis did not have a pantheon in the real classical sense consisting of a large number of gods with clearly separated particular functions. More likely, each polis had its own supreme divine couple protecting the whole community. Archaeological and epigraphical evidence for the deities represent them in different ways. Many representations of gods found in the Decapolis cities correspond to the Greco-Roman iconography. Sometimes these images contain only slight indications of a syncretistic assimilation. Even more clearly are such assimilations in representations showing a mixture of the Greco-Roman and the Near Eastern iconography. Accordingly there are different ways of characterizing gods in the inscriptions: apart from clearly Near Eastern or only superficially Hellenised names there are particularly the numerous epicleseis indicating a Near Eastern deity. The religious architecture of the Decapolis appears to be mainly Roman, but the buildings are modified according to local ritual requirements. Generally despite all adaptation to the new rulers a clear and determined continuance of their own indigenuous religious traditions can be noticed in the Decapolis cities. At the same time, cults were also used for emphasizing the Greek origins of the poleis and their citizens as well as their affiliation to the Imperium Romanum.