Nach Europawahlen werden von Medien, Parteien und auch der Wissenschaft häufig Rückschlüsse auf die politische Stimmung in einem Mitgliedsland gezogen. Die Wahlen zum Europäischen Parlament stellen allerdings Nebenwahlen dar, die von den Bürger:innen häufig als „Denkzettel“ für die nationalen Regierungsparteien genutzt werden. Eine geringere und selektivere Wahlbeteiligung, sowie andere Themenlagen als bei nationalen Hauptwahlen tragen oft zu deutlich abweichenden Wahlergebnissen bei. Es stellt sich daher die Frage, was überhaupt eine sinnvolle Vergleichsperspektive zur Einordnung der Ergebnisse sein kann. Am Beispiel des Abschneidens der europäischen Regierungsparteien bei der Europawahl 2024 wird argumentiert, dass ein Vergleich sowohl mit nationalen Hauptwahlen als auch mit der vorangegangenen Europawahl 2019 sinnvoll und fruchtbar sein kann, wenn die jeweiligen Kontexte berücksichtigt werden. Die verschiedenen Wahlen folgen nicht nur unterschiedlichen Logiken, sondern führen auch zu divergierenden Ergebnissen hinsichtlich der Zustimmung der Wähler:innen und den daraus resultierenden Gewinnen und Verlusten. Eine Kombination beider Perspektiven kann helfen, Fehlschlüsse zu vermeiden.
In the aftermath of elections to the European Parlaiment, the media, political parties and academics often draw conclusions about the political mood in a member country. However, European Parliament elections are second-order and are therefore regularly used by citizens as a “wake-up call” for the governing parties. A lower and more selective voter turnout, as well as different issues than in national main elections, contribute to significantly different election results. This raises the question of what might constitute a meaningful comparative perspective for classifying the results. Using the example of the performance of the European governing parties in the European elections in 2024, it is argued that a comparison with both national parliamentary elections and the previous European elections in 2019 can be meaningful and fruitful if the respective contexts are taken into account. The different elections not only follow distinct logics, but also lead to different outcomes in terms of voter approval and the resulting gains and losses. A combination of both perspectives can help to avoid false conclusions.