Einführung: Für eine nachhaltige Ernährungsweise wird in Studien und Politikempfehlungen eine Reduktion tierischer Produkte dringend gefordert. Zu Beginn der Arbeit wurden nach umfassender Betrachtung des historischen, aktuellen und zukünftigen Konsums tierischer Produkte sowie der Ernährung und des Konsums tierischer Produkte als Politikfeld die folgenden Punkte festgehalten: 1. Der Konsum tierischer Produkte weist seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert relativ pro Kopf und noch mehr in absoluten Mengen ein beträchtliches Wachstum auf und wird nach aktuellen Prognosen global weiter stark steigen. Derzeit ist aber noch kein Konsens bzw. keine klare Orientierung zu erkennen, ob und inwieweit aus Nachhaltigkeitssicht versucht werden sollte, den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren. 2. Es gibt starke Zweifel, ob und inwieweit es für den Staat legitim wäre, den Konsum tierischer Produkte zu beeinflussen. 3. Aktuell ist wenig Wissen dazu vorhanden, welche politischen Instrumente den Konsum tierischer Produkte effektiv beeinflussen könnten. Fragestellung: Zu diesen Punkten wurden für die vorliegende Arbeit die folgenden Forschungsfragen aufgestellt: 1. Sollte aus Nachhaltigkeitssicht versucht werden, den Konsum tierischer Produkte zu senken (und falls ja, inwieweit)? 2. Sollte der Staat versuchen, den Konsum tierischer Produkte zu beeinflussen? 3. Mit welchen politischen Instrumenten kann der Staat versuchen, den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren?
Theoretische Grundlagen: Zur strukturierten Beantwortung sowohl der normativen als auch der empirischen Fragestellungen wird in dieser Arbeit ein integrativer Ansatz aus normativer und empirischer Analyse weiterentwickelt. Dabei werden auch die wissenschaftlichen Ansprüche an eine Begründung normativer Argumente erörtert.
Methode und Vorgehensweise: Die erste Fragestellung wird auf Basis bestehender Studien zur aktuellen und zukünftigen Entwicklung der Ernährungssysteme anhand von zwei Nachhaltigkeitsmodellen, zum einen anhand des bekannten Säulenmodells und zum zweiten anhand des integrativen Ansatzes, sowie mit Blick auf die Nachhaltigkeitsstrategien Suffizienz, Effizienz und Konsistenz diskutiert. Die Beantwortung der zweiten Fragestellung erfolgt durch die Diskussion verschiedener politischer Theorien, nämlich liberaler, kommunitaristischer und Verantwortungstheorien. Diese werden mit Blick auf die Legitimität staatlichen Handelns diskutiert. Die dritte Fragestellung wird zum einen empirisch, insbesondere anhand der potenziellen Auswirkungen von global identifizierten, bereits implementierten Instrumenten untersucht; zum anderen wertet eine modellierungsbasierte Analyse die Befunde von Modellierungsstudien aus, die die Effekte möglicher politischer Instrumente simulieren.
Ergebnisse: Die Diskussion der Nachhaltigkeit des Konsums tierischer Produkte ergab sowohl nach dem Säulenmodell als auch nach dem integrativen Modell gravierende Problematiken des aktuellen und zukünftigen Konsums tierischer Produkte. Der aktuelle Konsum tierischer Produkte in Industrieländern kann danach weitgehend als nicht nachhaltig eingeschätzt werden. Die Nachhaltigkeitsstrategien der Konsistenz und Effizienz wurden dabei als alleine nicht ausreichend eingestuft. Die aktuelle Studienlage deutet darauf hin, dass der aktuelle Konsum in den Industrieländern um ca. zwei Drittel gesenkt werden müsste, um zentrale Nachhaltigkeitsziele erreichen zu können. Die normative Diskussion der politischen Instrumente anhand verschiedener politischer Theorien zeigte, dass die politischen Theorien teilweise unterschiedliche Legitimitätsbedingungen für staatliches Handeln aufstellen. Aus diesen Legitimitätsbedingungen ergab sich nach den politischen Theorien eine Vielzahl von aktuellen Erfordernissen, nach denen der Staat aktiv werden sollte, um den Konsum tierischer Produkte zu beeinflussen. Die empirische Analyse identifizierte weltweit 52 politische Instrumente, die den Konsum tierischer Produkte potenziell signifikant beeinflussen können. Diese wurden in Bezug auf mögliche Konsum-, Umwelt-, Sozial-, Wirtschafts- und Gesundheitswirkungen analysiert und mittels ökologischer, sozialer, ökonomischer und gesundheitlicher Indikatoren bewertet. Geordnet nach den Instrumententypen zeigte sich tendenziell, dass vor allem finanzbasierte Instrumente den Konsum tierischer Produkte deutlich reduzieren können, wenn auch in den bisherigen Formen oft noch in geringem Umfang. Die modellierungsbasierte Analyse ergab, dass die modellierten finanzbasierten Instrumente deutlich unterschiedliche Schwerpunkte bei der Reduktion tierischer Produkte sowie bei Umwelteffekten und teilweise unerwünschten Nebeneffekten aufweisen. Zudem kann eine parallele Subventionierung anderer Lebensmittelprodukte die Effekte der Reduktion tierischer Produkte und den damit verbundenen gesundheitsfördernden Wirkungen ggf. konterkarieren. Das Design finanzbasierter Instrumente ist daher mit Bedacht zu wählen.