In der Informatikdidaktik wird ein sozial-konstruktivistisches Verständnis von Lehr-Lern-Prozessen generell geteilt. Eine im Kontext des Sozialkonstruktivismus erfolgreiche Gestaltung des Informatik-Unterrichts (IU) ist wesentlich davon bestimmt, inwiefern an die Perspektive der Lernenden und ihre Vorgeschichte angeknüpft werden kann. Die Einbeziehung der Lernenden setzt dabei eine Kenntnis darüber voraus, was für diese bedeutsam und von Interesse ist und wie sich diese Aspekte jeweils herausgebildet haben. Bisherige Forschungsansätze in der Informatikdidaktik fokussieren jedoch hauptsächlich auf inhaltliche und methodische Aspekte informatischer Bildung in der Schule. Hier wurden unter anderem Unterrichtskonzepte und interaktive Lernumgebungen fachdidaktisch entwickelt und empirisch evaluiert. Die Untersuchung der Vorgeschichte der Lernenden und ihrer Perspektive auf ihren Lern- und Bildungsprozess im Kontext der Informatik fand demgegenüber noch wenig Aufmerksamkeit. In der vorliegenden Arbeit wird die Vorgeschichte der Lernenden, insbesondere von Informatik-StudienanfängerInnen, mit einem thematischen Fokus auf die Computernutzung als Teil ihrer Biographie untersucht. Eine solche Untersuchung ist relevant, weil Vorstellungen von Informatik sowohl von AbiturientInnen als auch StudentInnen vielfach auf den Computer, seine Nutzung und Wartung fokussieren. StudienabbrecherInnen der Informatik wiederum nennen als ein Hauptmotiv ihres Abbruchs falsche Vorstellungen bezüglich der Studieninhalte. Es bleibt unklar, was die Lernenden mit falschen Vorstellungen jeweils meinen, jedoch kann ein Bezug zu Computer-fokussierten Vorstellungen über Informatik vermutet werden. Aus diesen beiden unterschiedlichen Sachverhalten deutet sich insgesamt an, dass aus der Perspektive der Lernenden ein bedeutsamer Zusammenhang zwischen Computern und Informatik besteht. Als Ausgangslage dieser Arbeit wird angenommen, dass ein solcher für die Lernenden bestehender Zusammenhang keine spontane Verknüpfung von Themen darstellt, sondern sich in einem langfristigen Lern- und Bildungsprozess ausbildet, der maßgeblich durch die Computernutzung der Lernenden geprägt wird. Dabei ist davon auszugehen, dass der besuchte IU eine in diesem Prozess nicht zu vernachlässigende Rolle spielt. Um diese mögliche Vorgeschichte der Lernenden zu untersuchen, wird ihre biographisch reflektierte Computernutzung und der damit zusammenhängende Besuch des IUs in dieser Arbeit detailliert erforscht. Für die Untersuchung wird ein empirischer Forschungsansatz vorgestellt, der an die erziehungswissenschaftliche Biographieforschung angelehnt ist und sich methodisch an der Grounded Theory nach Strauss & Corbin orientiert. Für die Erschließung des Forschungsfelds wird das Datenerhebungsinstrument \textit{Computernutzungsbiographie} als Adaption der Lektürebiographie entwickelt und in zahlreichen Datenerhebungen erprobt und verfeinert. Aus den dabei erhobenen Computerbiographien wird rekonstruiert, mit welchen erinnerten Erlebnissen, Erfahrungen und damit Vorstellungen und Erwartungen rund um die eigene Computernutzung StudienanfängerInnen ein Informatikstudium aufnehmen und welche Unterschiede es hierbei zu Studierenden anderer Fachrichtungen gibt. Hierbei werden zwei typische Formen biographischer Lern- und Bildungsprozesse herausgearbeitet, die zu einem Modell biographischer Computernutzung verdichtet und am Einzelfall vertieft werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass sich in der biographischen Computernutzung ein Lern- und Bildungsprozess entwickeln kann, der einen Weg in die Informatik darstellt. In dieser Entwicklung wird von den Lernenden ein Verständnis darüber aufgebaut, dass das genutzte Computergerät und die mit ihm zusammenhängenden Hard- und Softwarekomponenten konstruierte und damit gestaltbare Artefakte sind. Als solche sind sie von anderen entworfen und erzeugt worden und können folglich auch selbst verändert oder nachgebaut werden. Die Erkenntnis, dass Teilhabe an einem solchen Erzeugungsprozess möglich ist, schafft einen motivationalen Kontext, in dem die Auseinandersetzung mit Grundlagen der Informatik als sinnvoll erscheint. Wenn der IU an diesen Erkenntnisprozess und die zugrunde liegende Entwicklung zum richtigen Zeitpunkt anschließen kann, spielt er in deren weiteren Verlauf eine wichtige Rolle. Die Untersuchung zeigt, dass der IU insgesamt dann eine prägende Wirkung auf das Interesse und die Lernbereitschaft der Lernenden hat, wenn er Anknüpfungspunkte an ihre Vorgeschichte anbieten und dabei vor allem ihre Vorkenntnisse und Erwartungen an den Unterricht aufgreifen kann. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind damit geeignet, um individuelle Anknüpfungspunkte zu identifizieren und diese durch passende fachdidaktische Maßnahmen aufzugreifen.
Informatics, also known as Computer Science (CS), has been offered in German secondary schools since the 1970s mostly as an optional subject for their students. The German informatics didactics research community focuses on the subject matter, aims, and methods of teaching and learning informatics in secondary schools. According to the social-constructivist understanding of learning, which is generally agreed upon in this field of research, a successful constructivist teaching and learning process must incorporate not only the subject matter to be taught but the students' individual understandings and prior experiences of the subject matter and the emotional and affective dimensions of the students' personal backgrounds. Such a focus on students depends strongly on in-depth knowledge about what is meaningful and of interest to them as well as the way in which these have developed over time. Until now, research in informatics didactics has focused principally on questions relating to the subject matter and its transfer in the teaching process, leading to the development and evaluation of a wealth of didactic concepts and interactive learning systems for informatics courses in German secondary schools. In contrast, the investigation of students' individual backgrounds and understanding of the subject has received relatively little attention. In this work we investigate students' biographical computer experiences with a focus on CS students who are starting their tertiary education. This approach is motivated by the impression that students' beliefs related to CS focus mainly on computers, their use, and their administration. Furthermore, students who drop out of their CS studies explain that they came to the subject with false beliefs and expectations. While it remains unclear exactly what students mean by false beliefs, a relationship to a computer- focused view of CS can be safely assumed. In this work we initially assume that such a relationship is not the product of an ad hoc combination of different themes, but rather emerges as the result of a long-lasting learning and educational process that is greatly influenced by computer use. In addition, we assume that attending informatics in secondary school plays an important role in this process. Therefore the focal point of research in this work is the students' biographical reflections of their own computer experience as well as any prior informatics courses they have attended. The investigation begins with the development of an empirical research approach that is linked to the field of educational biographical research (erziehungswissenschaftliche Biographieforschung) and based upon the methodologies of Grounded Theory (Strauss and Corbin) and Qualitative Content Analysis (Mayring). In order to gain access to the field of research, the data gathering instrument \textit{computer biography} is adapted from the reading biography that was developed as part of a research project about literacy socialization. The computer biography is then developed and improved in numerous iterations of data collection and analysis using the Grounded Theory approach. This leads to the reconstruction of students' reminiscent experiences, which include the computer-related beliefs and expectations that CS first-year students have when starting a major in the subject. Comparison of these biographies with those of students in other majors reveals differences and similarities, as a consequence of which two different types of biographical learning process are reconstructed and condensed into a single model of biographical computer experience. Finally, three case studies are used to further evaluate the findings and the proposed model. The results of this work show that for many students the biographical computer experience constitutes a path into CS. By using and interacting with the computer, students develop an understanding of it as being a constructed artifact, an object that is designed and implemented by other persons and that can therefore be modified or rebuilt. By designing and creating their first simple digital artifacts, such as a webpage, a small program or a hardware device, students experience a peripheral participation in CS. This exposure to a possible participation motivates students to attend informatics in secondary school and to start acquiring a foundation of factual knowledge about CS. Therefore, informatics courses in secondary school can play an important role in this development: our work shows that such courses can significantly affect the development of students' interest in and motivation for studying CS, if they engage the students' initial understanding of the subject matter as well as the prior experiences that motivated the students to attend informatics class. The results of this work are thus a useful foundation for future didactic interventions that incorporate students' background and experience.