Fleisch von Pferden und anderen Equiden wird seit Tausenden von Jahren konsumiert und ist aus ernährungsphysiologischer Sicht ein wertvolles Nahrungsmittel. Die Produktion von Pferdefleisch bietet zudem gegenüber der Produktion von Rindfleisch ökologische Vorteile durch die Reduktion der Methanemission und ökonomische durch gute Gewichtszunahme und Schlachtausbeute. Trotzdem ist Fleisch von Equiden in Europa, insbesondere in Deutschland, ein Nischenprodukt. Gleichzeitig sind die Vorschriften hinsichtlich der Anwendung und Dokumentation von Arzneimitteln bei Schlachtequiden sehr umfangreich. Zum einen gelten für sie dieselben Vorschriften wie für andere Lebensmittel liefernde Tiere, zum anderen gibt es spezifische Vorschriften, die nur für Equiden gelten. Eine dieser Sondervorschriften ist die Positivliste für Equiden. In der Positivliste sind Medikamente aufgeführt, die nicht in der Tabelle 1 der VO (EU) Nr. 37/2010 aufgeführt sind und daher nicht zur Anwendung bei anderen Lebensmittel liefernden Tieren zugelassen sind. Die Nachweisraten an chemischen und pharmakologischen Rückständen in Fleisch- und Organproben von Pferden, die im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP) getestet wurden, sind im Vergleich zu Proben anderer Fleisch liefernder Tiere, sehr hoch.
Vor diesem Hintergrund sollte im Rahmen der vorliegenden Dissertation überprüft werden, ob der Kenntnisstand der Pferde behandelnden Tierärzteschaft, von Equidenbesitzer*innen und Equidenhalter*innen in Deutschland bezüglich der geltenden gesetzlichen Regelungen zu Arzneimittelanwendung und -dokumentation und Equidenschlachtstatus ausreichend ist und ob die Dokumentation von angewendeten Arzneimitteln in der Praxis bei Equiden korrekt und vollständig durchgeführt wird. Daher wurden vier Online-Umfragen zwischen 29. Oktober und 15. Dezember 2021durchgeführt und letztlich die Daten von 153 in Praxen arbeitenden Tierärzt*innen, neun Pferde-Klinik-Tierärzt*innen, 170 Equidenbesitzer*innen und 70 Equidenhalter*innen in die Untersuchungen einbezogen. Des Weiteren wurden zwischen 01. Juni und 31. Dezember 2021 Daten zur Arzneimitteldokumentation in 195 Equidenpässen dokumentiert und ausgewertet. In einer ersten Studie wurden zum einen die Antworten der 153 Tierärzt*innen, der 170 Equidenbesitzer*innen und 70 Equidenhalter*innen miteinander verglichen. In einer zweiten Studie wurden die Antworten von 116 Tierärzt*innen, die selbst Equiden kastrieren, mit den Antworten der neun Klinik-Tierärzt*innen und Daten von 195 Equidenpässen verglichen. Die Ergebnisse der ersten Studie zeigen große Wissenslücken aller drei Teilnehmergruppen sowohl hinsichtlich der geltenden Vorschriften für Arzneimittelanwendung und -Dokumentation als auch bezüglich des Schlachtstatus. Insgesamt empfanden 68,4 % (91/133) der Tierärzt*innen die Vorgaben der Positivliste als „eher kompliziert“ bis „kompliziert“. Insgesamt konnten 38,4 % (58/151) der Tierärzt*innen das korrekte Vorgehen nicht beschreiben, wenn Phenylbutazon an einen Schlachtequiden verabreicht wird. Die Anwendung von Phenylbutazon bei Lebensmittel liefernden Tieren ist verboten (VO (EU) Nr. 37/2010). Gleichzeitig nannten 56,2 % (86/153) Phenylbutazon als das oder eines der am häufigsten durch sie angewendeten NSAIDs. Wann es sich bei einem Equiden rechtlich um einen Schlachtequiden handelt, konnten 41,4 % (70/170) der Equidenbesitzer*innen und 42,9 % (30/70) der Equidenhalter*innen nicht korrekt beantworten. Von den Equidenhalter*innen gaben 34,4 % (24/70) an, keine oder nur schlechte Kenntnis über die geltenden Vorschriften bezüglich Arzneimitteldokumentation bei Equiden zu haben. Die Ergebnisse der zweiten Studie zeigen, dass angewendete Arzneimittel häufig nicht im Equidenpass dokumentiert werden. Insgesamt gehörten 24,1 % (47/195) der untersuchten Equidenpässe zu Schlachtequiden. Medikamentenkombinationen, die mindestens ein Medikament der Positivliste enthalten, wurden von 86,7 % (91/105) der Tierärzt*innen zur Anästhesie benutzt, die Pferdehengste abgelegt kastrieren und von 64,3 % (36/56) derer, die Eselhengste abgelegt kastrieren. Während der Kastration am stehend Tier wurden Medikament der Positivliste von 29,6 % (8/27) der Tierärzt*innen bei Pferdehengsten und 30,8 % (4/13) der Tierärzt*innen bei Eselhengsten zur Anästhesie verwendet. Insgesamt kastrierten 90,5 % (105/116) der Tierärzt*innen nach eigenen Angaben teilweise, oder ausschließlich nach der Methode am abgelegten Equiden. Es wurde jedoch nur in 4,0 % (1/25) der Equidenpässe von Schlachtequidenwallachen eine Dokumentation über verabreichte Anästhetika der Positivliste vorgefunden. Insgesamt war in nur 4,6 % (9/195) aller Equidenpässe die Dokumentation über verabreichte Medikamente vorhanden.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass der Wissensstand von Tierärzt*innen, Equidenhalter*innen und Equidenbesitzer*innen bezüglich des Schlachtstatus‘ und der Arzneimittelanwendung und -dokumentation bei Schlachtequiden unzureichend ist. Gleichzeitig wird die Dokumentation von Medikamenten in Equidenpässen häufig nur unvollständig oder gar nicht durchgeführt. Dies kann in Arzneimittelrückständen im Fleisch von Equiden resultieren und stellt daher einen Risikofaktor für die Sicherheit von Equidenfleischkonsument*innen dar.
Meat from horses and other equines has been consumed for thousands of years and is a valuable food from a nutritional point of view. Compared to the production of beef, the production of horsemeat also offers ecological advantages, through the reduction of methane emissions and economic advantages through good weight gain and slaughter yields. Nevertheless, meat from equines is a niche product in Europe, especially in Germany. Simultaneously, the regulations regarding the use and documentation of drugs in equines for slaughter are very extensive. On the one hand, the same regulations apply to equines as for other food producing animals, on the other hand there are specific regulations that only apply to them. One of these special regulations is the so-called positive list for equines. The positive list contains medicines that are not listed in Table 1 of Regulation (EU) No 37/2010 and therefore are not authorized for use in other food-producing animals. The detection rates of chemical and pharmacological residues in meat and organ samples from horses tested as part of the National Monitoring in Germany are very high compared to samples from other meat-producing animals.
Against this background, the aim of this dissertation was to examine whether the level of knowledge of equine practitioners, equine owners and equine keepers in Germany regarding the applicable legal regulations on drug use and documentation as well as equine Slaughter status is sufficient and whether the documentation of drugs used in equines is carried out correctly and completely in practice. Therefore, four online surveys were conducted between October 29th and December 15th 2021 and data from 153 veterinarians working in practices, nine equine clinic veterinarians, 170 equine owners and 70 equine keepers were collected. In addition, data on medication documentation from 195 equine passports was collected and evaluated between June 1st and December 31st 2021. In a first study, the responses from 153 equine practitioners, 170 equine owners and 70 equine keepers were compared with each other. In a second study, the responses of 116 veterinarians who castrate equines themselves were compared with the responses of the nine clinic veterinarians with the data from 195 equine passports.
The results of the first study show large gaps in the knowledge of all three groups of participants with regard to both the applicable regulations for the use and documentation of medicines and the slaughter status. Overall, 68.4 % (91/133) of the veterinarians perceive the requirements of the positive list as "rather complicated" to "complicated". In total, 38.4 % (58/151) of the equine practitioners were unable to describe the correct procedure if phenylbutazone is administered to a slaughter equine. The use of phenylbutazone in foodproducing animals is prohibited (Regulation (EU) No. 37/2010). At the same time, 56.2 % of the veterinarians (86/153) named phenylbutazone as the or one of the most frequently used NSAIDs by them. Altogether, 41.4 % (70/170) of equine owners and 42.9 % (30/70) of equine keepers could not correctly answer when an equine is legally a slaughter equine. Of the equine owners, 34.4 % (24/70) stated that they had no or only poor knowledge of the applicable regulations regarding medication documentation for equines. The results of the second study show that the medicines used are often not documented in the equine passport. Overall, 24.1 % (47/195) of the equine passports examined belonged to slaughter equids. Drug combinations containing at least one drug from the positive list are used for anesthesia by 86.7 % (91/195) of the veterinarians who castrate “laid down” and by 64.3 % (36/56) of those who castrate “standing”. The most common castration method was "laid down". However, only 4.0 % (1/25) of the equine passports of slaughter equine geldings contained documentation of anesthetics administered from the positive list. In total, only 4.6 % (9/195) of all equine passports contained documentation on administered medication.
In summary, the results show that the level of knowledge of equine practitioners, equine owners and equine keepers regarding the slaughter status and the use and documentation of medication in slaughter equines is inadequate. At the same time, the documentation of medicines in equine passports is often incomplete or not carried out at all. This can result in drug residues in equine meat and therefore represents a risk factor for the safety of equine meat consumers.