In den Originalarbeiten dieser Habilitationsschrift wurde untersucht inwieweit quantitativ messbare Veränderungen verschiedener Aspekte der menschlichen Wahrnehmung Aufschluss über die Pathophysiologie von Schmerzsyndromen und Bewegungsstörungen geben oder gar als diagnostischer Marker für spezifische Erkrankungen herangezogen werden können. Hierzu wurden Verfahren zur Erfassung der somatosensorischen Funktion und von internen prämotorischen Signalen genutzt. Wir konnten für das CRPS zeigen, dass die Druckschmerzschwellen nicht nur über der Muskulatur der betroffenen Extremität, sondern auch über den distalen Gelenken erniedrigt waren. Darüber hinaus korrelierte die erniedrigte Druckschmerzschwelle mit dem erhöhten periartikulären Knochenmetabolismus in der Spätphase der Drei-Phasen-Szintigraphie, was die Validität dieser psychophysikalischen Messung unterstreicht. Die Druckhyperalgesie über den Gelenken war hochspezifisch und sensitiv für das CPRS, so dass diese Untersuchung in Zukunft als diagnostische Ergänzung zu den rein klinischen Diagnosekriterien des CRPS genutzt werden könnte. Weiterhin phänotypisierten wir Patient:innen mit molekulargenetisch gesicherter hereditärer Erythromelalgie bei Mutationen im SCN9A Gen. Bemerkenswerterweise zeichneten die Betroffenen neben den für die Erkrankung klassischen paroxysmalen Schmerzattacken in den Extremitäten auch einen Dauerschmerz auf. Dieser könnte mit der Funktionsstörung der kleinkalibrigen Nervenfasern zusammenhängen, die wir in diesem Kollektiv mittels quantitativ sensorischer Testung detektierten. Bei isolierten fokalen Dystonien fanden wir wider Erwarten keinerlei Veränderung in behavioralen Markern als Korrelate für die kortikale Somatotopie in dystonen und nicht-betroffenen Arealen. Hier könnte eine zu geringe Sensitivität der Methode zur Detektion von Veränderungen in Bezug auf die untersuchte Körperregion eine Rolle gespielt haben. Ergänzend stellten wir fest, dass eine physikalische Dehnung der Haut, wie sie bei abnormen Körperhaltungen bei der Dystonie vorkommt, zu einer veränderten Wahrnehmung der Distanz zwischen zwei taktilen Reizen führt. Dies deutet darauf hin, dass keine korrigierenden top-down-Mechanismen existieren, welche zu einer Größenkonstanz taktiler Reize trotz Dehnung der Haut führen würden. Schließlich demonstrierten wir bei Patient:innen mit Tourette-Syndrom eine durch die Erkrankung beeinträchtigte Entwicklung der Fähigkeit zur Diskrimination interner prämotorischer Signale. Die gestörte Signaldetektion könnte zur Aufrechterhaltung der Erkrankung beitragen, aber auch einen möglichen Ansatzpunkt für behaviorale Therapien darstellen.