Der Beitrag widmet sich der soziopolitisch-ökonomischen Sphäre gesellschaftlicher Realitäten, wobei die theoretischen Überlegungen anhand von Beispielen aus dem antiken italischen Raum veranschaulicht werden. Der erste Teil wendet sich den theoretischen Grundlagen subalterner Studien zu. Beginnend mit Antonio Gramsci und seinen Ausführungen zu Subalternität und Proletariat wird anschließend auf die Arbeiten der Subaltern Studies Group Bezug genommen und deren Bemühungen skizziert, marginalisierten Gruppen ihre Rollen in der Geschichtsschreibung wieder zuzuerkennen. Mit Gayatri Chakravorty Spivak und ihrer viel rezipierten Kritik im Aufsatz Can the Subaltern Speak? schließt diese erste Sondierung. Darauf folgen Überlegungen bezüglich der Sicht- und Unsichtbarkeit subalterner Subjekte im Materiellen sowie die daraus sich ergebenen Implikationen. Anschließend wird ein für die Archäologie nutzbarer Subalternitätsbegriff diskutiert. Diesen Betrachtungen werden Anmerkungen zu Aspekten des Ortes und die Entstehung von Räumen in diesem an die Seite gestellt. In Anlehnung an Paul Michel Foucaults Ansatz der Heterotopien sehen wir in divergierenden Formen der Aneignung eines realen Ortes verschiedene Räume gleichzeitig entstehen, die Ausdruck subalterner Handlungen sein können aber nicht zwangsläufig müssen. Erweitert um die historische Dimension sollen abschließend die angeführten Erläuterungen einschließlich des daraus resultierenden Erkenntnisvermögens hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit in der historischkulturwissenschaftlichen Forschung vor allem am Beispiel Pompejis evaluiert werden. Dabei stehen drei Orte im Fokus der Betrachtung: die loci plebea (Orte des Plebs, verdeutlicht an Mietshäusern), die loci servorum (Orte von Sklav*innen, z. B. das lupanar) und die loci scribendi (mit Graffiti und dipinti ‚beschriebene Orte‘).
This contribution addresses the socio political-economic sphere of social realities with theoretical reflections illustrated through examples from the ancient Italic region. The first part of the paper discusses the theoretical foundations of subaltern studies. We begin with Antonio Gramsci and his reflections on subalternity and the proletariat before turning to the work of the Subaltern Studies Group and an outline of their efforts to give marginalized groups a place in historiography. We close this section of the paper with Gayatri Chakravorty Spivak’s frequently cited critique of the Subaltern Studies Group in her essay ‘Can the Subaltern Speak?’. This is followed by considerations of the visibility as well as invisibility of subaltern subjects in the material record and implications resulting there from. Subsequently, we discuss a concept of subalternity that can be used in archaeology. These considerations are accompanied by comments on dimensions of places and the creation of spaces within it. Following Michel Foucault’s approach involving heterotopias, we maintain that in divergent forms of appropriation of a real place different spaces can emerge simultaneously. They can, but must not necessarily be expressions of subaltern actions. The inclusion of an historical dimension as well as the potential for the creation of new knowledge in historical-cultural research will be evaluated using the example of Pompeii. This case study focuses on three kinds of places: the loci plebea (places of the plebs, illustrated by tenement blocks), the loci servorum (places of slaves, e.g. the lupanar) and the loci scribendi (‘inscribed places’ with graffiti and dipinti).