Die Organogenese beschreibt den Prozess der Bildung der verschiedenen Organe und Gewebe in einem Organismus und wird durch verschiedene Signalwege streng kontrolliert. Transkriptionsfaktoren spielen hier für die Regulation der Genexpression eine wichtige Rolle. Die Mechanismen der Organogenese zu verstehen, ist für die Vorbeugung und die Behandlung von Krankheiten, sowie für die Entwicklung regenerativer Therapien, wichtig. Wilms-Tumorprotein (WT1) ist ein Transkriptionsfaktor, der in der Organogenese eine wichtige Rolle einnimmt. WT1 kontrolliert unter anderem die Expression von Genen, die für Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren, Transkriptionsfaktoren, extrazelluläre Proteine und Zellzyklusregulatoren kodieren. WT1 wird während der Embryonalentwicklung in einer Vielzahl von Geweben exprimiert, unter anderem in den Nieren, Gonaden, der Leber, dem Herzen und dem Mesothel. Mutationen im WT1-Gen werden mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht, darunter Wilms-Tumor, Denys-Drash-, Frasier- und WAGR-Syndrom. Neben seiner Rolle in der Entwicklung wurde die WT1 Expression auch in erwachsenen Geweben und Zellen beobachtet, hauptsächlich in den Nieren und im Knochenmark. Aufgrund seiner möglichen Rolle in der Tumorgenese ist WT1 als Ziel therapeutischer Interventionen Gegenstand umfangreicher Forschungsarbeiten. WT1 wird spezifisch in Vorläuferzellen des viszeralen, nicht aber des subkutanen weißen Fettgewebes exprimiert. Neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass thermogene Gene, die im braunen Fettgewebe exprimiert werden, vor allem im subkutanen weißen Fettgewebe induziert werden können. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass WT1 dieses thermogene Programm in weißen Fettzellen unterdrückt. WT1 zeigt eine starke Expression in hämatopoetischen Stammzellen und Vorläuferzellen. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung und Differenzierung dieser Zellen, indem es die Genexpression während der Zelldifferenzierung reguliert. Mutationen im WT1-Gen wurden mit einer Reihe von Blutkrankheiten in Verbindung gebracht, darunter akute und chronische myeloische Leukämie. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass WT1 ein direkter transkriptioneller Aktivator des Erythropoietin-Rezeptor Gens ist und hierdurch die Erythropoese beeinflusst. WT1 reguliert mehrere Schritte der Gonadenentwicklung. Fehlt bei Mäusen die WT1 Expression, dann wird die Gonadenbildung eingeleitet, jedoch degeneriert das Gewebe aufgrund von Apoptose. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass WT1 ein direkter transkriptioneller Aktivator des A Disintegrin-Like And Metalloprotease With Thrombospondin Type 1 Motif 16 (Adamts16) Gens ist und wie sich diese Aktivierung auf die Entwicklung der Gonade auswirkt. WT1 hat sich als wichtiger Regulator der Nierenentwicklung erwiesen, der eine entscheidende Rolle bei der Differenzierung und Erhaltung von Nierenvorläuferzellen spielt. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass WT1 ein transkriptioneller Regulator der kupferhaltigen Aminoxidase 1 (Aoc1) ist. AOC1 ist ein Regulator des Polyaminsystems, so dass WT1 über die Regulation des Polyaminsystems Einfluss auf die Nierenentwicklung nimmt. Zudem konnte gezeigt werden, dass Aoc1 bei verschiedenen experimentellen Nierenschädigungen Aoc1 in hohem Maße verstärkt exprimiert wird, was zu einer erheblichen Verringerung des Putrescin-Gehalts der Niere führte. Zudem konnte eine bemerkenswert ähnliche Veränderung der Polyamin regulierenden Enzyme in den meisten Nierenpathologien festgestellt werden. Hier zeigte sich eine verringerte Expression von Enzymen, die an der Polyaminsynthese beteiligt sind, zusammen mit einer erhöhten Expression von Polyamin-abbauenden Enzymen. In dieser Arbeit wurden wichtige Erkenntnisse über die Rolle von WT1 bei der Regulation von Genen gewonnen, die für die Entwicklung verschiedener Gewebe und Organe von Bedeutung sind. Die Ergebnisse dieser Studie können dazu beitragen, die Grundlagen der Organogenese besser zu verstehen und neue Ansätze zur Behandlung von Erkrankungen zu entwickeln, die mit Mutationen im WT1 Gen in Verbindung gebracht werden.