Einleitung, Hintergrund der Untersuchung: Für die Hörsturzerkrankung ist eine multifaktorielle Genese mit unterschiedlichen zugrunde liegenden Ätiologien allgemein akzeptiert, jedoch wird bei den idiopathischen Formen die vaskuläre Genese am meisten favorisiert. In Analogie zur Risikobewertung des akuten Myokardinfarkts oder apoplektischen Insults standen hämorheologische Parameter wie Hyperfibrinogenämie, Erythrozytenaggregation und Plasmaviskosität in den letzten Jahren im Mittelpunkt des Studieninteresses. Zur thrombembolischen Pathogenese gab es dagegen nur wenige Untersuchungen. Während Faktor-V-Leiden-, MTHFR- und Prothrombinmutation gut etablierte hereditäre Risikoparameter venöser Thrombosen darstellen und bekannt ist, dass in Kollektiven tiefer Beinvenenthrombosen gehäuft Ertaubungen koinzident auftreten, kann eine besondere pathogenetische Bedeutung thrombembolischer Parameter auch für die Hörsturzerkrankung vermutet werden. Da diesen Parametern meist hereditäre Störungen zugrunde liegen, wäre dann die Hörsturzerkrankung als genetisch determiniert anzusehen. Gegenstand und Methode: Anhand einer Fall-Kontroll-Studie erfolgte ein Thrombophilie- Screening mit den häufigsten thrombembolischen Risikoparametern (Faktor-V-Leiden- und Prothrombinmutation, Homocysteinämie, Protein-C-Mangel, Protein-S-Mangel) bei 100 Hörsturzpatienten (einseitige, idiopathische Formen) und 84 ohrgesunden, thrombosefreien Probanden einer Kontrollgruppe. Eine Häufung positiver Thrombophiliefaktoren wurde in der Hörsturzpatientengruppe erwartet. Konkurrierende kardiovaskuläre Risikofaktoren wurden in beiden Gruppen anamnestisch analysiert, um deren pathogenetischen Einfluss statistisch zu kontrollieren. Mit der Anwendung multivariater logistischer Regressionsanalysen unter Berücksichtigung kardiovaskulärer und thrombembolischer Risikoparameter sollte gezeigt werden, ob die thrombembolischen Parameter unabhängige Risikofaktoren der Hörsturzerkrankung darstellen. Ergebnisse: Verteilungsunterschiede pathologischer Thrombophilieparameter ließen sich nur zugunsten einer häufigeren Homocysteinämie bei Hörsturzpatienten finden (12 % versus 8,3 %; nicht signifikant; p = 0,473), alle anderen Parameter waren gleich verteilt (p = 1). Unter Berücksichtigung der einzelnen Messwerte hatten Hörsturzpatienten signifikant niedrigere APC-Ratios (p = 0,038) und entgegen den erwarteten Annahmen signifikant höhere Protein-C- und -S-Aktivitäten (p < 0,001 bzw. p = 0,001) aufzuweisen. Im Rahmen der multivariaten logistischen Regressionsanalyse unter Berücksichtigung kardiovaskulärer Risikofaktoren verblieben höhere Protein-C-Aktivitäten (β = -0,37; p < 0,001) und niedrigere APC-Ratios (β = +1,887; p = 0,005) neben höherem Alter, Weiblichkeit und Rauchen als unabhängige Risikofaktoren der Hörsturzerkrankung. Diskussion und Schlussfolgerungen: Übereinstimmend mit den meisten Referenzstudien konnten die 5 thrombembolischen Parameter bei Hörsturzpatienten nicht signifikant gehäuft nachgewiesen werden. Demnach lässt sich die pathogenetische Bedeutung der thrombembolischen Risikoparameter wie bei manifesten Thrombosen nicht in gleicher Weise auf die Hörsturzerkrankung übertragen. Die Ergebnisse der Referenzstudien (18) sind sehr heterogen, sie lassen jedoch eine Tendenz zu höheren Homocysteinspiegeln bei Hörsturzpatienten erkennen (6 von 10 Studien). In der multivariaten logistischen Regressionsanalyse unter Berücksichtigung konkurrierender Abhängigkeiten kardiovaskulärer Risikofaktoren und ihrer Erkrankungen stellen höhere Protein-C-Aktivitäten und niedrigere APC-Ratios neben höherem Alter, Weiblichkeit und Rauchen unabhängige Risikofaktoren der Hörsturzerkrankung dar. Die beiden thrombembolischen Parameter weisen indirekt auf einen hyperkoagulablen bzw. reaktiv-postthrombotischen Zustand hin, der im Rahmen der Hörsturzerkrankung eine Thrombose im Bereich der kochleären Mikrozirkulation möglich erscheinen lässt. Die Kombination aus thrombembolischen und kardiovaskulären Parametern als unabhängige Risikofaktoren der Hörsturzerkrankung stützt die multifaktorielle Genese der Hörsturzerkrankung. Die Studienergebnisse der Referenzliteratur sind sehr uneinheitlich. Auch die Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Studien wird durch die unterschiedliche Auswahl an thrombembolischen Parametern, Ein- und Ausschlusskriterien und die relativ geringe Patientenklientel geschmälert. Deshalb sind entweder Meta-Analysen aus dem vorhandenen Studienmaterial oder weitere umfangreiche Studien mit konstanten Ein- und Ausschlusskriterien sowie einer identischen bzw. noch extensiveren Parameterauswahl erforderlich, um den Stellenwert der Thrombophilieparameter in der Pathogenese der Hörsturzerkrankung sicher zu ermitteln.
Introduction: A multifactorial cause of sudden sensorineural hearing loss is generally accepted but vascular cause is most favoured in idiopathic types. In recent years cardiovascular and hemorheologic risk factors similar to acute heart attack or ischaemic apoplectical stroke arised to be a special risk of microvascular disorder resulting hearing loss. Considering the frequent incidence of sudden sensorineural hearing loss in groups of patients with deep vein thrombosis - an important pathogenetic role of thrombophilic factors especially in arterial vessels and therefore in sudden sensorineural hearing loss is supposed. The mostly genetic origin of theses factors could support the hereditary cause of sudden sensorineural hearing loss. Methods & Material: In a case-control-study a thrombophilic screening of most frequent thromboembolic risk factors like hyperhomocysteinemia, resistance of APC rsp. mutations of Factor V Leiden and Prothrombin, Protein C and S deficiency was arranged. 100 patients with idiopathic unilateral sudden sensorineural hearing loss and 84 control subjects in health with ears and without thromboembolic history were included. A multivariate logistic regression analysis was used to control the concurrent cardiovascular risk factors obtained from case history (e.g. age, sex, smoking, diabetes mellitus, hypertension, vascular diseases) to expose some of the thrombophilic risk factors for an independent risk of sudden sensorineural hearing loss. Results: No significant higher frequency of thrombophilic risk factors was observed in the group of patients to controls. The frequency distribution was nearly equal (p = 1) in all parameters expect for homocysteine with a non-significant higher incidence in patients group (12 % in patients versus 8,3 % in controls; p = 0,473). In comparing of the measured data a significant lower ratio of APC (p = 0,038) and significant higher levels in activity of Protein C and S (p < 0,001 rsp. p = 0,001) were detected in patients. The use of multivariate logistical regression analysis adjusted for the mentioned cardiovascular risk factors exposed a higher level of proteine C activity and a lower ratio of APC for independent risk factors in idiopathic sudden sensorineural hearing loss in addition to higher age, women and smokers. Discussion & Conclusions: In according to the mostly reference studies thrombophilic risk factors are not significant more frequent in patients with sudden sensorineural hearing loss. Referring the results of mostly studies in literature (6/10) some differences in homocystein-level (non-significant at the present study) began to show. Following the results of this study pathogenetic importance of thrombophilic risk factors in deep vein thrombosis is not transferable to sudden sensorineural hearing loss and a screening of such patients is not helpful. The independent risks of higher proteine C activity and a lower APC-ratio in sudden sensorineural hearing loss seem to be indirect signs of a reactive postthrombotic and hyperkoagulable status indicating a possible thrombosis in cochlear microcirculation. The combination of some cardiovascular and thrombophilic factors for independent risk factors supports the multifactorial cause of sudden sensorineural hearing loss. Results of reference studies are very heterogeneous like the range of selected thrombophilic risk factors, in- and exclude criteria and differences of attended patients and controls. Meta-analysis or extensive studies are necessary with constant general conditions and with the same included rsp. wide range of thrombophilic parameters to determine the role of thrombophilic risk factors in pathogenesis of sudden sensorineural hearing loss.