Gegen ein allgemein-abstraktes Verständnis ist der spezifisch akademische Antisemitismus zu bestimmen, der sich als Ideologie an das akademische Feld anpasst: So wird Wissenschaftsfreiheit als defensives Individualrecht und die wissenschaftliche Form beansprucht, während sich antisemitische Ressentiments und Wissenschaftsfeindlichkeit zeigen. Die Bedrohung für die Wissenschaftsfreiheit ist aus seiner irrationalen, antagonistischen und spaltenden Logik zu begreifen. Denn er geht mit Täter-Opfer-Umkehr, Leugnungen und weiteren sozialen Abwehrhandlungen einher, die Antisemitismuskritik erschweren und einen verschwörerischen ‚jüdischen‘ Feind imaginieren, der ‚Kritik‘ unterdrücke. Antisemitisch Agierende profitieren von einer organisationskulturellen Neutralität in den deutschen Universitäten, die selten Sanktionen folgen lassen – wenn sie das Problem überhaupt benennen. Denn die institutionelle Selbstregulierung und ihr Ideal der Wissenschaftsfreiheit scheitern an einem systemisch reproduzierten Antisemitismus und einer spiegelbildlichen Selbstidealisierung: Die zumeist liberalen Theorien (hier: Elif Özmen) der Wissenschaftsfreiheit gründen auf den Dualismen wissenschaftlich/ unwissenschaftlich und wissenschaftlich /ideologisch, mit der das Ideologische ausgeblendet wird. Während Özmen auf der Trias von Rechtsstaat, demokratischer Gesellschaft und akademischer Selbstregulierung vertraut, zieht sie keine Konsequenz aus ihrer Erfahrung, dass die meisten Professor:innen bei "Vorfällen“ schweigen. In ihrem Zweckrationalismus, Pragmatismus und Formalismus blendet Özmen von der real unvernünftigen Gesellschaft ab, die systemisch pathisch-projektive Bedürfnisstrukturen, entsprechende Deutungsmuster und mit Alltagsgewalt verbundene strukturelle Angstregime reproduziert. Für Jüdinnen und Juden gehören Universitäten zu jenen Regimen, da im akademischen Milieu mit dem „progressiven“ Ticket, das auf bestimmten schützenswerten, rigiden Gruppenidentitäten gründet, die Widerstandskraft gegen jede Form des Antisemitismus (insb. israelbezogen) schwindet. Indirekt können humanistische Kernmissionen der Akademie (A. Rosenfeld) und ihre Strukturprinzipien (R. K. Merton) Schlimmeres verhindern. Allerdings wäre eine kritische Theorie skeptisch, da jene humanen Missionen und Prinzipien im Antisemitismus als einer „Ontologie der Reklame“ (Adorno) verhöhnt würden. Mehr noch, die ‚Grenzen der Aufklärung‘ stecken in der Wissenschaftsfreiheit selbst: Unter der formalrechtlichen Freiheit kann sich der antisemitische Wahn in wissenschaftlichen Meinungen ‚frei‘ äußern und reproduzieren – das ist der ‚Antagonismus im freien wissenschaftlichen Meinen‘ (in Anlehnung an Adorno). Eine kritische Theorie zielt auf eine antinomische Moralkritik unter den Bedingungen des herrschenden Allgemeinen, die jede sozial und von vernünftigen Zwecken abstrahierende Ethik zur schlechten Unendlichkeit verleiten. Die formale Freiheit zur Wissenschaft bedarf mündiger Subjekte, die diese in bewusster gesellschaftlicher Negativität entfalten und Verfolgte unterstützen. Nicht zuletzt würden sie sich gegen instrumentalisierende Praxisanweisungen stellen und für den Vorrang des zu erkennenden Objekts eintreten, von dem keine unliebsamen Erscheinungen subjektiv abzuwehren sind.
Against a general-abstract understanding, the specific academic antisemitism is to be determined, which adapts itself as an ideology to the academic field: Thus, academic freedom as a defensive individual right and the academic form is claimed, while antisemitic resentment and hostility towards science are revealed. The threat to academic freedom can be understood from its irrational, antagonistic and divisive logic. For it goes hand in hand with perpetrator-victim reversals, denials and other social defence acts that make antisemitism criticism difficult and imagine a conspiratorial 'Jewish' enemy that suppresses 'criticism'. Those who act antisemitically benefit from an organisational-cultural neutrality in German universities, which rarely follows sanctions - if they name the problem at all. This is because the institutional self-regulation and its ideal of academic freedom fail because of a systemically reproduced anti-Semitism and a mirror-image self-idealisation: the mostly liberal theories (here: Elif Özmen) of academic freedom are based on the dualisms scientific/unscientific and scientific/ideological, with which the ideological is blanked out. While Özmen relies on the triad of the rule of law, democratic society and academic self-regulation, she does not draw any conclusions from her experience that most professors remain silent when "incidents" occur. In her rationalism of purpose, pragmatism and formalism, Özmen blinds herself to the real unreasonable society that systemically reproduces pathic-projective structures of need, corresponding patterns of interpretation and structural regimes of fear associated with everyday violence. For Jews, universities belong to those regimes, since in the academic milieu, with the "progressive" ticket based on certain rigid group identities worthy of protection, the power of resistance against any form of antisemitism (esp. Israel-related) dwindles. Indirectly, core humanist missions of the academy (A. Rosenfeld) and its structural principles (R. K. Merton) can prevent worse. However, critical theory would be sceptical, as those humane missions and principles would be mocked in antisemitism as an 'ontology of advertising' (Adorno). Even more, the 'limits of enlightenment' are in the freedom of science itself: Under formal legal freedom, the antisemitic delusion can 'freely' express and reproduce itself in scientific opinions - this is the 'antagonism in free scientific opinion' (following Adorno). A critical theory aims at an antinomian moral critique under the conditions of the prevailing general, which directs any ethics abstracting socially and from rational ends to bad infinity. The formal freedom to do science requires mature subjects who unfold it in conscious social negativity and support those who are persecuted. Last but not least, they would oppose instrumentalising practical instructions and stand up for the primacy of the object to be recognised, from which no disagreeable phenomena are to be subjectively warded off.