Background: Migraine and epilepsy are comorbid neurological diseases that have an intriguing relationship as similar genetic mutations and external stimuli trigger both conditions. While the resemblance of their clinical presentation can thus make a diagnosis difficult, the same prophylactic drugs, in turn, decrease attack frequency in both migraine and epilepsy. Spreading depression/depolarization (SD) and epileptic seizures represent their pathophysiological correlates and are triggered by hyperexcitability. Cortical SD describes an abrupt mass depolarization that creeps along the hemisphere and silences electrical activity for several minutes. In contrast, epileptic seizures rapidly recruit adjacent tissue into a hyperexcitable state.
Objectives: To investigate whether epileptic seizures trigger SD, what determines the occurrence of SDs, and to what extent SD contributes to suppression and limitation of seizures.
Methods: Four chemoconvulsants were used to induce focal neocortical and generalized seizures in an in vivo mouse model. Wildtype CD1 mice (n = 165), familial hemiplegic migraine mutant (n = 14) and transgenic mice (n = 18) were used. Seizure intensity and spread were quantified by an electrocorticogram, while generalized seizures were examined via intrahippocampal recordings. SDs were simultaneously detected via a slow direct current shift and Intrinsic Optical Imaging (IOS) in the cortex and hippocampus. Cerebral blood volume was used as a surrogate of seizure activity and measured via IOS. The effects of spontaneous, chemically, and optogenetically induced SDs were examined.
Results: Focal neocortical and generalized seizures triggered multiple SDs. Severe seizure intensity and generalization were related to SD occurrence. Tetrodotoxin confirmed seizures as the only trigger of SD. SDs exerted an antiseizure effect, thereby inhibiting seizure intensity and limiting its spread. Chemically and optogenetically induced SDs showed a similar antiseizure effect. A single SD was capable of limiting the recurrence of seizures. The results could be reproduced in all mice strains. Pretreatment of the cortex with an SD 5 and 30 minutes before applying the chemoconvulsant prevented seizure development. Vice versa, the blockage of SDs with MK-801 resulted in greater expansion of the seizures.
Conclusions: SD might function as an endogenous defense mechanism to diminish the occurrence of epileptic activity. Following the seizure suppression, SD manifests as a migraine aura. The data supports the understanding of migraine and epilepsy as related disorders linked by cortical hyperexcitability that either result in SD or seizures. It allows for a nuanced view of SD’s role in neurological disease and facilitates the identification of new therapy concepts for migraine and epilepsy.
Hintergrund: Migräne und Epilepsie sind komorbide neurologische Erkrankungen, die in einer engen Beziehung stehen, da sie durch die gleichen externen Einflüsse sowie genetischen Mutationen getriggert werden. Während ihre ähnliche klinische Präsentation eine Diagnose erschweren kann, reduziert die gleiche Medikation wiederum die Episodenfrequenz in beiden Erkrankungen. Die Netzwerk-Phänomene Spreading Depression/Depolarization (SD) und epileptische Anfälle stellen hier die pathophysiologischen Korrelate dar und stehen in einer engen wechselseitigen Beziehung: Beide Phänomene werden durch eine Hypererregbarkeit des Kortex getriggert. SD liegt einer abrupten und intensiven Massendepolarisation zugrunde, breitet sich langsam im Kortex aus und supprimiert dort für einige Minuten hirnelektrische Aktivität. Im Gegensatz dazu rekrutieren epileptische Anfälle mit ihrer schnellen Ausbreitung benachbartes Hirngewebe in einen übererregten Zustand. Zielsetzung: Es soll untersucht werden, inwieweit epileptische Anfälle SDs triggern, welche Charakteristika SD-induzierende Anfälle aufweisen und inwieweit SDs zur Abschwächung und Limitierung von Anfällen beitragen. Methoden: Vier pharmakologische Anfällsmodelle wurden genutzt, um fokale neokortikale Anfälle und generalisierte Anfälle zu erzeugen. Es wurden Wildtyp- (n=165), transgene (n=18) und FHM1-Mäuse (n=14) genutzt. Ein Elektrokortikogramm wurde abgeleitet, um die Intensität und Expansion der epileptischen Anfälle zu erfassen. Systemisch induzierte Anfälle wurden über elektrophysiologische Messungen im Hippocampus beurteilt. Das Auftreten von SDs wurde simultan über die langsame Gleichstrompotenzialänderung im Kortex und Hippocampus, sowie über Intrinsic Optical Imaging (IOS) registriert. Das zerebrale Blutvolumen als metabolisches Korrelat einer gesteigerten neuronalen Aktivität wurde ebenfalls über IOS beurteilt. Es wurden Effekte spontaner, chemisch und optogenetisch induzierter SDs quantifiziert. Ergebnisse: Fokale neokortikale und generalisierte Anfälle triggerten multiple SDs. Das Auftreten spontaner SDs korrelierte mit einer schwerwiegenderen Anfallsintensität und -generalisation. SDs übten einen antiepileptischen Effekt auf den Anfall aus und schwächten sowohl Intensität als auch eine Generalisation. Chemisch und optogenetisch induzierte SDs zeigten einen ebenso potenten antiepileptischen Effekt. Eine einzelne SD konnte ein Wiederauftreten des Anfalls verhindern. Die Ergebnisse konnten in allen Maus-Stämmen reproduziert werden. Eine Vorbehandlung des Kortex mit einer einzelnen SD fünf bzw. 30 Minuten vor Applikation der epileptogenen Substanz verhinderte die Bildung eines Anfalls. Eine Inhibition von SDs mit MK-801 führte umgekehrt zu einer ausgedehnteren Generalisation. Schlussfolgerung: SD als endogener antiepileptischer Mechanismus kann epileptische Anfälle ausbremsen, um dann klinisch als Aura in Erscheinung zu treten. Die Daten festigen die These, dass Migräne und Epilepsie zwei sich überschneidende Erkrankungen darstellen, bei denen die Übererregbarkeit des Kortex entweder eine SD oder Anfälle triggert. Dies erlaubt einen nuancierten Blick auf das Phänomen SD in neurologischen Erkrankungen und erleichtert die Identifikation neuer Therapie- Strategien bei Migräne und Epilepsie.